Tanz der Sterne - Unter dem Weltenbaum 03
sagte er dann, »ich hielt Euch für tot.«
»Wie Ihr seht, befinde ich mich noch unter den Lebenden.« Der Fürst trat gelassen und voller Selbstvertrauen auf ihn zu. Doch im Feuerschein ging von seinem Narbengesicht etwas Dämonisches aus. »Anscheinend sind wir beide nach der Schlacht in Gorken noch einmal davongekommen. Sagt mir doch, wie es Eurem Herzog Roland geht.«
Ein Muskel zuckte in Newelons Wange. Bei Artor, der Fürst kam so gelassen daher, als befände er sich auf den Straßen von Karlon. Aber er hatte doch wohl vor, sie alle umzubringen. »Roland hat es ebenfalls geschafft. Allerdings verlor er in den letzten anstrengenden Monaten so manches seiner Pfunde.«
»Und Bornheld, ist er immer noch der alte? Ich würde es nicht gern hören, daß er auf der Flucht aus der Festung einer Erkältung erlegen sei.«
»Der König erfreut sich bester Gesundheit«, erklärte der Mann mit Bedacht.
Magariz fuhr zusammen. Bornheld war jetzt König? Fast hätte sein krankes Bein nachgegeben, als er einen Schritt zurückwich und auf dem losen Boden ausglitt.
Newelon grinste und griff nach dem Dolch an seinem Gürtel. Rolands Leutnant war weithin als treffsicherer Messerwerfer bekannt. Er könnte den Fürsten jetzt leicht töten, ehe dieser seinen Bogenschützen das Zeichen zum Schießen zu geben vermochte. Und wenn Newelon und seine Männer danach im Pfeilhagel zugrunde gingen, na wenn schon, die Rebellen hatten doch ohnehin vor, sie umzubringen. Der Leutnant zog den Dolch aus der Scheide, ließ ihn aber gleich fallen und stieß einen Schrei aus. In seinem Handrücken steckte ein Pfeil mit blauen Federn.
»Der nächste fährt Euch durchs linke Auge!« rief eine Frauenstimme. »Und den drehe ich dann persönlich herum, bis er Euer Gehirn verrührt. Habt Ihr mich verstanden?«
Newelon nickte und hielt beide Hände hoch.
»Dann hätte ich jetzt gern meinen Pfeil zurück«, verlangte die Schützin. »Hättet Ihr wohl die Freundlichkeit, ihn herauszuziehen und hinter Magariz zu werfen?«
Der Leutnant glaubte, seinen Ohren nicht zu trauen. Den Pfeil herausziehen? Die Spitze war am Handteller wieder hervorgetreten.
»Ich warte!« drängte die Frau.
Der Fürst lachte spöttisch. »An Eurer Stelle würde ich gehorchen, Newelon. Sie hat eine besondere Beziehung zu ihren Pfeilen und würde Euch, ohne mit der Wimper zu zucken, töten, bloß um diesen einen zurückzubekommen.«
Der Mann zerrte und zog an dem Geschoß, bis er es freibekommen hatte. Er stöhnte vor Schmerz und warf es mit aschgrauem Gesicht hinter den Fürsten.
»Danke!« rief die Schützin, und aus der Dunkelheit löste sich der größte Hund, den Newelon je gesehen hatte. Sein Fell war hellbeige und golden. Das Tier näherte sich dem Pfeil, ließ dabei den Leutnant nicht aus den Augen, hob ihn mit der Schnauze auf und trabte in die Nacht zurück.
»Vielen Dank, Aschure!« rief der Fürst nach hinten. »Ich glaube, Ihr habt mir das Leben gerettet.«
Aschure? Den Namen hatte der Leutnant doch schon einmal gehört.
Magariz wandte sich wieder an ihn: »Also sitzt Bornheld jetzt auf dem Thron? Dann muß Priam tot sein.«
Newelon nickte. Er konnte die Frau jetzt zwischen den Bäumen ausmachen. Sehr dunkles Haar und jung. Sie hatte einen unglaublichen Bogen gespannt. Dann bemerkte er, daß zwei Männer in seiner Truppe, beide Rabenbunder, den Bogen wie gebannt anstarrten. »Ja, Priam starb vor einigen Wochen. Er erkrankte an einem tödlichen Hirnfieber und verschied in völliger geistiger Umnachtung.«
»Na ja«, entgegnete Magariz, »das ist zwar bedauerlich, aber meine Botschaft bleibt die gleiche.«
Welche Botschaft? fragte sich der Leutnant. Wollte man sie denn nicht töten, sondern mit einer Nachricht zurückschicken?
»Wie Ihr sehen könnt, trage ich genau wie all meine Soldaten das Symbol einer flammenden roten Sonne auf der Brust. Kennt Ihr dieses Zeichen?«
Newelon schüttelte den Kopf.
»Nun, Ihr solltet es Euch aber einprägen. Dies ist das Zeichen des Sternenmannes. Ihr erinnert Euch doch sicher an die Prophezeiung, von der in Gorken so viele Soldaten gesprochen haben.«
»Das war nichts als eine Lüge«, erwiderte der Leutnant.
»Nein«, entgegnete der Fürst, und seine Stimme wurde schlagartig ernst. »Die Prophezeiung spricht die Wahrheit. Wir warten auf den Sternenmann, Axis, der uns – und Achar – zum Sieg gegen Gorgrael führen soll.«
»Axis!« Newelon spuckte aus. Ja, an den Mann erinnerte er sich. Ein Verräter, der in der
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