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Tanz der Engel

Tanz der Engel

Titel: Tanz der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Itterheim , Diana
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gefoltert wurde.
    Etwas Kaltes berührte meine Lippen. Ich blinzelte, erkannteein Glas Wasser und begegnete dabei Christophers Blick. Er schien genauso zu leiden wie ich.
    »Spül dir den Mund aus, und … und beiß die Zähne zusammen.«
    Als er den Gummiball wieder zurückschob, wusste ich, dass mir jetzt der härteste Teil der Prozedur bevorstand. Selbst Christopher presste seine Kiefer zusammen, ehe er mit der Nadel quer durch den ungefeilten Teil der Kralle stach.
    Mir wurde schwarz vor Augen, doch es war noch nicht vorbei. Mit dem gebogenen Haken löste er die Kralle von meinem Nagel und schob sie so weit zurück, bis nur noch der bearbeitete Teil herausschaute.
    Mein Kiefer knackte, mein Inneres rebellierte. Blanke Wut loderte auf und weckte mein Dämonenerbe. Mit meiner ganzen Kraft entriss ich Christopher meine Hand und presste sie an meinen zitternden Körper.
    Christopher reagierte sofort, umfasste mein Gesicht und zwang mich, ihn anzusehen. Ich schloss die Augen, bevor er den Hass in mir entdecken konnte.
    »Lynn!«, drängte er. »Tu das nicht. Sieh mich an! Ich weiß, was in dir vorgeht. Du darfst es nicht stark werden lassen. Bitte, Lynn, sieh mich an!«
    Ich wand mich, um meinen Kopf aus Christophers Klammergriff zu befreien. Er gab nicht nach, ließ mich seinen Atem auf meiner Haut spüren und seinen betörenden Duft einatmen.
    »Lynn, vertrau mir. Öffne die Augen und sieh mich an.«
    Christophers Wesen berührte mich, besänftigte mein aufgewühltes Inneres und beruhigte mich. Gegen so viel Engelsmagie konnte selbst der Dämon in mir nichts ausrichten. Er nahm mir den Ball aus dem Mund und fuhr mit seinen Händen sanft über meine Lippen.
    »Halte durch«, flehte er. »Das ist deine erste Bewährungsprobe.«
    »Dann küss mich, damit ich weiß, dass du mich noch liebst.«
    Jedes Mal, wenn der Dämonenanteil zu stark wurde, unterbrach Christopher seine Foltermaniküre, holte mich mit unendlicher Geduld zurück, tröstete mich mit seiner Zuneigung und schenkte mir neue Kraft. Dank ihm überstand ich die Tortur von zehn zurechtgefeilten Nägeln und ebenso vielen festgenähten Ringen, die meine Klauen zurückhielten.
    Am Ende sahen meine Finger beinahe so aus wie zuvor, nur trug ich jetzt zwei sichtbare und drei unsichtbare Ringe an jeder Hand: Ein Silberring hielt meine Daumenkralle zurück, die anderen vereinten sich anhand einer raffinierten Verflechtung mit dem breiten Ring an meinem Mittelfinger. Das zierliche Silberornament, in dem die Fäden zusammenliefen, ließ ihn filigraner wirken, als er war. Nur eins konnte ich nicht mehr: den obersten Teil meiner Finger bewegen. Die unter der Haut steckenden Klauen verhinderten das Abwinkeln.
    »Du wirst dich daran gewöhnen«, versicherte Christopher mir am nächsten Morgen, als die K.-o.-Tropfen nicht mehr wirkten, die er mir nach seiner Nagel-OP mit viel Trost und Liebe eingeflößt hatte, damit ich einschlafen konnte. Klar – etwas anderes, als mich daran zu gewöhnen, blieb mir ja auch nicht übrig. Zwei steife Daumen zu akzeptieren fiel mir dennoch schwer.
    »Wie lange hat es bei dir gedauert?«
    »Bis ich mich damit arrangiert habe?«
    »Ja.«
    »Das ging schnell.«
    »Aber?« Christophers Zögern ließ mich vermuten, dass es noch mehr zu wissen gab.
    »Aber das mit dem Frühstück geht eindeutig zu langsam. Aron wartet.«
    Ich führte die Tasse, die ich mit beiden Händen halten musste, genüsslich zu meinem Mund. »Aron meinte ich nicht.«
    »Er wird sauer, wenn du zu spät zum Unterricht kommst.«
    »Unterricht?«, prustete ich mit einem Mund voll Milchkaffee hervor. »Was für ein Unterricht?!«
    Christopher nahm mir die Tasse aus den Händen und wischte den Tisch sauber. »Vielleicht sollte ich dich doch füttern.«
    »Hatten wir das Thema heute nicht schon?«
    »Ja, aber wenn ich sehe, wie du isst und trinkst, sollte ich dir mein Angebot dennoch aufzwingen.«
    »Das wird dir kaum gelingen«, warnte ich und schnappte mir wieder die Tasse. »Und wenn du mir nicht verrätst, was Aron vorhat, kann er warten, bis er zu Staub zerfällt.«
    »Darauf würde ich nicht hoffen – er wird dich holen, wenn du nicht kommst.«
    »Ich traue ihm nicht«, gab ich zu.
    Christopher seufzte. »Das weiß er, und das vereinfacht die Sache nicht gerade.«
    »Christopher!« Ich war mit meiner Geduld am Ende. »Aron würde mich niemals freiwillig unterrichten – also sag mir, was er von mir will.«
    »Nicht viel, nur einen Engel aus dir machen.«
    Obwohl ich

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