Tanz des Verlangens
hoch aufgerichtet da, bereit, für sie in den Tod zu gehen. Sie las in seiner Miene, dass ihre verzweifelte Gegenwehr seinen Schmerz nur noch erhöhte und ihn den Todesstreich ungeduldig erwarten ließ.
Aber er würde umsonst sterben.
Néomi hatte geglaubt zu wissen, welch ungeheure Stärke in diesem Mann steckte. Jetzt wurde ihr jedoch klar, dass seine heftigste Emotion … Liebe war. Sie loderte in seinen Augen. Und sie wusste, dass er sie sehen lassen wollte, was er fühlte.
Doch dann ließ ihre Sehkraft nach, und ihr wurde zunehmend schwindlig. Sie sah auf einmal alles wie durch einen Nebelschleier, alles war verschwommen.
Tarut hielt Néomi nach wie vor mit festem Griff und ging auf Conrad zu.
„Nein!“, würgte sie hervor. Als der Dämon sein Schwert auf Conrads Hals richtete, gelang es ihr, noch einmal Luft zu holen. „Ich … sterbe sowieso! Verschwinde von hier!“
Conrad zog verwirrt die Augenbrauen zusammen.
Tarut schwang sein Schwert.
38
Einen Augenblick bevor es Conrads Hals durchtrennen konnte, fiel Taruts Schwert – zusammen mit dem fleischigen Arm, der es führte – zu Boden.
Es geschah so schnell, dass die Überreste von Taruts Arm an Conrads Gesicht vorbeiflogen und ihn mit Blut bespritzten.
Cadeon hatte Tarut von hinten erwischt. Er war gerade noch rechtzeitig aus der Wolke des Rauchdämons gestürzt, um zuzuschlagen.
Sofort begann Conrad sich wie wild gegen die beiden Dämonen zu wehren, die ihn festhielten, um Néomi zu Hilfe eilen zu können. Das Klirren von Stahl übertönte den strömenden Regen und den heulenden Wind, als Cadeons Männer die Kapsliga angriffen.
Und Conrads sterbliche Braut befand sich mitten in dieser Schlacht von Unsterblichen …
Als Tarut sich, einen Dolch in der anderen Hand, zu Cadeon umwandte, brüllte Conrad: „ Nein! Tarut hält sie fest!“
Aber Cadeon hatte bereits zugestoßen.
Tarut hatte Néomi als Schutzschild benutzt.
Die Zeit verlangsamte sich. Conrad konnte sie nicht sehen, aber er witterte ihr Blut … Er konnte Cadeons entsetzte Miene sehen, als dieser sein Schwert zurückzog.
Der Dämon hatte sie durchbohrt.
„ Nein !“, brüllte Conrad, verzweifelt um sich schlagend. „ Néomi !“
Als Cadeon erneut das Schwert hob, ließ Tarut Néomi endlich fallen, um den Hieb abzuwehren. Zu spät.
Gleich nachdem Conrad sah, wie Taruts Kopf zu Boden fiel, erhaschte er endlich einen Blick auf Néomi. Sie war zusammengebrochen … lag auf der schlammigen Erde … die Gliedmaßen schlaff, die Augen offen und glasig … Blut strömte aus Mund und Bauch und sammelte sich in Pfützen unter ihr.
Mit lautem Brüllen riss er einem der Kapsliga mit bebenden Fingern die Kehle heraus. Dem anderen verpasste er einen Hieb ins Gesicht, der diesem den Kopf zurückriss und glatt vom Körper trennte. Bei diesem Anblick flüchteten die restlichen Kapsliga.
Endlich frei, stürzte sich Conrad auf seine Braut und sank neben ihr auf die Knie. „Néomi!“ Er riss ihren Körper in seine Arme. „Du bleibst bei mir!“
Sie sah deutlich, dass er kurz davor stand, von seinem alten Wahnsinn überwältigt zu werden. Er war damit beschäftigt, ihren triefend nassen Morgenmantel mit eckigen Bewegungen zurechtzuzupfen, als ob er sie im Regen bedeckt und warm halten wollte.
Néomi weigerte sich, nach unten zu blicken. Seltsam, sie fühlte keinerlei Schmerz, nur Taubheit. Aber die Miene des Dämons hatte ihr alles gesagt. Die Wunde war tödlich.
Cadeon wandte sich um und näherte sich ihnen. Während er auf sie zukam, hörte sie undeutlich die anderen …
„Cade hat was getan?“, brüllte Rydstrom. „Scheiße, was hast du gerade gesagt, Rök?“
„Er hat der Braut von dem Vampir hier den Bauch aufgeschlitzt“, sagte Rök. „Der Blutsauger ist für uns jetzt nutzlos – eine schlimmere Folter gibt’s für die nicht.“
„Ich habe sie nicht gesehen“, versicherte Cadeon Conrad. „Ich habe sie wirklich nicht gesehen.“
Sie verspürte Mitleid mit ihm. Schließlich hatte er Conrad das Leben gerettet. Wenn er ihr nur nicht das ihre genommen hätte.
Selbst Néomi erzitterte angesichts von Conrads Miene. Seine Augen glitzerten in bösartigem Rot, als er antwortete: „ Abertausendfach, Dämon! Alles, was du liebst, wird sterben .“ Gleich darauf translozierte er sie in ihr Zimmer.
Während er ihren Kopf hielt, murmelte er pausenlos vor sich hin. „ Krankenhaus. Wo? Ein menschliches Krankenhaus …“ Seine Augen schossen wild hin und her. Sein Gesicht
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