Tanz der Sterne - Unter dem Weltenbaum 03
Ogden, »eigentlich haben sie uns aufgestöbert, aber das ist eine lange Geschichte. Arne, ich weiß nicht, ob Ihr Euch an Aschure erinnert. Sie stammt aus –«
»Und ob ich mich an sie erinnere«, unterbrach der Offizier ihn, und seine Miene verfinsterte sich. »Ich weiß auch noch sehr gut, wie lange Belial an Kopfschmerzen gelitten hat.«
Die junge Frau errötete, und ihr fiel ein, daß sie über kurz oder lang ja auch Belial selbst gegenübertreten mußte. Was war denn damals nur in sie gefahren, daß sie so fest zugeschlagen hatte?
Arne wandte sich dann der anderen Frau zu.
»Und das ist Prinzessin Rivkah, ehemalige Herzogin von Ichtar«, raunte Veremund ihm zu.
Die Miene des Mannes änderte sich schlagartig. Er verbeugte sich ehrerbietig und trotz des ungewöhnlichen Orts nach höfischer Art vor ihr. »Prinzessin, Euer ergebenster Diener. Euer Wunsch ist mir Befehl.«
Axis’ Mutter lächelte und hielt ihm die Hand hin. Arne ergriff sie und beugte sich kurz über sie. Die Wächter sahen ihn mit großen Augen an. Dieser ernste und verschlossene, gelegentlich fast sauertöpfische Mann offenbarte eine Seite, von der sie nichts geahnt hatten.
»Und wie geht es meinem Herrn, Axis?« fragte der Offizier, ehe er Rivkahs Hand wieder losließ. »Ich hoffe doch wohl.«
Seine Mutter lächelte noch mehr. Dieser Mann gefiel ihr. Er besaß ein braves und ehrliches Herz. »Ihm geht es sehr gut, Arne, und er hat seine Herkunft erkannt und angenommen.«
Erleichterung malte sich auf seinen Zügen. »Die ikarischen Aufklärer haben uns zwar davon erzählt, aber dies aus dem Munde seiner leibhaftigen Mutter zu hören ist mehr, als ich erwartet hätte.«
Er warf Aschure noch einmal einen bösen Blick zu, sah den herrlichen Bogen auf ihrem Rücken, dann rief er seine Männer herbei.
»Unser Lager ist ganz in der Nähe, und wir führen Ersatzpferde mit uns. Morgen früh reiten wir nach Sigholt.« Als sie die letzte Biegung des Passes hinter sich hatten, tauchte die Festung Sigholt vor ihnen auf, und die Mönche zügelten verwundert ihre Rösser.
»Hier hat sich einiges verändert, was?« bemerkte der Offizier.
Rivkah schob ihr Pferd neben die Esel der Wächter. Früher hatte sie Sigholt als Symbol für ihre verhaßte Ehe mit Searlas, dem Herzog von Ichtar und Vater ihres ältesten Sohnes Bornheld, verabscheut. Auch wenn sie hier Sternenströmer kennengelernt und Axis empfangen hatte, hatte sie doch eigentlich niemals zu dieser Festung zurückkehren wollen.
Aber das Sigholt, das sich jetzt anderthalb Meilen vor ihr erhob, ähnelte nicht mehr dem Ort ihrer Erinnerung.
»Die Fernaufklärer haben gesagt, diese Stätte sei wieder zum Leben erwacht«, flüsterte Veremund voller Ehrfurcht. »Aber ich hätte mir niemals vorstellen können, wieviel die alte Burg von ihrer Lebenskraft zurückgewonnen hat.«
Ogden saß schweigend und ergriffen auf seinem Grautier. Freudentränen strömten ihm über das Gesicht.
Den offensichtlichsten Unterschied zu früher stellte der wiedererstandene See dar. Er erstreckte sich weit über den Horizont hinaus, und wenn die Sonne gelegentlich einmal zwischen den Wolken hervorbrach, reflektierte das Wasser ihr Licht in Rottönen. Dampf stieg träge von der Oberfläche auf und trieb, vom Nordwind ergriffen, auf die Reisenden zu. In den gut vier Wochen, seitdem die Quelle freigelegt worden war, waren die sie umgebenden Urqharthügel zu neuem Leben erwacht. Roter und violetter Ginster bedeckte die höheren Regionen der Hügelhänge, während in den tieferliegenden Gebieten, die näher an der Wärme und der lebensspendenden Kraft des Wassers lagen, Farne und Felsenblumen gediehen.
Die Festung hingegen, einst ein eintöniger trostloser Steinklotz, hatte sich der Landschaft angepaßt und leuchtete nun in einem blaßsilbernen und wärmendem Grau. Bunte Banner flatterten auf den Zinnen. Man konnte jetzt schon ahnen, daß Sigholt sich in den nächsten Monaten in ein Paradies verwandeln würde – wenn überall auf den Hügeln Blumen blühten und es allerorten grünte. Schon jetzt meinte Rivkah, niemals einen schöneren Ort geschaut zu haben.
»Wie warm es hier ist«, bemerkte Aschure. Seit Arne die Reisegruppe gefunden hatte, hatte die junge Frau ganz gegen ihre Art weitgehend geschwiegen. Rivkah lächelte ihr zuversichtlich zu; sie wußte, daß sie sich vor dem Wiedersehen mit Belial fürchtete.
Der Offizier sah sie wieder nachdenklich an. Vor zwei Tagen hatte er Aschure aufgefordert, ihre
Weitere Kostenlose Bücher