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Tanz mit dem Schafsmann

Tanz mit dem Schafsmann

Titel: Tanz mit dem Schafsmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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Ausflug?«
    Ich holte Yuki von zu Hause ab. Als sie den Maserati sah, schnitt sie eine Grimasse. »Was soll denn das?«
    »Keine Angst, ich habe ihn nicht geklaut. Mein Wagen ist in eine verwunschene Quelle gefallen, und dann tauchte eine Wasserfee auf, die aussah wie Isabelle Adjani, und fragte mich: ›War es ein goldener Maserati oder ein silberner BMW?‹ Weder noch, antwortete ich. ›Es war ein kupferfarbener gebrauchter Subaru.‹ Und dann –«
    »Hör auf mit dem Quatsch«, sagte sie, ohne eine Miene zu verziehen. »Ich habe dich ernsthaft gefragt, was das hier soll.«
    »Ein zeitweiliger Tausch mit einem Freund«, erklärte ich. »Er wollte unbedingt meinen Subaru fahren, also haben wir die Wagen getauscht. Er braucht ihn aus verschiedenen Gründen.«
    »Ein Freund?«
    »Ja, du wirst es vielleicht nicht glauben, aber sogar ich habe einen Freund.«
    Sie stieg neben mir ein, schaute sich im Wagen um und verzog wieder das Gesicht. »Komische Karre«, zischte sie abfällig. »Idiotisch.«
    »Dieser Meinung ist der Besitzer auch«, sagte ich. »Er hat es nur ein bisschen anders ausgedrückt.«
    Yuki schwieg.
    Ich fuhr Richtung Süden nach Shônan. Yuki würde vermutlich stumm bleiben. Ich legte eine Kassette von Steely Dan ein und drehte die Lautstärke herunter, um mich voll auf das Fahren zu konzentrieren. Es war schönes Wetter. Ich trug ein Aloha-Hemd und eine Sonnenbrille, Yuki eine leichte Baumwollhose und dazu ein pinkfarbenes Poloshirt von Ralph Lauren, das ihre Bräune gut zur Geltung brachte. Es war wie in den Ferien auf Hawaii. Vor uns fuhr ein Viehtransporter voller Schweine, deren rote Äuglein zwischen den Latten hervorlugten und unseren Superschlitten anstarrten. Erkennen Schweinsäuglein etwa auch den Unterschied zwischen einem Maserati und einem Subaru? Schweine können doch gar nicht differenzieren.
    Weder Giraffen noch Aale können das.
    »Wie war’s denn noch auf Hawaii?«, fragte ich.
    Yuki zuckte mit den Schultern.
    »Lief es gut mit deiner Mutter?«
    Erneutes Achselzucken.
    »Hast du Fortschritte gemacht im Surfen?«
    Ein drittes Achselzucken.
    »Du siehst gesund aus. Bezaubernd braun. Wie eine Café-au-lait-Fee. Mit Flügeln und einem Teelöffel statt Pfeil und Bogen über der Schulter. Eine Café-au-lait-Putte. Wenn du für Café au lait auftrittst, steckt ihr Mokka, Brasilien, Kolumbien und Kilimandscharo locker in die Tasche. Alle trinken Café au lait. Die ganze Welt liegt dir zu Füßen, so bezaubernd braun, wie du bist.«
    Ich bemühte mich sehr, sie mit meinen Komplimenten aus der Reserve zu locken, aber vergeblich. Ich erntete nur Achselzucken. Meine Versuche gingen regelrecht nach hinten los. War mein Charme denn so verschroben?
    »Hast du deine Tage?«, fragte ich.
    Achselzucken.
    Ich zuckte zurück.
    »Ich will nach Hause«, sagte sie. »Kehr bitte sofort um und fahr nach Tokyo zurück.«
    »Wir sind auf der Autobahn. Selbst Niki Lauda könnte hier keinen U-Turn machen.«
    »Dann nimm die nächste Ausfahrt.«
    Ich blickte zu ihr herüber. Sie sah tatsächlich angeschlagen aus. Ihr Blick wirkte leblos und zerstreut. Vielleicht war sie sogar blass, was jedoch durch die Bräune hindurch nicht so leicht zu erkennen war.
    »Wollen wir nicht irgendwo anhalten?«, fragte ich.
    »Lass mich. Ich will nirgendwo anhalten. Ich will sofort nach Hause.«
    Ich nahm die Ausfahrt Yokohama und fuhr nach Tokyo zurück. Yuki fragte, ob wir uns irgendwo draußen hinsetzen könnten. Ich parkte den Maserati in der Nähe ihres Apartments, und wir gingen in die Anlage des Nogi-Schreins und setzten uns auf eine Bank.
    »Es tut mir leid«, entschuldigte sich Yuki überraschend vernünftig. »Mir ging es eben furchtbar schlecht. Es war unerträglich. Ich wollte eigentlich nicht darüber sprechen, sondern mich zusammenreißen.«
    »Du brauchst dich nicht zusammenzureißen. Vor mir nicht. Das geht fast allen Mädchen so. Ich bin daran gewöhnt.«
    »Das ist es doch gar nicht!«, schrie Yuki. »Es hat gar nichts damit zu tun! Was mich so fertig gemacht hat, ist dieser Wagen. In diesem Auto zu sitzen.«
    »Was hast du denn gegen den Maserati?«, fragte ich zurück. »So schlecht ist er doch gar nicht. Er ist leistungsfähig und bequem. Nur ein bisschen zu kostspielig, um mir selbst einen anzuschaffen.«
    »Maserati! Die Marke ist mir völlig egal. Das Problem ist der Wagen selbst. Er hat schlechte Schwingungen. Wie soll ich sagen … er erdrückt mich. Mir geht es ganz schlecht darin. Meine Brust ist wie

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