Tanz der Verführung
sie mit all der Leidenschaft, die in ihm brannte, zu küssen. Forderte ihn heraus, sich als lüsterner, flegelhafter Narr ohne Anstand bloßzustellen. Forderte ihn vor dem Pfarrer und Hunderten von Zeugen heraus, sich als ein Dummkopf eine Blöße zu geben.
Doch da forderte sie den falschen Mann heraus.
Langsam führte er ihre Hand an seine Lippen. Er spürte das Zittern, das ihren Arm durchfuhr, hörte, wie sie nach Luft schnappte. Sie sah ihn durch ihre halb geöffneten Lider an. Mit der Anmut, die er sich von den Höflingen des Königs abgeschaut hatte, und der höflichen Zurückhaltung, die er vor Jahren erworben hatte, drückte er einen Kuss auf ihre Finger. Einmal. Zweimal.
Sie verspannte sich, als schnüre sie ein unsichtbares Band zusammen. Erwartung flackerte in ihren Augen. Fane musste innerlich lachen. Dachte sie, er würde sie ein weiteres Mal beißen? Diesmal verdiente er etwas anderes als nur eine oberflächliche Kostprobe. Diesmal wollte er mehr.
Lächelnd nahm er ihre Hand und zog sie zu sich heran. Ihre Finger berührten sein Wams, als sie sich mit einer leichten, kraftvollen Drehung ihres Körpers abzuwenden suchte. Doch bevor sie sich wehren konnte, beugte er sich zu ihr vor und legte seine Hand um ihren Hinterkopf. Er griff mit seinen Fingern in ihr verschleiertes Haar und küsste sie geräuschvoll auf die Lippen.
Die Menge murmelte und klatschte.
Als ihre Lippen sich trafen, schnellte sie zurück. Ein erschrockenes Krächzen entfuhr ihrer Kehle, als wäre diese Berührung keineswegs das, was sie erwartet hatte.
Was fühlte sie? Verwunderung? Vergnügen?
Er zog sich zurück und spürte ihren zitternden Atem an seinem Mund. Ihre Zunge schoss zwischen ihren roten Lippen hervor, als wollte sie gänzlich seinen Geschmack entdecken. Oder ihn genießen.
Er hielt inne, sein Mund befand sich noch nahe an ihrem. Ihr Duft umhüllte ihn und drängte ihn, ihr in die Augen zu blicken. Auch sie sah ihn völlig atemlos an. Ihre beringte Hand schwebte unruhig zwischen ihren Körpern, als sie mit leicht glasigem Blick zu ihm aufsah. Tief in ihr erkannte er Erstaunen. Verwirrung. Brennende Sehnsucht.
»Noch einen?«, murmelte er, hatte seine Hand immer noch hinter ihrem Kopf und zog sie dann wieder zärtlich zu sich heran.
Gelächter ging durch die Menge der Schaulustigen. Der Pfarrer schmunzelte. Er schüttelte den Kopf und öffnete die hölzerne Kirchentür.
Als wäre sie aus einer Betäubung erwacht, wand Rexana sich aus Fanes Griff und ließ sittsam ihre Arme hängen.
»Ihr seid ein Mann voller Überraschungen, Mylord.«
»Und es werden noch mehr kommen«, sagte er fröhlich.
»Da könnt Ihr Gift drauf nehmen.«
Verdutzt sah Fane sie an. Noch bevor er über ihre Worte nachdenken oder eine geistreiche Antwort geben konnte, hatte sie bereits ihre Röcke gerafft und war die Stufen zur offenen Kirchentür emporgeeilt.
Lachend folgte er ihr, seine Schuhe schlugen hart auf den Steinstufen auf. Verwirrung und Erwartung ergriffen ihn. Wollte sie ihn etwa überraschen? Aber wie? Und wann? Heute Abend, bei den Hochzeitsfeierlichkeiten?
Oder später, wenn sie alleine im Gemach waren?
Bei Gott, er konnte es kaum erwarten.
8. Kapitel
R exana achtete nicht auf das Festgelage, sondern zupfte an der Dekoration der Marzipantorte, die vor ihr auf dem Hochzeitstisch stand. Das Fackellicht fiel auf die gezuckerten Rosenblätter, die die Torte schmückten. Wie ein Funkenregen, wie Sonnenlicht, das auf unberührten Neuschnee fällt. Einfach zu schön, um gegessen zu werden. Und das flaue Gefühl in ihrem Magen hatte ihr ohnehin jede Lust auf Süßes vertrieben.
Gelächter drang von einem Tisch unterhalb des Podestes zu ihr herauf. Sie hob ihre Augen und warf einen Blick auf den lärmerfüllten Saal. Linford stand umringt von Edelmännern neben Lord Darwell, dessen Gesicht feuerrot angelaufen war, und erzählte zum offenkundigen Staunen der umstehenden Männer irgendeine Geschichte von einer riesigen Spinne im Zelt eines Kreuzritters. Dabei gestikulierte er mit einer Hand, während er in der anderen einen Weinkelch hielt. Das Fackellicht beleuchtete sein kantiges Gesicht und sein herrliches Wams, und Rexanas Magen setzte zu einem beunruhigenden Sturzflug an. Fane Linford, High Sheriff von Warringham, war zweifellos ein sehr gutaussehender Mann. Ihr Mann.
Sie erschauerte und zerbrach dabei ein gezuckertes Blütenblatt in ihren Fingern. Nach der Hochzeitsmesse hatte sie sich von Henry verabschiedet. Er hatte ihr
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