Tanz der Verführung
Auge. Ein kalter Schauder durchzuckte ihn. Fragte sie ihn etwa nach Leila?
»Von wem, Liebling?« Er täuschte ein Gähnen vor und hoffte, seine Schläfrigkeit würde sie von ihrer Frage abbringen.
»Von der sarazenischen Kurtisane, der Ihr im Orient begegnet seid.«
Fane fluchte innerlich, über Leila wollte er mit Rexana nicht sprechen. Zumindest nicht jetzt.
Die Kälte grub sich tief in seine Seele. Wenn er Rexana die Wahrheit sagte, konnte das womöglich ihre Gefühle für ihn verändern, er konnte sie sogar verlieren.
Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Rexana.«
Sie drehte sich zu ihm, stützte den Kopf in eine Hand und berührte ihn dabei mit ihren Beinen. »Ich möchte … ich würde nur gerne wissen, ob es stimmt, was man sich erzählt.«
Er bemühte sich, nicht gereizt zu klingen. »Warum? Vergangenheit ist Vergangenheit.«
Verlegen sah sie herab und malte mit ihren Fingern ein Muster auf den Stein. »Ich will es einfach nur wissen.«
Er rollte sich auf den Rücken und genoss die Wärme des Felsens auf seiner Haut. Der Duft sonnenverbrannten Gesteins stieg ihm in die Nase und erinnerte ihn an die gnadenlose Hitze der Wüste und all jene Dinge, die schon eine halbe Ewigkeit zurücklagen.
Und dennoch krampfte sich sein Magen zusammen. Er war nicht gezwungen, es ihr zu erzählen, er hätte auch eine Geschichte erfinden und ihr nur das mitteilen können, was sie hören wollte. Doch es widerstrebte ihm, sie zu belügen. Wenn jemand es verdiente, die Wahrheit zu kennen, so war es seine verwandte Seele.
»Sie war sehr schön«, begann er, und während er sprach, kamen ihm wieder Leilas olivenfarbene Haut und ihre dunklen Augen in den Sinn, und er erinnerte sich an ihren verführerischen Duft. »Sie war General Gazirs Lieblingskurtisane.«
Rexanas Blick verdunkelte sich. »Eure auch?«
Fane lächelte, obwohl ihn Wehmut ergriffen hatte. »Ihr habt keinen Grund zur Eifersucht, Liebste. Leila ist lange tot.«
Rexana schien zu spüren, wie sehr ihn das innerlich aufwühlte, und verstummte. Dennoch bemerkte er, dass sich unzählige Fragen in ihren Augen spiegelten.
»General Gazir hatte einen Palast nicht weit von Acre«, erzählte Fane. »Er war ein treuer Diener Saladins, den König Richard in Acre besiegt hat.«
Sie nickte. »Ich habe von Saladin gehört.«
»Ich kam jedoch schon sehr viel früher als König Richard ins Heilige Land. Ich hatte mich seinem Kreuzzug angeschlossen und lechzte nach Abenteuern.« Fane lachte bitter auf. »Ihr habt vermutlich schon erfahren, dass mein Vater mich enterbt hat. Ich besaß also kein Land, kein Geld und konnte mich kaum am Leben erhalten. Darum wollte ich England so schnell wie möglich verlassen.«
»O Fane«, flüsterte sie.
»Ich machte dem König also den Vorschlag, mit ein paar Kreuzrittern vorauszureisen und die Sarazenen so lange auszuspionieren, bis er selbst in Acre eintraf. Er stimmte zu, und kurz darauf brachen wir auf. Nach etlichen Rückschlägen erreichten wir endlich die Küste bei Acre, wurden jedoch angegriffen. Die meisten von uns wurden einfach niedergemetzelt, nur ein paar wurden gefangen genommen und in Gazirs Verlies gesteckt.« Die Erinnerung an die orientalische Hölle ließ Fane schaudern. »Wir wurden in Ketten gelegt, geschlagen und gefoltert.«
Mit sanftem Blick sah Rexana auf seine Narben. Sein Magen zog sich zusammen, er fühlte sich ausgeliefert, als hätte er nicht nur sein Fleisch, sondern auch seine Seele entblößt.
»Erzählt weiter«, bat sie zärtlich.
Er versuchte, seine Stimme zu festigen. »Die Männer, die mit mir im Kerker saßen, wurden einer nach dem anderen entweder verrückt oder starben. Ich aber wollte mich nicht ergeben und weigerte mich, meinen Glauben an den König oder die Hoffnung auf Flucht aufzugeben. Aber es gab Nächte, da habe ich nur darum gefleht, endlich alles vergessen zu können.«
»Wie habt Ihr das nur überlebt?«
Fane blickte zu Rexana auf. Ihre Haut schimmerte hell, ihr Haar fiel lose über den Felsen und war in der Sonne schon fast getrocknet. Sie sah frisch und unschuldig aus, ganz anders als die sinnliche Leila.
»Ohne Leila hätte ich es nicht geschafft.«
Rexanas Augen flackerten, sie schien schockiert, hörte aber weiter zu.
»Als ich sie zum ersten Mal sah, war sie aus reiner Neugier in den Kerker gekommen. Sie wollte den christlichen Ritter sehen, der zu störrisch zum Sterben war. Ich weiß noch, dass ich in meiner Zelle lag und Glöckchen erklingen hörte. Da
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