Tanz der Hexen
damit?«
»Ich weiß keine Antwort, was den Orden betrifft. Ich habe Nachrichten erhalten – ich soll in Amsterdam anrufen, ich soll in London anrufen. Ich soll zurückkommen. Aber ich gehe nicht. Yuri wird die Antwort finden. Er ist heute morgen abgereist. Zehn Pferde waren nötig, um ihn von Mona loszureißen, aber er mußte gehen. Er hat versprochen, uns beide jeden Abend anzurufen. Er ist so verschossen in Mona, daß nur diese Mission ihn von ihr wegbringen konnte. Er muß die Ältesten um eine Audienz bitten. Er will herausfinden, was wirklich geschehen ist, ob Stolov und Norgan den Auftrag hatten, das Wesen nach Amsterdam zu bringen, und – wenn es so ist – ob es die Ältesten waren, die ihnen diese Anweisung erteilt haben.«
»Und Sie? Was ist Ihre Vermutung – oder sollte ich sagen, Verdacht?«
»Ich weiß es nicht. Manchmal glaube ich, ich habe mich mein ganzes Leben lang von anderen zum Narren halten lassen. Ich glaube, sie werden bald kommen, und dann werde ich sterben wie die beiden Ärzte. Sie dürfen nichts unternehmen, wenn das geschehen sollte. Sie können nichts tun. Aber dann wieder glaube ich, daß der Orden nichts anderes ist als ein Haufen alter Gelehrter, die Erkenntnisse sammeln, die andere vernichten möchten. Ich kann nicht glauben, daß er verborgene Ziele verfolgen soll! Ich kann es nicht. Ich glaube, wir werden herausfinden, daß Stolov und Norgan den Entschluß faßten, das Wesen fortzuzüchten. Als ihnen die medizinischen Informationen in die Hände fielen, haben sie etwas gesehen, dem sie nicht widerstehen konnten. Es muß für sie gewesen sein wie für Rowan, als sie dieses medizinische Wunder sah. Was sie empfand, als sie das Wesen aus dem Haus brachte.«
›»Gelehrte nähren nur weiter das Böse, und Forscher helfen ihm weiter hinauf.‹«
»Ja, vielleicht. Sie sind auf eine gefährliche, aber nützliche Entdeckung gestoßen. Sie haben das Vertrauen der ändern gebrochen. Sie haben die Ältesten belegen. Ich weiß es nicht. Ich gehöre nicht mehr dazu. Ich bin draußen. Was immer man entdecken wird, man wird es mir nicht mitteilen.«
»Aber Yuri? Können sie ihm etwas tun?«
Aaron seufzte mutlos. »Sie haben ihn wieder aufgenommen. Das sagen sie jedenfalls. Er hat keine Angst vor ihnen, soviel steht fest. Er kehrt nach London zurück, um ihnen gegenüberzutreten. Ich glaube, er denkt, er kann auf sich Acht geben.«
Wenn Michael an Yuri dachte – an ihre kurze Bekanntschaft -, sah er nicht ein einziges Bild vor sich, sondern viele, die insgesamt den Eindruck von Unschuld, Pfiffigkeit und Kraft hinterließen.
»Ich mache mir keine allzu großen Sorgen«, sagte Aaron. »Hauptsächlich Monas wegen. Er will zu ihr zurückkommen. Deshalb wird er um so vorsichtiger sein. Um ihretwillen.«
Michael lächelte und nickte. »Leuchtet ein.«
»Hoffentlich findet er die Antwort. Es ist jetzt bei ihm zu einer Besessenheit geworden: der Orden, das Geheimnis um die Ältesten, ihre Ziele. Aber vielleicht wird Mona ihn retten. Wie Beatrice mich gerettet hat. Seltsam, nicht wahr – die Macht dieser Familie? Die Macht, die sie haben und die nichts zu tun hat mit… ihm.«
»Und Stolov und Norgan? Wird niemand sie suchen?«
»Nein. Vergessen Sie auch das. Yuri wird für alles sorgen. Niemand wird kommen, um sie zu suchen oder nach ihnen zu fragen. Sie werden sehen.«
»Sie wirken resigniert, aber nicht glücklich«, stellte Michael fest.
»Nun, ich denke, es ist noch ein bißchen zu früh, um glücklich zu sein«, sagte Aaron leise. »Aber verdammt, ich bin sehr viel glücklicher, als ich war.« Er dachte kurz nach. »Ich bin nicht bereit, einfach wegzuwischen, woran ich mein Leben lang geglaubt habe, nur weil zwei Männer Böses getan haben.«
»Lasher hat es Ihnen gesagt«, wandte Michael ein. »Er hat Ihnen gesagt, es sei das Ziel des Ordens.«
»Ah, das hat er wohl. Aber es ist lange her. Es war eine andere Zeit, in der die Menschen an Dinge glaubten, an die sie heute nicht mehr glauben.«
»Ja, vermutlich.«
Aaron seufzte und hob anmutig die Schultern.
»Yuri wird es herausfinden. Und Yuri wird wiederkommen.«
»Wieso haben Sie wegen Stolov und Norgan nicht die Polizei gerufen?«
Aaron machte ein überraschtes Gesicht. »Das wissen Sie«, sagte er. »Soviel war ich Ihnen wenigstens schuldig, meinen Sie nicht? Ein bißchen heitere Gelassenheit. Außerdem kam diese Entscheidung eigentlich von Mona und Yuri. Ich selbst war viel zu perplex. Wir haben uns für die einfachere
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