Tanz der Verführung
auf die Wachen, die auf seinen Befehl an der Burgmauer standen, und dann auf die geschlossenen Fenster des Gemachs. Welch neuen Betrug hatte Rexana während seiner Abwesenheit wohl ausgeheckt?
Schmerz stieg wie ein tosender Sturm in ihm auf. Er konnte immer noch nicht fassen, was sie getan hatte – und dass er so töricht gewesen war, ihr zu vertrauen.
Den ganzen Nachmittag hatte sein Herz voller Qual in seiner Brust gehämmert, seine Konzentration beeinträchtigt und ihn beinahe um den Verstand gebracht.
War das der Grund, weshalb er Villeaux und seine Kumpanen nicht hatte finden können?
Fane fluchte in der Abendbrise und starrte zum Fenster des Gemachs hinauf. Er würde sich nicht von seinen Pflichten ablenken lassen. Irgendwie würde er die quälende Angst schon bekämpfen. In Gazirs Kerker hatte er weit schlimmeres Leid aushalten müssen. So wie er es damals geschworen hatte, stand die Pflicht für seinen König an erster Stelle.
Und das galt immer noch.
Er würde die Verräter wieder einfangen und seinen König nicht im Stich lassen.
Fane lenkte sein Pferd zu den Ställen und glitt aus dem Sattel, ohne auf einen Hocker zu warten. Dann warf er die Zügel einem wartenden Stallburschen zu.
»Habt Ihr die Verräter gefasst, Mylord?« Die Frage des Burschen schien auszudrücken, was alle in den dunklen Ställen wissen wollten.
Fane schüttelte den Kopf. »Heute nicht, morgen werden wir weiter suchen.« Er versuchte zu lächeln und fügte dann hinzu: »Aber wir haben den Jungen gefunden. Die Verräter haben ihn laufen lassen.«
Eine Frau löste sich aus der Menge, es war die Mutter des entführten Jungen. Sie stieß einen kurzen Schrei aus, verneigte sich und rannte an ihm vorbei zu Kester, der dem Buben soeben aus dem Sattel half.
»Mutter!« Das Kind lief auf sie zu und schlang seine Arme um ihre Taille. Sie drückte es an sich.
Doch Fane wandte seinen Blick von der freudigen Szene ab, hörte nicht auf das Lachen der Mutter, die Hurrarufe oder seine eigene Erleichterung. Zu viele Fragen blieben unbeantwortet. Warum hatte Villeaux seine Geisel freigelassen? Hatte er womöglich Angst, für den Tod des Jungen zur Verantwortung gezogen zu werden? Oder wollte er jetzt, da er frei war, einen Plan umsetzen, bei dem ihm der Bursche im Wege war?
Vielleicht wollte er Warringham in einen Aufstand verwickeln.
Fane knurrte, kämpfte sich durch die Menge und eilte auf die Burg zu. Das Blut pochte an seinen Schläfen und schmerzte ihn ebenso wie die Qual, die seine Seele verzehrte. Er rang darum, sein Ziel nicht aus den Augen zu verlieren.
Die Pflicht war wichtiger als sein Glück.
Die Pflicht würde ihn stärken, wenn sein Herz zu Staub zerfiel.
Hastig durchquerte er den großen Saal, brummte Winton einen Gruß zu und rannte dann die Stufen zum Gemach hinauf. Seine Hand schwebte über der Türklinke, er wappnete sich gegen Rexanas Wut, gegen ihre Fragen nach ihrem Bruder, dann drückte er die Klinke herunter und trat ein.
Sie lag mit dem Rücken zu ihm und dem Kopf auf den Armen auf den Kaminfliesen. Das Haar fiel wirr über ihren Rücken, der Schein des Feuers tanzte auf ihrem schlanken Leib und tauchte ihr Seidenkleid in Licht und Schatten. Ihr Brustkorb hob und senkte sich in gleichmäßigen Atemzügen. Sie schlief.
Und sah wunderschön aus.
Gebannt blieb er stehen, doch sein Kiefer spannte sich voller Entschlossenheit. Er schlich durch das Zimmer, kniete sich neben seine Kiste und öffnete sie lautlos, holte Pergamentpapier, Tinte und eine Feder heraus und machte dann leise den Deckel wieder zu. Er wollte keinen Lärm verursachen.
Dann kehrte er zur Tür des Gemachs zurück und blickte sich nach Rexana um. Sie schlief weiter, konnte nicht wahrnehmen, was er vorhatte. Seine Finger umklammerten nur noch fester das unbeschriebene Pergament. Bei der ersten Morgendämmerung würde das Sendschreiben, für das sie so tapfer getanzt hatte, mit einem offiziellen Begleitbrief auf dem Weg zu den Ministern des Königs sein. Jedes erbärmliche Detail über den Verrat ihres Bruders würde er dem König darlegen.
Rudd Villeaux’ Schicksal war besiegelt.
*
Im verschwommenen Dunst des Schlafes hörte Rexana, wie sich die Tür des Gemachs öffnete und wieder schloss und Schritte sich näherten.
»Rexana.«
Fane
. Sofort war sie hellwach. Ihr Puls fing vor Freude, Erwartung und Furcht zu rasen an. Sie hob den Kopf von ihrem tauben, angewinkelten Arm und sah durch ihr unordentliches Haar zu ihm auf.
Das Licht des
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