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Tanz mit dem Schafsmann

Tanz mit dem Schafsmann

Titel: Tanz mit dem Schafsmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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ich dich störe, dir zur Last falle. Aber wenn du …«
    »… das Geld nehmen würdest, willst du sagen?«
    »Ja, dann wäre ich wenigstens etwas erleichtert.«
    »Du verstehst mich nicht, Yuki«, entgegnete ich. »Egal, was geschieht, ich möchte dich als dein persönlicher Freund treffen und nicht als dein professioneller Beschützer. Ich will nicht, dass man mich auf deiner Hochzeitsfeier vorstellt als das professionelle männliche Kindermädchen, das die junge Braut betreut hat, seit sie dreizehn war.« Jeder würde mich dann garantiert fragen: ›Was ist denn das, ein professionelles männliches Kindermädchen?‹ Stattdessen möchte ich, dass man von mir sagt: ›Das ist der ehemalige Freund der jungen Braut aus der Zeit, als sie dreizehn war.‹ Das gefiele mir bei weitem besser.«
    »Du spinnst«, sagte Yuki mit hochrotem Kopf. »Ich werde keine Hochzeit feiern.«
    »Ein Glück. Ich mag Hochzeitszeremonien nämlich nicht. Langweilige Reden über sich ergehen lassen und Tortenstücke in Form verunstalteter Backsteine als Souvenir mit nach Hause nehmen müssen. Widerlich! Pure Zeitverschwendung. Ich habe auch keine gehabt. Das sollte ja auch nur ein Gleichnis sein. Ich wollte dir damit nur sagen, Freunde kann man nicht kaufen. Vor allem nicht vom Spesenkonto.«
    »Ein guter Moralspruch für ein Märchen.«
    »Toll«, sagte ich lachend. »So langsam hast du den Dreh für spritzige Dialoge raus. Mit ein bisschen Übung können wir als Komiker-Duo auftreten.«
    Yuki zuckte lediglich die Schultern.
    »Jetzt mal ernsthaft, Yuki«, sagte ich und räusperte mich. »Wenn du dich jeden Tag mit mir vergnügen willst, meinetwegen. Arbeiten ist sowieso Nebensache. Ist ja doch bloß stupides Schneeschaufeln. Es soll mir also recht sein. Aber eins möchte ich mal klarstellen. Ich treffe dich nicht für Geld. Hawaii war eine Ausnahme. Das war ein Sonderfall. Den Aufenthalt habe ich mir bezahlen lassen. Und mich auf die Frau eingelassen, womit ich dein Vertrauen aufs Spiel gesetzt habe. Ich habe mich selbst dafür verachtet. Das mache ich nicht noch mal. Schluss damit ! Von jetzt an bestimme ich, wo’s langgeht, und lass’ mir von niemandem mehr reinreden. Geld nehme ich nicht mehr an. Ich bin weder Dick North noch deines Papas Assistent Freitag. Ich bin ich und kein Handlanger. Ich treffe dich, weil ich gern mit dir zusammen bin. Wenn du dich vergnügen willst, vergnügen wir uns. Mach dir wegen des Geldes kein schlechtes Gewissen.«
    »Das würdest du wirklich für mich tun?«, fragte Yuki und musterte ihre lackierten Fußnägel.
    »Warum nicht? Ich bin selbst auf der Strecke geblieben und kann mit der Zeit nicht mehr Schritt halten. Im Moment brauche ich mir darüber nicht den Kopf zu zerbrechen. Jetzt ist Spaß angesagt.«
    »Warum bist du so nett?«
    »Ich bin nicht nett«, sagte ich. »Ich lasse nur angefangene Sachen nicht unerledigt liegen. Wenn du dich mit mir vergnügen möchtest, tun wir das, bis du genug davon hast. Dass wir einander im Hotel in Sapporo begegnet sind, war Schicksal. Treiben wir es also bis zum Exzess, bis wir die Nase voll davon haben.«
    Yuki sagte zunächst nichts darauf und malte mit der Schuhspitze eine kleine Figur in den Sand, eine eckige Spirale.
    »Und ich falle dir nicht zur Last?«, fragte Yuki.
    Ich dachte kurz nach. »Ein bisschen vielleicht schon. Aber darüber solltest du dir keine Gedanken machen. Schließlich treffe ich dich, weil ich gern mit dir zusammen bin, und nicht aus Verpflichtung. Man könnte sich natürlich fragen, warum ich gern mit dir zusammen bin – trotz des Altersunterschiedes und obwohl wir nur wenige Gesprächsthemen haben. Nun, du weckst Erinnerungen in mir. Setzt Gefühle in mir frei, die lange Zeit blockiert waren. Gefühle, die ich hatte, als ich etwa so alt war wie du. Wenn ich fünfzehn wäre, würde ich mich unsterblich in dich verlieben. Das habe ich dir schon mal gesagt, oder?«
    »Hast du«, sagte Yuki.
    »Also, so ist das. Wenn ich mit dir zusammen bin, kommen manchmal diese alten Gefühle in mir hoch. Als würde ich noch einmal dem Plätschern des Regens von damals lauschen oder den Geruch des Windes wahrnehmen. Hautnah. Das ist etwas sehr Schönes. Eines Tages wirst du begreifen, wie phantastisch das ist.«
    »Ich verstehe das auch jetzt schon sehr gut«, erwiderte Yuki.
    »Wirklich?«
    »Ich habe ja auch schon einiges verloren im Leben«, sagte sie.
    »Na, dann brauche ich dir ja nichts mehr zu erklären.«
    Die folgenden zehn Minuten schwieg

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