Tanz der Sterne - Unter dem Weltenbaum 03
Peloton entwickelte sich rasch zum diszipliniertesten, geordnetsten und fröhlichsten im ganzen Heer. Und keiner der sechsunddreißig Schützen beschwerte sich jemals darüber, unter einer Frau dienen zu müssen. Das Leben in einer Festung mit über dreitausend Männern und nur zwei Frauen hätte Probleme mit sich bringen können; aber Aschure war weder zickig noch kokett, und trotz ihres guten Aussehens verehrten die Soldaten sie nach einigen Wochen vor allem wegen ihrer fachlichen Fähigkeiten. Sie war allgemein als sehr gute Bogenschützin bekannt, und man hatte sich daran gewöhnt, daß ihr ständig mindestens drei oder vier Alaunt folgten.
Allein Belial konnte die Frau in ihr nicht übersehen, und das machte ihr zunehmend das Leben schwer. Seufzend stieg sie jetzt von ihrem Lager. Die junge Frau wartete, bis ihr Magen sich beruhigt hatte und zog sich dann eine Männerhose, ein leichtes Hemd und Reitstiefel an. Auf dem Weg nach draußen nahm sie noch eine Jacke vom Haken. Sicarius, der bis eben noch am Fuß des Bettes geschlafen hatte, drängte mit ihr nach draußen.
Als die Tür sich hinter ihr geschlossen hatte, öffnete Rivkah die Augen und fragte sich, wann die Freundin sich ihr wohl anvertrauen würde.
Aschure eilte die Treppe hinunter, nickte dem Wächter kurz zu und lief zielbewußt über den Burghof zu den Stallungen. Zu dieser frühen Stunde, noch vor Einbruch der Dämmerung, wenn der Tag noch jung und frisch war, ritt sie am liebsten aus. Und sobald sie sich von dem Treiben auf Sigholt entfernt hatte, konnte sie auch viel besser über alles Wichtige nachdenken. Zwei weitere Alaunt schlossen sich ihr an, doch sie schickte die anderen zurück. Wenn das ganze Rudel mitkäme, würde sie wohl kaum Gelegenheit finden, sich über einige Dinge klarzuwerden.
Sie begab sich gleich zu Belaguez’ Stall und pfiff ihn zu sich. Zu Belials und Magariz’ gelindem Entsetzen hatte sie sich vor einigen Wochen einfach auf Axis’ Hengst gesetzt. Der Leutnant wußte, wie schwierig Belaguez sich handhaben ließ und fürchtete schon, Aschure würde sich keine zwei Minuten auf ihm halten können. Doch das Pferd schien eine besondere Verbindung zu ihr zu entwickeln. Manchmal zog er noch zu heftig, aber ansonsten benahm er sich ordentlich bei ihr. Belial hatte sie von den Zinnen beobachtet, wie sie mit Belaguez arbeitete, und als alles gut ging, hatte er den Fürsten angesehen und die Achseln gezuckt. Belaguez brauchte seinen Ausritt, und wenn Aschure mit ihm zurechtkam, sollte es ihm recht sein.
Die junge Frau rieb den grauen Hengst jetzt ab und legte ihm dann einen leichten Sattel auf. Sie zog den Gurt stramm an, wartete, bis das Tier ausgeatmet hatte, und zog ihn dann noch ein Loch straffer. Flugs waren auch die Zügel angelegt, und dann mußte sie nur noch die Stalltür öffnen und Belaguez nach draußen auf den dunklen Burghof führen. Die drei Hunde warteten bereits geduldig am großen Tor, und Aschure schwang sich in den Sattel.
Sie nickte den drei Torwächtern zu – die Soldaten hatten sich an ihre morgendlichen Ausritte gewöhnt – und begrüßte dann fröhlich die Brücke.
Sobald sie sie überquert hatte, stieß sie dem Hengst die Fersen in die Flanken, und schon preschten sie davon. Aschure strebte auf die Urqharthügel zu und lieferte der Sonne ein Wettrennen, bei dem es darum ging, wer zuerst die höchste Erhebung erreichen würde.
Vom Gipfel hatte sie eine einmalige Aussicht. Aschure konnte viele Meilen weit in jede Richtung blicken. Unter ihr erhob sich die Festung und schimmerte im allerersten Licht, und weiter hinten erspähte sie den See, auf dem leichter Nebel lag. Aschure stieg aus dem Sattel und setzte sich auf einen Stein, um zuzusehen, wie die Sonne über dem fernen Awarinheim aufging. In dem Moment, in dem sie über dem Wald stand, hätte die junge Frau schwören können, die Bäume winkten ihr zu. Aber Aschure ließ sich davon nicht täuschen. Awarinheim und die Waldläufer hatten zuviel mit ihren eigenen Sorgen zu tun, als daß sie sich über eine halb unerwünschte Ebenenläuferin Gedanken machen würden. Davon abgesehen wurde dort allein Faraday erwartet und sonst niemand.
Die junge Frau richtete den Blick wieder auf Sigholt, ihre Gedanken waren ausschließlich mit Belial beschäftigt. Die beiden hatten den unangenehmen Moment des Wiedersehens rasch überwunden, und er hatte ihr deutlich gemacht, daß er ihr wegen ihrer hinterhältigen Attakke in Smyrdon nichts nachtrug.
»Ihr könnt es
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