Tanz der Verführung
seinem Stuhl hin und her. »Mylord?«
Fane lenkte seine Aufmerksamkeit nun wieder auf die Wachstafeln vor sich und spürte, wie ein gnadenloser Schmerz hinter seiner Stirn pochte. »Villeaux hält sich vermutlich gut versteckt, aber das kann nicht mehr lange so weitergehen. Wenn er innerhalb der nächsten zwei Tage nicht gesichtet wird, ordne ich die Ausweitung der Suche an.«
»Sehr wohl, Mylord.« Kester stand auf, setzte sich dann aber wieder hin und schien über etwas nachzudenken. Er räusperte sich. »Ich möchte nicht respektlos erscheinen, Mylord, aber ich muss Euch doch fragen. Könnte Lady Rexana wissen, wo sich ihr Bruder aufhält?«
Fane versuchte, seinen Griff um den Tonkrug zu lockern. »Ich habe sie schon gefragt, aber sie weigert sich, mir Auskunft zu geben.«
»Noch immer?«, fragte Kester.
»Ja, leider.«
Fane rieb sich mit der Hand die Stirn und musste wieder an den eisigen Blick denken, den sie ihm am Morgen zugeworfen hatte, als er das Gemach verließ. Ihre Verachtung blitzte so offensichtlich aus ihren Augen wie das helle Sonnenlicht, das sich auf ihrer Brosche spiegelte. Sie sah hinreißend schön aus in ihrem blauen Wollkleid, als sie am Fenster stand, die Hände auf das steinerne Fensterbrett gestützt.
Drei Tage war sie nun schon eingesperrt, doch das hatte nichts an ihrer Entschlossenheit geändert. Obwohl er sie jede Nacht im Schlaf beobachtet hatte und am liebsten ihren süßen Körper liebkost hätte, mit seinen Händen durch ihr herrliches Haar gefahren wäre und sie verführt hätte. Doch trotz des schmerzhaften Ziehens in seinen Lenden hatte er sich beherrscht. Sie aber war genauso dickköpfig wie er und hatte sich geweigert, ihm irgendwelche Hinweise über ihren Bruder zu geben. Er trank seinen Krug aus und stellte ihn wieder auf den Tisch. Warum nur endete immer wieder jeder Gedanke bei ihr?
Er erstarrte. Ja, warum eigentlich?
Kester erhob sich und schob quietschend den Stuhl über den Fußboden. »Habt Ihr alles gelesen, Mylord?«
Fane nickte und entließ ihn mit einer Handbewegung. Ein Gedanke begann in ihm Form anzunehmen. Warum hatte er nicht schon vorher daran gedacht?
Die Antwort auf seine aussichtslose Lage schien zum Greifen nah.
Genauer gesagt, sie war immer noch in seinem Gemach eingeschlossen.
Denn niemand konnte Villeaux besser aus seinem Versteck locken als Rexana. Sie war die Einzige, die ihren Bruder in eine Falle locken oder Fane zu ihm führen konnte.
Freiwillig würde sie das allerdings niemals tun. Stattdessen würde sie sich mit Händen und Füßen wehren, wenn sie von dem Plan erführe.
Sie durfte also nicht das Geringste ahnen und musste glauben, aus freiem Willen zu handeln.
Bedauern dämpfte Fanes Erregung. Er musste sie täuschen und ihr Vertrauen missbrauchen.
Doch hatte nicht auch sie sein Vertrauen missbraucht, Rudd befreit und die Loyalität zu ihrem Bruder über die zu ihrem Ehemann gestellt?
Sein Ärger über Rexana war jedoch begleitet von Angst um sie, denn sein Plan war gefährlich. Trotz der Kluft zwischen ihnen würde er nicht zulassen, dass ihr irgendetwas zustieß. Alles musste sorgfältig geplant werden, und wenn nötig musste er ihr Leben mit dem seinen schützen.
Ein gequältes Lächeln verzog seine Mundwinkel. Wenn sie erfuhr, dass er sie benutzt hatte, um ihren Bruder zu fassen, würde sie ihn für immer hassen. Doch er hatte keine andere Wahl. Er hatte nur noch wenig Spielraum und durfte seinen König nicht im Stich lassen.
Fane erhob sich und blickte Kester ernst an. »Wie rasch könntest du die Ritter zusammentrommeln?«
Kester zögerte nicht. »Ziemlich schnell, Mylord.«
»Gut, dann sorge dafür.«
*
Rexana zog das zerknitterte Blatt aus ihrem Ärmel, rollte es auf und strich es glatt. Immer wieder las sie die glühenden Worte, die sie schon lange auswendig konnte, und spürte, wie ihr die Tränen kamen.
Ich bin eine hungrige Biene und kann es kaum erwarten, von Eurem Nektar zu kosten.
Sie strich sich mit der Hand über ihre feuchten Wimpern. Wie lächerlich, sich noch weiter mit Fanes Gedicht zu quälen. Trotzdem fiel es ihr jeden Tag schwerer, sich mit ihrem Elend abzufinden. Sie war einsam und sehnte sich nach ihm, nach seinen Berührungen und der Lust, die er ihr bereitet hatte.
Ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt, doch Tränen würden ihre Lage auch nicht ändern.
Plötzlich hörte sie Schritte und Stimmen vor der Tür. Fane durfte sie auf keinen Fall weinend über seinem Gedicht
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