Tanz mit dem Engel
und zwängte seinen Vauxhall in eine Lücke vor einem Restaurant mit Markise und einem Gartenlokal, das aus drei Tischen mit Stühlen bestand.
»Das ist El Rincon Latino«, sagte Macdonald, »und die Besitzerin ist eine meiner alten Infor... äh, Freundinnen, darf man wohl sagen.«
Sie stiegen ein paar Stufen hinauf und traten durch die offene Glastür ein. Das Restaurant begann mit einer Bar links, setzte sich dann in einem Rechtsbogen um die Theke fort und endete in einem länglichen Raum.
Durch die Glaswände zur Clapham Manor Street war das Lokal hell. Frische Blumen gab es überall, wo sie Platz fanden, und Winter roch den Duft von Kräutern und Chili. Sie waren die einzigen Gäste.
»Hola, Gloria«, sagte Macdonald und umarmte eine Frau in seinem Alter. Sie war dunkel, klein, sie hatte aus dem Küchenteil gespäht, als sie eintraten, und war rasch mit einem Lächeln herausgekommen.
»Como estä, Stefano?!« hatte sie gerufen.
»Estoy bien«, hatte Macdonald geantwortet und Winter angeschaut, als er die Frau umarmte. Ihre Stirn auf gleicher Höhe mit seinem Brustkorb.
»Das hier ist ein schwedischer Kollege«, sagte er und stellte Winter vor.
»Buenas tardes«, sagte Winter.
»Habla espanol?!« rief Gloria Ricot-Gomez.
»Un poquito«, antwortete Winter.
Meine Eltern sind Steuerflüchtlinge in Spanien, und ich habe ein bißchen was aufgeschnappt, aber ich weiß nicht, was Steuerflüchtling auf spanisch heißt, dachte er.
»Un poco de tapas?« fragte die Frau, an Macdonald gewandt.
»Du kannst einige auswählen«, antwortete er auf englisch und sah Winter an, der nickte.
»Eine Flasche Wein?« fragte die Frau.
»Ich nehme Wasser«, sagte Macdonald, »ich weiß nicht, was.«
»Für mich auch Wasser«, sagte Winter.
Sie ging in die Küche hinaus, kam aber sofort zurück und machte sich an einer Glastheke mit zwei Etagen zu schaffen, die längliche Schüsseln mit kalten Gerichten enthielt.
»Es gibt etwas Warmes und etwas Kaltes«, sagte sie.
»Das Lokal bietet 45 Sorten Tapas an«, sagte Macdonald. Sie setzten sich an einen Tisch nahe der Theke, den die Frau ihnen zugewiesen hatte. Jemand briet etwas in der Küche.
»Das ist ihre Schwester, die brät«, sagte Macdonald.
Sie saßen lange über gerösteten Lachsfilets, gegrillten Garnelen mit Knoblauch, im Ofen gebackenen, gefüllten milden Chilis, queso blanco, mit Sardellen und Chili gefüllten Oliven, gedämpftem Maisbrot, Tintenfisch in schwarzer Sauce, gefüllten Waldchampignons und gegrillten Auberginen mit Kartoffelscheiben. Das Essen wurde in kleinen Tonschalen serviert.
Die Frau kam an den Tisch und fragte, ob alles in Ordnung sei. »Kein cerveza?«
»Vielleicht eine kleine Karaffe«, sagte Macdonald, und Winter nickte wieder.
»Gloria hatte eigene Kochkurse in Bogota vor gar nicht langer Zeit«, sagte Macdonald, als sie mit dem Bier in einer weiten Glaskaraffe zurückkam.
»Vor zwanzig Jahren«, sagte sie und stellte die Karaffe auf den Tisch. »Stefano ist ein solcher Gentleman.«
»Das war phantastisch gut«, lobte Winter.
»Danke.«
»Phantastisch«, wiederholte er.
»Mein Traum war immer, ein Restaurant zu besitzen, und am Ende mußte ich zwischen Hausfrau und Restaurantbesitzerin entscheiden, und jetzt bin ich geschieden«, sagte sie lächelnd.
Macdonald schenkte Winter und sich Bier ein.
»Ihr Sohn David ist neunzehn und hat einen Probevertrag beim Crystal Palace«, sagte er. »Und der Sohn der Schwester steht bei der Jugendmannschaft von Wimbledon im Tor.«
»Sie sind beide Lokalpatrioten«, sagte Winter und kaute eine salzige Olive.
Gloria Ricot-Gomez ging in die Küche zurück. Macdonald legte die Gabel hin. Ein älterer Lateinamerikaner kam herein.
Die Schwester zeigte sich nicht. Draußen war es inzwischen dunkel. Winter konnte das Autodach des Kollegen im Licht vom Restaurant glänzen sehen. Die Tür stand immer noch offen. Eine Gesellschaft aus fünf Personen trat ein. Sie schienen alle aus Südamerika zu stammen.
»An den Sonntagen kommen alle Lateinamerikaner in der Stadt zum Common, um Fußball zu spielen oder zu gucken, wer sonst noch da war«, sagte Macdonald. »Hier leben viele aus Kolumbien und Peru und Ecuador.«
»Es ist eine multikulturelle Gesellschaft, was Sie in Ihrem London haben«, sagte Winter.
»Da gibt es immer eine Hoffnung«, sagte Macdonald.
Sie saßen eine Weile schweigend da, tranken Bier.
»Für uns ist es etwas leichter geworden zu arbeiten«, begann Macdonald und setzte sein Glas
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