Tanz mit mir - Roman
hätte vielmehr gehofft, dass er ihren Wunsch erraten würde, während er jeden Hinweis als Seitenhieb auf seinen nicht vorhandenen Job gewertet hätte.
Nun hatten sie jedoch einen Kompromiss gefunden: Er hatte sich einen neuen, legeren Anzug – nicht zu förmlich
- für die Meetings gekauft, die Jo für ihr neues Webdesign-Büro anberaumte. Im Gegenzug hatte Katie versprochen, ihn nicht wegen einer Krawatte zu bedrängen. Er sah auch ohne sie umwerfend gut aus.
»Welches Lied ist das?«, fragte sie, als er seinen Arm um sie legte und sie nah an sich heranzog. Katie hatte Schmetterlinge im Bauch und wurde nervös – jedoch nicht, weil alle sie anstarrten, sondern wegen des Songs. Wenn es der falsche war, wäre dies hundert Mal enttäuschender, als über Ross’ Füße zu stolpern.
»Warte«, forderte Ross sie auf und beugte seinen Kopf vor, bis er Katies Stirn berührte.
Als dann die romantische Gershwin-Melodie einsetzte, erkannte Katie das Lied sofort. Sie blickte in seine braunen Augen und hoffte inständig, dass Ross in ihren Augen sehen konnte, wie es in diesem Moment um ihr Herz bestellt war.
»It’s very clear …«, sang Ross, für den Fall, dass sie das Lied noch nicht erkannt hatte.
Doch Katie wusste Bescheid. »Our love is here to stay«, antwortete sie.
Dann eröffnete er den schlichten Social Foxtrott – nichts Ausgefallenes oder Dramatisches, sondern nur die romantischen Grundschritte, bei denen man seinem Tanzpartner so nahe kam, dass man in sein Ohr flüstern konnte. Schritte und Figuren, die in Longhampton seit der Eröffnung der Memorial Hall schon zu so vielen Hochzeiten geführt hatten. Schritte, die einem sehr modernen Mann und seiner Ehefrau so lange ein wenig Sternenstaub verliehen, wie das Lied anhielt. Ihre Liebe jedoch würde bleiben, wenn die Halle schon längst gewischt und die Türen über Nacht verschlossen sein würden.
Als Katie und Ross schmusend über das Parkett tanzten, drehte sich der Spiegelball über ihren Köpfen und überzog sie mit seinem diamantweißen Lichterregen.
Dann, wie bei den besten Hochzeiten, verschwand der Schwingboden aus Ahornholz aus dem Blick, als die restlichen Tänzer ihre Partner an die Hand nahmen und sich zu Katie und Ross auf die Tanzfläche gesellten.
Eines dieser Tanzpaare waren Angelica Andrews und Peggy, die einen Slow Fox miteinander tanzten. Sie hatten die Köpfe zu einer sanften Unterhaltung geneigt, während sie in ihrer eigenen, privaten Welt tanzten und die Jahre um sie herum verschwammen und sich auflösten.
Epilog
Landesweit stürzten sich die Zeitungen auf die sonderbare Geschichte von dem alten Gebäude, dem von einer Reihe Tänzern wieder Leben eingehaucht worden war. Diese Geschichte besäße sogar »Filmpotenzial«, wie ein sehr begeisterter Feuilletonjournalist schwärmte. Diese Beschreibung führte zu einer langen, hitzigen Diskussion zwischen Trina und Chloe darüber, ob Gwyneth Paltrow wohl lernen könnte, so gut wie Lauren zu tanzen. Roger Moore war zur Idealbesetzung für Baxter auserkoren worden, obwohl sich Ross und Katie einig waren, dass David Suchet eindeutig der bessere Baxter sei. Insbesondere, wenn er immer noch diesen Poirot-Schnauzer besäße.
Eine Zeitung brachte sogar eine ganzseitige Reportage über die Tanzgala. Sie machten Pärchen ausfindig, die sich in der Memorial Hall kennengelernt hatten. Außerdem druckten sie ein ausführliches Interview mit Angelica ab über ihr bewegtes Leben und darüber, wie es sich anfühlte, jetzt wieder nach Hause zu kommen, wo doch das Turniertanzen dank des Fernsehens wieder in aller Munde war. Die Zeitung schickte einen Fotografen vorbei, der ein wunderbares Bild von ihr schoss. Sie saß darauf in ihrem roten Jerseykleid, das sie immer zum Üben trug, mit überschlagenen Beinen im Wohnzimmer ihrer Mutter.
»Du meine Güte, Sie sind ja sooo fotogen!« Lauren schnappte ehrfürchtig nach Luft beim Anblick der Zeitung.
Sie und Bridget waren mit Katie bei Angelica zu Besuch, um die nächsten Schritte in der »Rettet die Memorial Hall«-Kampagne zu besprechen. »Schauen Sie sich bloß einmal an! In Ihrem Gesicht ist keine einzige Falte zu sehen!«
»Ich habe ein großes Porträtfoto von mir auf dem Dachboden«, erwiderte Angelica und zwinkerte Bridget zu. »Es ist die reinste Katastrophe, glauben Sie mir.«
Später schnitt sie den Artikel aus der Zeitung aus und klebte ihn vorsichtig auf die letzte Seite im letzten Album ihrer Mutter. Es war schon seltsam: Ihre
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