Tanz des Verlangens
war von den Kapsliga übel zugerichtet worden, sein Unterkiefer geschwollen und seine Lippe aufgeplatzt. „ Du bleibst bei mir “, flehte er sie mit gequälter Stimme an. „Halte aus, tu’s für mich. Ich muss nachdenken …“
Sie sehnte sich danach, ihn zu streicheln, um ihn zu trösten, aber ihre Arme hingen nutzlos herab. Ich kenne dieses Gefühl. So kalt.
Ich sterbe. Genau wie Nïx vorhergesagt hatte. An dem Tag, an dem ich Conrad das Geheimnis verraten habe, auch wenn es sich nicht so abgespielt hat, wie wir es erwartet hatten. Das Schicksal konnte so grausam sein.
„Ich muss ein Krankenhaus finden …“
Sie schüttelte den Kopf, so gut sie es vermochte. Sie würde nicht so lange durchhalten – es war zu spät für sie. Aber sie musste es erklären, damit er nicht glaubte, es wäre alles sein Fehler. „Conrad … ich wäre sowieso gestorben.“
„Nicht reden!“ Seine Stimme war heiser.
Die Geräusche um sie herum schienen sich immer weiter zu entfernen. Das Blut rann so schnell aus ihrem Körper, als ob es nur auf diese Gelegenheit gewartet hätte.
„Ich habe eine Hexe angerufen … sie kam durch … den Spiegel im Studio.“ Sie sah alles verschwommen. „Hat mich wieder lebendig gemacht … aber nur für kurze Zeit. Ich wusste das … konnte es dir nicht sagen.“
„Bei diesem Pakt mit dem Teufel ging es um deinen Tod?“ Er zitterte am ganzen Leib. „Und du hast nur zwei verfluchte Wochen bekommen?“
„ Das war es wert!“ Sie hustete schwach. „ Liebe dich.“
Bei diesen Worten rann Blut aus seinen Augen, wie Tränen. Aber dann erstarrte sein Körper plötzlich. „Welche Hexe, koeri ?“
„ Mariketa .“
Er presste sie an seine Brust und translozierte sich mit ihr ins Studio. „Bleib einfach nur am Leben, Néomi!“
Nachdem er sie behutsam auf die Bettstelle vor dem Spiegel gelegt hatte, schnappte er sich eine Decke und presste sie auf die Wunde.
„Mein tapferes Mädchen“, sagte er. „Du bleibst bei mir.“ Dann wandte er sich dem Spiegel zu. „Hexe!“, brüllte er. „Komm zu mir!“
Während er unaufhörlich nach Mari schrie, kämpfte Néomi darum, bei Bewusstsein zu bleiben. Sie wollte ihm unbedingt sagen, dass Mari ihnen nicht helfen konnte, dass er unnötig neue Hoffnung schöpfte, bloß um doch wieder enttäuscht zu werden. Aber wenn sie versuchte zu sprechen, hustete sie nur Blut.
„ Mariketa !“ Er hämmerte wild auf den Spiegel ein, ohne sich darum zu scheren, dass er sich die Hände zerschnitt. „ Komm zu mir !“
Als keine Antwort kam, sank er neben Néomi auf die Knie. „Oh Gott, steh uns bei !“
39
„Um Gottes willen, hör endlich auf!“ Minuten später erklang Maris Stimme aus dem Spiegel. „Wir kommen ja schon!“
Néomi öffnete ihre Lider einen Spalt, als Conrad neben ihr auf die Bettstelle sank. Zärtlich legte er ihren Kopf in seinen Schoß.
„Warum musst du eigentlich immer der Erste sein?“, verlangte Maris Stimme zu wissen.
„Weil ich größer bin als du“, lautete Bowens Antwort.
Als der Lykae aus dem Spiegel trat, gleich darauf gefolgt von Mari, rissen sie die Augen auf.
Mari wollte sofort zu Néomi eilen, aber Bowen streckte blitzschnell die Hand aus, schnappte sich ihren Arm und schob sie hinter sich. Nachdem er sich prüfend umgeschaut und die Luft durch die Nase eingesaugt hatte, wandte er sich Conrad zu. „Wer hat das deiner Frau angetan?“
„Dämon“, erwiderte Conrad mit vom Brüllen heiserer Stimme. „Cadeon.“
„Dieser Dreckskerl!“, knurrte Bowen und zog Mari an seine Seite. „Du hättest mich nicht davon abhalten sollen, ihm im Dschungel den Kopf einzuschlagen!“
„Cade? Oh, Hekate, das ist doch wohl nicht dein Ernst!“ Mari eilte zu Néomi. „Also war er es wohl, der versucht hat, mich anzurufen. Es muss ein Unfall gewesen sein.“
Néomi nickte schwach, um gleich darauf wieder Blut zu spucken.
Conrad drückte ihre Hand viel zu fest. Er schien am Rande des Abgrunds zu balancieren.
Maris Blick fiel auf Néomis Hals. „Du hast sie gebissen. Hast du ihre Erinnerungen gesehen?“
„Nein, es ist erst vor ein paar Stunden …“
„Und woher wusstest du dann, wie du mich durch den Spiegel kontaktieren kannst?“
„Néomi hat es mir nach … nachdem sie … Verdammt, was spielt das für eine Rolle? Bring einfach nur den Zauber in Ordnung, Hexe.“
„Es tut mir leid.“ Mari schüttelte traurig den Kopf. „Ich kann nichts tun. Das habe ich Néomi von Anfang an gesagt.“
„Heile …
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