Tanz mit mir - Roman
geworden waren.
1
Siebzehn: Als ich wieder arbeiten gegangen bin, haben wir uns darauf geeinigt, dass Ross die Kinder gebadet und ihnen die Schlafanzüge angezogen haben soll, wenn ich abends nach Hause komme, damit wir sie gemeinsam ins Bett bringen können. Aber neun von zehn Malen laufen sie um diese Zeit noch munter herum, was meiner Meinung nach total unfair ist, weil ich mich dann wieder darum kümmern muss und als die gemeine, herumbrüllende Mutter abgestempelt werde, bevor ich überhaupt meinen Mantel ausgezogen habe. Achtzehn: Er putzt nie das Bad. Ich weiß, es mag vielleicht kleinlich klingen, aber es bedeutet schlichtweg, dass ich immer erst aufräumen und saubermachen darf, bevor ich es betreten kann. Und abends bin ich dafür einfach zu müde und erledigt. Neunzehn: Er gibt mir das Gefühl, seine Mutter zu sein. Vielleicht auch seine Schwester, aber ganz bestimmt nicht seine Ehefrau.«
Stille.
Katie schaute von ihrem Notizbuch auf. Vielleicht war der letzte Punkt ein wenig übertrieben. »Aber seine Beine sehen recht ordentlich aus für jemanden, der nicht ins Fitnessstudio geht«, gestand sie.
Ross und der Paartherapeut saßen auf ihren Stühlen und reagierten nicht. Katie verspürte einen unwillkommenen Anflug von Enttäuschung und Frustration; dieses Gefühl bekam sie immer, wenn ihr Team im Büro nicht auf dem Laufenden
war. Sie hasste sich dafür, aber andererseits: Was sollte sie hier, wenn sie sich nicht mehr über Ross’ chronische Passivität aufregen durfte?
Bevor sie ihre Zunge hüten konnte, platzte es aus ihr heraus. »Hören Sie, wir sind doch hier, um alles auszudiskutieren, oder?«, blaffte sie den Eheberater an. »Sie haben uns doch aufgetragen, eine Liste aufzustellen mit allen Dingen, die bei uns nicht funktionieren!«
»Eine Liste «, murmelte Ross. »Und keinen verdammten Roman! «
Peter, der Eheberater, rührte sich. »Nun ja, es ist gut, einmal alles offen zur Sprache zu bringen. Lassen Sie uns nun aber zu Ihrer Liste mit den positiven Dingen kommen, die Sie in Ihrer Ehe glücklich machen.«
Katie blätterte die Seite um und schluckte. »Erstens: Ross ist ein toller Vater. Zweitens: Wir haben ein schönes Haus. Drittens …« Sie hielt das Notizbuch höher, damit Ross nicht sehen konnte, dass sie nur drei Punkte für diese Auflistung gefunden hatte. Ross hatte sie bei dem Punkt, er sei ein toller Vater – was sie fairerweise wirklich zugeben musste -, mit großen Augen angestarrt und hätte sie am liebsten umgebracht, wenn Blicke töten könnten. Manchmal wünschte sie fast, er möge es doch endlich tun. Alles war besser als diese langweilige Vorhersehbarkeit, die ihre Ehe so langsam zu einer Art Bruder-Schwester-Beziehung geraten ließ.
Katie Parkinson wusste nicht mehr, welche Eigenschaften ihrer Ehe sie noch glücklich machten. Sie hatte hart gearbeitet, um alles zu erreichen, was sie für ein glückliches Leben zu brauchen glaubte – einen anständigen, treuen, gut aussehenden Mann, ein großes Haus mit Garage, einen Job, für den sie von dem besagten hübschen Haus aus nicht weit fahren musste, zwei wunderbare Kinder – und alle schienen glücklich zu sein, mit Ausnahme von ihr selbst. Sie hatte all ihre Hoffnungen auf den Therapeuten gesetzt, dass er herausfinden
würde, was nicht stimmte, und das Problem dann beheben könnte (oder bestätigte, dass es nicht mehr wiedergutzumachen war), doch bis dato hatte er höchstens verdrießlich genickt, während sie beide verlegen auf ihren Stühlen herumgerutscht waren.
Ross schaute zu ihr herüber. »Das ist alles?«
»Drittens«, fuhr sie fort, »wir haben zwei wundervolle Kinder. Sie machen mich glücklich.«
Ross nickte zustimmend und wollte es damit, wie immer, allen recht machen.
Er erinnert mich an einen Cockerspaniel, dachte Katie und wünschte sich, er würde sie, wie früher, noch an einen echten Kerl erinnern. Ein schokoladenbrauner Cockerspaniel mit Schlappohren, treu-doofem Hundeblick und großen Füßen.
»Ja, die haben wir«, erklärte Ross dem Therapeuten. »Jack ist gerade zwei geworden, und Hannah ist vier. Die beiden sind wirklich zauberhaft. Aufgeweckt, lieb und fröhlich.«
»Womit er mal wieder andeuten will, dass mir das nicht auffällt, da ich eine Vollzeitstelle habe, doch mir ist es aufgefallen.« Katie konnte der Versuchung einfach nicht widerstehen. Jetzt hör schon auf, dich wie eine dumme Kuh zu benehmen! »Ähm, viertens«, improvisierte sie geschwind, um ihr Verhalten
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