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Tanz der Hexen

Tanz der Hexen

Titel: Tanz der Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Aber sie war, wie viele Frauen heutzutage, mager bis auf die Knochen. Vielleicht eine Cousine, die einen Besuch machen wollte. Hoffentlich nicht. Er trat vom Fenster zurück. Wenn sie klingeln sollte, würde er einfach nicht aufmachen. Es war zu schön, endlich allein zu sein.
    Er ging zum Sessel und setzte sich wieder.
    Der Revolver lag auf dem Marmortisch, groß und irgendwie häßlich – oder schön, je nachdem, welche Einstellung man zu Waffen hatte. Er stand ihnen nicht feindlich gegenüber. Aber hier gefiel er ihm nicht, denn er hatte die Vision, daß er ihn in die Hand nehmen und sich damit erschießen könnte. Er starrte Rowan an und dachte: »Nein, nicht, solange du mich brauchst, Honey – so lange werde ich es nicht tun. Erst wenn etwas passiert…« Er brach ab.
    Ob sie etwas spüren konnte, irgend etwas?
    Der Arzt hatte heute morgen gesagt, sie sei kräftiger, aber der vegetative Zustand habe sich nicht verändert.
    Sie hatten ihr Lipide gegeben. Sie hatten Arme und Beine bewegt. Sie hatten ihr Lippenstift aufgelegt, und das Haar hatten sie ihr auch gebürstet.
    Und dann war da noch Mona, dachte er. »Yuri hin oder her, sie braucht mich ebenfalls. Oh, vielleicht auch nicht«, sagte er laut. »Aber mehr würde sie einfach nicht verkraften. Sie alle würden es nicht. Ich muß am St. Patrick’s Day hier sein, nicht wahr? Um sie an der Haustür zu begrüßen. Um ihnen die Hände zu schütteln. Ich bin der Hüter des Hauses, bis…«
    Er lehnte sich zurück und dachte an Mona, deren Küsse so keusch waren, seit Rowan wieder zu Hause war. Die schöne kleine Mona. Und der dunkle, clevere Yuri. Verliebt.
    Vielleicht arbeitete Mona bereits an ihrem Plan für Mayfair Medical. Vielleicht waren sie und Pierce in diesem Augenblick damit beschäftigt.
    Er saß zurückgelehnt da, streckte die Beine unter das Bett und faltete die Hände auf der Brust. Er betrachtete den Revolver – den silbergrauen Abzug, so einladend, die dicke graue Trommel voller Patronen, und die schwarze Kunststoffschlaufe des Halfters, in dem der Lauf steckte, einer Henkersschlinge seltsam ähnlich.
    Nein. Irgendwann später vielleicht, dachte er. Obwohl er nicht glaubte, daß er es überhaupt auf diese Weise tun würde. Vielleicht würde er einfach etwas Starkes trinken, etwas, das durch einen hindurchkroch und einen langsam vergiftete, und dann würde er zu ihr ins Bett kriechen und sie in die Arme nehmen und so einfach einschlafen.
    Wenn sie stirbt, dachte er. Ja. Genau so werde ich’s machen.
    Er nahm sich vor, den Revolver wegzuräumen und an einen sicheren Ort zu bringen. Bei all den Kindern konnte man nie wissen.
    Stille.
    Der Regen fiel. Das Haus knarrte, als wäre es bevölkert, obwohl es das nicht war. Irgendwo schlug eine Tür, als habe der Wind sie bewegt. Vielleicht eine Autotür draußen, oder eine Tür in einem anderen Haus. Der Schall konnte einem solche Streiche spielen.
    Regen trommelte auf die Granitsimse vor den Fenstern – ein Geräusch, das zu diesem achteckigen, verschnörkelten Zimmer gehörte.
    »Ich wünschte… ich wünschte, es gäbe jemanden, bei dem ich… beichten könnte«, sagte er leise. »Die Hauptsache ist, daß du dir nie wieder Sorgen zu machen brauchst. Es ist erledigt, und ich glaube, es ist so erledigt, wie du es wolltest. Ich wünschte nur, es gäbe so etwas wie eine endgültige Absolution. Es ist merkwürdig. Es war so schlimm, als ich Weihnachten versagte. Und jetzt ist es irgendwie noch schwerer, daß ich gesiegt habe. Es gibt Schlachten, die man nicht schlagen will. Und der Sieg kostet zuviel.«
    Rowans Gesicht blieb unverändert.
    »Möchtest du Musik hören, Darling?« fragte er. »Willst du das alte Grammophon hören? Offen gesagt, ich finde den Klang beruhigend.«
    Er stand auf und beugte sich über sie, um sie zu küssen. Ihr weicher Mund bot keinen Widerstand. Lippenstiftgeschmack. High School. Er lächelte. Vielleicht hatte die Krankenschwester den Lippenstift aufgetragen. Er konnte ihn kaum sehen. Sie schaute an ihm vorbei. Blaß und schön und schlicht.
    In der Dachkammer fand er das Grammophon. Er hob es auf, und auch die La-Traviata-Platten.
    Das Fenster war geschlossen.
    Der Fußboden war blank.
    Wieder dachte er an Julien, wie er unvermittelt in der Tür gestanden und Lasher den Weg versperrt hatte. »Und seitdem habe ich überhaupt nicht mehr an dich gedacht«, sagte er. »Ich schätze, ich hoffe und bete, daß du nun fort bist.«
    Die Augenblicke tickten vorüber. Er fragte sich, ob

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