Tanz der Verführung
verdrängen, und lauschte. Sie hatte erwartet, dass Fane brüllend und mit donnernden Hufen auf seinem Schlachtross hinter ihr herjagen würde. Doch sie hörte nur das Rasseln ihres eigenen Atems und das Klappern der Hufe ihrer Stute. Sie versuchte, ihre unerwartete Enttäuschung zu unterdrücken.
Mit aufmunternden Worten tätschelte sie ihr Pferd und lenkte es zum Ufer des Flusses. Dort hielt sie das vor Anstrengung schäumende Tier an, stieg ab und führte es hinunter zum Fluss, damit es trinken konnte. Das schlammige Ufer war mit Steinen bedeckt, die vom Wasser glatt wie alte Münzen gewaschen worden waren. Die Stute trat in das flache Wasser und trank. Rexana ließ einen Augenblick die Zügel los, bückte sich und hob einen rosafarbenen Stein auf. Er glitzerte im Sonnenlicht wie von Sternen übersät.
Plötzlich hörte sie Hufschläge und das Schnauben eines Pferdes hinter sich. Sie sah auf und erkannte Fane, der nun alleine über das Feld auf sie zuritt. Die Wachen standen weiter entfernt im Schatten einer Birke und behielten die Straße im Auge.
Sie rechnete mit Fanes Wutausbruch, doch er sah sie nur belustigt an. Noch bevor sein Pferd zum Stehen gekommen war, schwang er ein Bein über den Sattel und sprang ab. Mit der mühelosen Anmut eines erfahrenen Ritters, der sein halbes Leben auf dem Rücken eines Rosses verbracht und siegreiche Schlachten geschlagen hat, landete er auf dem Gras. Er besaß die Eleganz eines Mannes, der überzeugt davon war, jede Situation unter Kontrolle zu haben.
Fane griff nach den Zügeln seines Pferdes und geleitete es zum Fluss, die Steine knirschten unter seinen Füßen. Das stattliche Tier trat neben die Stute ins Wasser, neigte den Kopf und trank.
»Ihr reitet wahrlich wie ein Wiesenkobold«, sagte Fane, ohne sie dabei anzusehen. »Das sollte ich lieber nicht vergessen.«
Der Wind spielte in seinem Haar und ließ seine Stirn unter den flatternden Strähnen erkennen. Sie zwang sich, nicht auf sein herrliches Profil zu starren und die aufglühende Lust zu unterdrücken, die seine Worte in ihr entfacht hatten.
»Ich reite, wie es mir gefällt.« Sie ließ den rosafarbenen Stein in den Schlamm fallen und säuberte ihre Hände an ihrem Rock. »Ihr nehmt es mir doch nicht übel, dass ich einfach davongeritten bin?«
»Warum sollte ich?« Er sah sie an. »Mein Pferd kann Eures spielend einholen. Ich hätte Euch leicht aufhalten können, wenn ich nur gewollt hätte.«
Wieder ergriff sie ein seltsames Gefühl der Enttäuschung. »Wolltet Ihr mich denn gar nicht verfolgen?«
»Ihr wolltet nicht verfolgt werden.« Seine Stimme wurde nun leiser. »Meine kleine Feige, wenn Ihr wünscht, dass ich Euch verfolge, werde ich es tun.«
Seine Worte jagten einen Schauder durch ihr Inneres, doch dann lachte sie schroff. »Und wann wäre das? Heute? Oder vielleicht morgen?«
Sein Lächeln verzog sich zu einem sinnlichen Grinsen. »Das weiß ich nicht, Liebste, aber ich wette, dass es schon sehr bald sein wird. Euer Leib, Euer Herz, Eure Seele schreien geradezu nach unserer Vereinigung, nicht wahr?«
Verdammt! Wieso konnte er bloß ihre Gedanken lesen und ihre Gefühle erahnen?
Mit glühendem Gesicht wandte sie ihm den Rücken zu und zog an den Zügeln ihrer Stute, führte das Tier auf die Wiese und ließ es grasen.
Fane lachte leise.
Sie vermied es, ihn anzusehen, stapfte zurück zum Flussufer und blickte auf ihr Spiegelbild im Wasser. Dann hob sie den Saum ihres Rockes, um ihn nicht zu beschmutzen, ging in die Knie und wusch ihre zitternden Hände.
»Kommt, Rexana«, sagte er lachend. »Sollen wir die Waffen ruhen lassen und etwas essen?«
Aus dem Augenwinkel sah sie Fane zu, wie er sein Pferd aus dem Fluss führte und neben das ihre stellte. Nachdem er dem Tier einen Klaps auf den Hals gegeben hatte, griff er nach dem Beutel, der am Sattel befestigt war.
Sie erhob sich und schüttelte das Wasser von ihren Händen.
Mit hochgezogenen Augenbrauen sah er sie erwartungsvoll an. Sie seufzte innerlich. Auch wenn sie seine spöttischen Worte nicht einfach so vergessen konnte, hatte der morgendliche Ritt an der frischen Luft ihren Appetit geweckt. Sie nickte.
Fane ging zu einer Stelle, an der die Wiese bis zum Flussufer reichte, griff in den Beutel, zog eine Wolldecke heraus und breitete sie auf dem Gras aus. Sie folgte ihm und bemerkte, dass sie auch von hier aus die Wachen sehen konnten, gleichzeitig aber einen herrlichen Blick auf den Fluss, die Felsen und die endlosen Felder hatten.
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