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Tanz der Dämonen

Tanz der Dämonen

Titel: Tanz der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Westfehling
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Friedensbruch geht … Hör zu: Dies alles muss dich gar nicht beschäftigen. Was Recht ist, bleibt auch Recht in Köln. Verstehst du?«
    Ich hatte in diesem Punkt inzwischen einige Bedenken, aber das wollte ich ihm nicht sagen. Er hätte wohl auch gar nicht zugehört.
    Er hörte lieber sich selber reden: »Was die Ketzer betrifft, so muss man natürlich unnachsichtig vorgehen! Die sind schlimmerweise nicht ohne Zulauf! Klarenbach und Fliesteden. Von denen wirst du wohl gehört haben. Da drüben sind sie zu Tode gebracht worden, auf dem Scheiterhaufen.«
    Der Anblick des Ortes schlug mich in Bann. Es gab keine frischen Leichname auf dem Richtplatz. Dennoch war er belagert von zahllosen Krähen, die sich bei unserer Annäherung nur widerwillig und mit rauem Geschrei in die Lüfte erhoben. Eine dämonenhafte Heerschar. Sie begleiteten uns und umkreisten uns in flatterndem Schwarm.
    »Darf ich Euch etwas fragen?«
    Ein beunruhigter Blick. »Nur zu!«
    »Ihr habt sehr offen mit mir gesprochen. Das gibt mir Mut, und ich vertraue Euch.« Das Letzte galt zwar in Wahrheit nur sehr begrenzt, aber ich nahm an, ihn so zu einer Antwort geneigter zumachen. Ließ diese Äußerung doch einen Rückschluss zu, er dürfe umgekehrt auch mir vertrauen.
    »Außerdem habe ich bisher wenig Gelegenheit gefunden, andere in Köln danach zu fragen …«
    »Wonach?«
    »Ich höre immer wieder über etwas reden, über das Jahr 25, und ich weiß nichts damit anzufangen. Hat es da nicht auch Hinrichtungen gegeben? Niemand will recht mit der Sprache heraus. Bitte sagt Ihr mir, was es damit auf sich hat. Ist da etwas so Besonderes geschehen?«
    »Du weißt es wirklich nicht?«
    »Ich bitte Euch. Würde ich sonst fragen?«
    Er nickte und ließ sich Zeit. »Das Jahr 1525 …«, begann er widerstrebend und gab sich einen Ruck, »das liegt fast sechs Jahre zurück. Du warst noch ein Kind zu jener Zeit. Ja, da ist einiges geschehen. Auch in Köln.«
    »Eine Revolte, nicht wahr?«
    »Ja, so kann man sagen. Es war das Jahr, in dem der Auswurf des Volkes herrschen wollte. Du musst doch davon gehört haben! Wie es mit den Bauern begonnen hat, im Schwabenland, in Franken und Thüringen und rund umher. Das kommt alles vom Unheil dieser Zeit! Keiner will sich mehr in sein Los fügen. Der Abschaum! Sie haben sich erdreistet, zu den Waffen zu greifen! Unsinnige Raserei! Und blutige Gräuel waren die Folge. Tolle Hunde in großen Massen, verirrte Geister und verbrecherisches Gesindel! Manche Burg hat gebrannt, und manche Kirche ist geschändet worden. Fast hätten sie alles über den Haufen geworfen! Jawohl. Sie haben selbst vor dem Heiligsten nicht Halt gemacht! Ein schrecklicher Aufruhr. Bis es den edlen Herren endlich gelungen ist, den Drachen niederzuwerfen. Die Strafe war dem Frevel angemessen! Wer die Hand gegen die Weltordnung hebt, dem soll sie abgehauen werden, und wer den Kopf zu hoch trägt, dem soll er fallen!«
    »Und was war in Köln?«
    »Was soll gewesen sein! Auch hier hat der Pöbel Morgenluftgewittert. Mit aufsässigen Reden hat es angefangen. Unverschämtheiten vom Dienstvolk, dreist und verblendet. Keiner mochte mehr arbeiten. Dann Rüpeleien und offene Gewalt! Wie überall war man widerspenstig und der Obrigkeit feind. Und – Gott sei’s geklagt – mancher Bürger, manch einer, der es besser hätt wissen müssen, hat sich von diesem Auswurf verführen lassen und hat sich gar mit ihm zusammengetan! Ha, ha! Die Pfaffen freilich, die haben das Zittern gelernt dabei! Und das hat ihnen gut getan!«
    Er besann sich.
    »Der Rat hat klug gehandelt. Ist zum Schein auf alles eingegangen und hat sich verhalten, als merke er die Unverschämtheit nicht. Dann aber waren die Narren es müde. Ganz wie Kinder, die ihr Spielzeug rasch leid werden. Da kam die Stunde einer gerechten Obrigkeit. Strafe muss schließlich sein! Oh, ja! Ihren vollen Lohn haben die Frevler empfangen.«
    Also doch niedergeknüppelt, dachte ich. Kein Wunder, dass im Volk keiner davon sprechen will. Ich wartete, ob er mehr sagen werde. Aber er hatte sich wohl genügend Luft gemacht, denn er wendete das Thema ins Anekdotische: »Am Ende wollte keiner je etwas gewollt haben! Weißt du, was man erzählt? Als im Verhöhr einer gefragt wurde, ein Handlanger oder ein Abtrittreiniger, was er denn in der Stadt zu bessern fände, da hat er geantwortet: ›Mich dünkt, man sollte den Winter abschaffen. Das würde der Bürgerschaft viel eintragen!‹«
    Herr Lennart lachte trocken und schlug

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