Tanz mit mir - Roman
während es draußen in Strömen regnete und die Ehefrau zur Arbeit ging.
»Vielen Dank, Frank«, antwortete Bridget verschlafen und streckte eine Hand unter der behaglichen Decke hervor, um die Teetasse anzunehmen.
»Leider war nicht mehr genügend Milch da«, warnte er. »Madame hat gestern Abend mit ihrem Müsli die Milch fast aufgebraucht.«
»Oje …« Bridget nippte am Tee und zwang ihr Gehirn, in Schwung zu kommen. Heute früh musste sie zu einer Besprechung in die Schule, bei der es um das Krippenspiel ging. Dank der vielen Änderungen, die die neuen Lehramtskandidaten immer gern einbrachten, wurde das Krippenspiel von Jahr zu Jahr komplizierter, sodass man sich schon während
der Herbstferien mit dem Thema beschäftigen musste. Schneller als gedacht würde Weihnachten wieder vor der Tür stehen; hatten erst einmal die Proben für die Aufführung begonnen, würde der November wie im Fluge vergehen.
Dies wird mein letztes Krippenspiel, dachte Bridget plötzlich und war unschlüssig, welches Gefühl überwog: die Trauer oder die freudige Erregung angesichts der Freiheit, die folgen würde. Nach Laurens Hochzeit im Juni würde sie in Rente gehen.
Die Hochzeit brachte sie auf andere, weniger angenehme Gedanken. Die Kreditkartenabrechnungen. Gestern waren weitere Rechnungen angekommen, und wenn sie die Briefe nicht in letzter Minute vor Frank versteckt hätte, hätte er sie wahrscheinlich geöffnet – und vermutlich einen Herzinfarkt erlitten. Erst kürzlich hatte Frank »geschätzt«, dass eine Hochzeitstorte, eine wirklich schöne, vielleicht – wie viel? – um die fünfzig Pfund kosten würde? Er hatte keine Ahnung. Absolut keine Ahnung.
Du hörst dich schon an wie Lauren und Irene, dachte Bridget und konzentrierte sich wieder auf ihre überzogenen Konten. Eigentlich wollte sie das gar nicht, aber sie konnte nicht anders. Es war wie mit einem Loch im Zahn, an dem man immer wieder herumtasten musste. Dank des Camcorders hatten sie auch hier ihr Limit überzogen.
Selbst unter der Bettdecke fröstelte es Bridget, als sie sich dafür schalt, das Kleingedruckte nicht gründlich genug gelesen zu haben. Ausgerechnet sie! Offensichtlich forderten die Kreditinstitute genau aus diesem Grund zuerst null Prozent Zinsen; das entgangene Geld wurde später doppelt und dreifach wieder eingenommen, sobald einem die vollen Kosten in Rechnung gestellt wurden. Dennoch stimmte ihr Timing haargenau. Ihre Ausgaben – Bridget versuchte lieber nicht, sich vorzustellen, wie hoch die Summe genau war – würden auf einen Schlag beglichen werden. Auf dem geheimen
Sparkonto befanden sich mindestens achttausend Pfund, sodass sie den größten Teil der Kreditkartenrechnungen bezahlen und sogar noch die Kontoüberziehung ein wenig lindern könnte. Außerdem hatte sie ja ihren Ewigkeitsring, den sie, wenn nötig, immer noch verkaufen könnte …
»Oooh!«, beschwerte sie sich, als Frank wieder unter ihre Decke schlüpfte. »Du hast eiskalte Füße!«
»Aber warme Hände. Lass uns ein wenig kuscheln!«
Frank ist ein guter Ehemann, dachte Bridget, als sich die vertrauten Arme wie jeden Morgen, seitdem sie zweiundzwanzig Jahre alt war, um ihre Taille schlangen. Eine solche Liebe war einfach unbezahlbar.
Sie setzte die Teetasse auf dem Nachttisch ab, schmiegte sich an Frank und atmete den morgendlichen Duft seiner Haut und des Baumwollpyjamas ein. Er hatte sich sogar die Mühe gemacht, sich auf dem Weg zurück ins Bett die Zähne zu putzen.
Als er sie jedoch langsam an seine haarige Brust zog, die wie ein Grizzlybär ergraut war, musste sie an die Schulden denken, die sie in ihrer beider Namen gemacht hatte, und schämte sich. Noch nie hatten sie Geheimnisse voreinander gehabt. Weder Frank noch sie.
Ich werde das diese Woche in Ordnung bringen und das Problem aus der Welt schaffen, dachte Bridget. Dann werde ich Lauren auch sagen, dass sie sich zwischen Dingen entscheiden muss, anstatt einfach zwei Dinge zu nehmen plus noch ein Exemplar in Reserve.
Tief in ihrem Inneren wusste sie, dass dies leichter gesagt als getan war, und die Starre ihres Körpers verriet sie.
»Bridget?«, fragte Frank enttäuscht. »Hast du keine Zeit zum Schmusen?«
»Ich muss aufstehen«, erklärte Bridget und schlug die Bettdecke zurück. »Ich habe gleich ein Treffen für das Krippenspiel.«
Nebenan lag Lauren in ihrem alten Jugendbett, starrte glücklich an die Decke und stellte sich vor, wie sie ihr Haus dekorieren würde. Das Haus wäre von oben
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