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Tanz mit dem Schafsmann

Tanz mit dem Schafsmann

Titel: Tanz mit dem Schafsmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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Manchmal redeten wir ausgiebig, und manchmal sagte sie einfach ›Ich habe zu tun‹ und legte auf. Mitunter schwiegen wir einfach nur. Es konnte auch passieren, dass sie mich ohne Vorankündigung abhängte. Wenigstens aber konnten wir miteinander sprechen. Wir tauschten Daten aus, wenn auch in kleinen Mengen. Und eines Tages gab sie mir ihre private Telefonnummer. Das war ein Fortschritt.
    Zweimal in der Woche ging sie in den Schwimmverein. Wenn sie davon sprach, reagierte ich wie ein grüner Schuljunge: Ich zitterte, fühlte mich gekränkt und deprimiert. Jedes Mal war ich versucht, mich nach dem Schwimmlehrer zu erkundigen. Wie er sei, wie alt, ob er gut aussehe, ob er nicht allzu nett zu ihr sei und so weiter. Aber ich traute mich natürlich nicht, aus Angst, sie könnte mich durchschauen. Du bist also eifersüchtig auf einen Schwimmverein? So ein Schwachsinn. Ich kann solche Typen nicht ausstehen. Wer auf so was eifersüchtig sein kann, ist eine Niete. Hörst du? Eine Null. Ich will dich nicht mehr sehen. Vor solch einer Reaktion hatte ich eine Heidenangst.
    Deshalb hielt ich den Mund, sobald davon die Rede war. Aber das verstärkte meine Schwimmschulen-Paranoia nur. Ich stellte mir vor, wie der Schwimmlehrer – natürlich Gotanda – Yumiyoshi nach dem Unterricht noch eine Privatstunde gab. Er berührte sie an Brust und Bauch, wenn sie Kraulen übte. Dann glitten seine Finger über ihre Brüste und zwischen ihre Beine. Keine Sorge, beruhigte er sie.
    Keine Sorge. Die Einzige, mit der ich schlafen möchte, ist meine Frau.
    Dann nimmt er Yumiyoshis Hand und führt sie zu seinem erigierten Penis. Eine Erektion im Wasser, wie eine Koralle. Yumiyoshi ist ganz hingerissen.
    Keine Sorge, Sie wissen doch: Die Einzige, mit der ich schlafen möchte, ist meine Frau.
    Schwimmschulen-Paranoia.
    Idiotisch. Aber es gelang mir nicht, diese Hirngespinste zu verscheuchen. Sie quälten mich jedes Mal wenn ich mit ihr telefonierte. Meine Phantasie wurde immer komplexer, ein ganzer Stab von Mitwirkenden trat darin auf. Kiki, May und Yuki hatten Gastauftritte. Wenn Gotanda Yumiyoshi befummelte, verwandelte sie sich in Kiki.
    »Weißt du, ich bin ein ganz durchschnittlicher, normaler Mensch«, sagte sie eines Tages zu mir. Sie wirkte an diesem Abend sehr abgespannt. »Das Einzige, was mich von anderen unterscheidet, ist mein Name. Sonst nichts. Ich stehe Tag für Tag hier an dieser Rezeption und rackere mich sinnlos ab. Ruf mich nicht mehr an. Ich bin die Telefongebühren nicht wert.«
    »Ach, und ich dachte, du magst deine Arbeit.«
    »Ja, tue ich ja auch. Die Arbeit selbst macht mir nichts aus. Nur habe ich manchmal das Gefühl, das Hotel verschlingt mich noch. Wie gesagt, manchmal. Ich frag’ mich dann, was ich hier soll. Ich könnte genauso gut nicht da sein. Das Hotel wäre dann immer noch da. Nur ich nicht. Ich bin nicht mehr zu sehen. Aus dem Blickfeld verschwunden.«
    »Ich glaube, du nimmst die Sache mit dem Hotel ein bisschen zu ernst«, erwiderte ich. »Das Hotel ist eine Sache, und du bist du. Ich denke oft an dich und nur hin und wieder an das Hotel. Aber nie gleichzeitig. Du bist du, das Hotel ist das Hotel.«
    »Das weiß ich selbst. Aber manchmal bin ich eben ganz durcheinander. Die Grenze verschwimmt auf einmal. Mein Dasein, meine Wahrnehmung, mein Privatleben wird von dieser Hotelwelt aufgesogen.«
    »Das ist normal. Man wird in etwas hineingezogen und kann die Grenzlinie nicht mehr erkennen. Das passiert nicht nur dir. Mir geht es genauso«, versicherte ich ihr.
    »Das ist nicht das Gleiche, ganz und gar nicht«, sagte sie.
    »Nein, natürlich nicht«, sagte ich. »Aber ich kann das gut nachempfinden. Ich mag dich sehr, und du hast etwas an dir, was mich anzieht.«
    Yumiyoshi schwieg, weit weg im telefonischen Jenseits.
    »Ich habe Angst vor dieser Dunkelheit«, sagte sie nach einer Weile. »Ich habe Angst, dass es wiederkommt.«
    Ich hörte sie leise weinen. Zuerst war ich mir nicht ganz sicher, aber dann war ihr Schluchzen deutlich zu vernehmen.
    »He, was ist mit dir?«, fragte ich besorgt. »Yumiyoshi, alles in Ordnung?«
    »Klar ist alles in Ordnung, was denkst du denn? Ich weine nur. Das darf ich doch, oder?«
    »Natürlich darfst du das. Ich habe mir nur Sorgen gemacht.«
    »Sei mal einen Moment still.«
    Ich tat ihr den Gefallen und sagte nichts mehr. Als sie sich ausgeweint hatte, legte sie einfach auf.
    Am siebten Mai rief Yuki an.
    »Ich bin wieder da«, sagte sie. »Wie wär’s mit einem

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