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Tanz unter Sternen

Tanz unter Sternen

Titel: Tanz unter Sternen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Mueller
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Predigtentwurf vom Schreibtisch und hob ihn hoch. »Ich schreibe fünf Sachen hin, und vier davon streiche ich wieder durch.«
    »Komm, leg dich ins Bett«, sagte sie. »Es wird nicht besser, wenn du im Halbschlaf darüber brütest.«

2
    Nele kauerte sich nieder und legte ihre flache Hand auf den Bühnenboden. Er roch nach Holz und »Vim«-Putzmittel, eine Mischung, die seltsamerweise ihren Appetit anregte: Hineinbeißen müsste man, in diese Bühne hineinbeißen! Eine Staubflocke flog über das Parkett. Nele fing sie auf. Natürlich, es war Dreck, aber der Dreck flüsterte von Weltruhm. Unter den fünfzig Berliner Varietés rangierte der Wintergarten ganz vorn. Hier gastierten Stars wie der Meisterhumorist Otto Reutter oder der Entfesselungskünstler Houdini.
    Noch war der berühmte Sternenhimmel nicht entzündet. Die Vorbereitungen für den Abend liefen auf Hochtouren. Nele stieg von der Bühne hinunter und spazierte an ihren ehemaligen Kollegen vorbei, die Kisten mit Champagner und Wein aus dem Keller herbeischleppten und das Buffet aufbauten. »Braucht ihr Hilfe?«, fragte sie und fegte Krümel von der Tischdecke.
    »Wir schaffen das schon«, sagte der Koch.
    Hinter ihr raunte Peto: »Unsere Künstlerin hält sich für was Besseres«, und kniff sie in die Seite.
    Nele sprang dem Koch in die Arme und lachte.
    »Alles Gute für nachher«, sagte Peto. Sein aufgedunsenes Gesicht strahlte Wärme aus. »Wir sind stolz auf dich, Nele. Vergiss uns nicht, wenn du berühmt geworden bist, ja?«
    »Erst mal muss heute der Auftritt gelingen.« Sie ging zu den Trampolinartisten, die in Bademänteln ihr Gerät überprüften, elf Schritte machte sie, und bei diesen elf Schritten verlor sie alles, was sie an fröhlicher Selbstsicherheit besessen hatte. Das war nicht mehr Bedienungspersonal – hier begann das Reich der Artisten und Künstler. Als Eindringling kam sie und behauptete, von nun an dazuzugehören. »Ich wünschte, ich könnte fliegen so wie ihr.«
    Erich, der Ältere, sah sie an. »Nele, du kannst auch fliegen. Auf eine andere Art als wir, aber du fliegst. Lass dich nicht von Senta einschüchtern.«
    »Manchmal frage ich mich –«
    »Da kommt sie«, sagte der jüngere Artistenbruder. »Passt auf, was ihr redet.«
    Falls Senta etwas gehört haben sollte, so ließ sie es sich nicht anmerken. Sie warf ihre schwarz gelockten Haare zurück und legte den Kopf schief wie ein kleines Mädchen, während sie die Hand nach Nele ausstreckte. »Komm noch mal kurz, ich habe ein paar Ratschläge für dich für heute Abend.«
    Erich sah Nele eindringlich an.
    Hab schon kapiert, dachte sie, ich soll nicht mitgehen. Sie blinzelte ihm verschwörerisch zu und ließ sich von Senta fortziehen.
    »Wie fühlst du dich, wenn du an den Auftritt denkst?«, fragte Senta.
    »Gut.«
    »Vor Publikum ist es etwas anderes als in den Proben. Im ersten Moment wirst du dich an nichts erinnern. Ein furchtbarer Augenblick …«
    »Bisher war’s nie so.«
    »Doch nicht bei deiner Kaninchennummer.« Senta schnaubte verächtlich. »Da ging es um die Kaninchen und den Zauberer. Du warst bloß Gehilfin. Nachher bist du allein auf der Bühne, ist dir das bewusst?«
    Sie versucht, mir Angst zu machen, dachte Nele. »Was rätst du mir?«
    »Irgendwann fällt dir der Tanz wieder ein, das kommt schon. Hoffen wir, dass der schreckliche Moment nicht zu lange anhält.«
    Wie dreist von ihr. Kein Wunder, dass sie Wert darauf gelegt hatte, allein mit ihr zu sprechen.
    »Weißt du, Nele, was mir Sorgen macht? Du bist keine Künstle rin. Schon wie du läufst! Halt die Schultern gerade, bleib geschmei dig in der Hüfte! So geht das nicht. Dazu dieser bäurische Blick! Dein Körper spielt nicht. Tut mir leid, dir das sagen zu müssen, aber als Künstlerin muss man Selbstbewusstsein haben. Eine Ausstrahlung, eine Faszination. Die kann man sich nicht durch Tanzunterricht aneignen. Du wirst es schwer haben.«
    Nele wand sich aus ihrem Arm. »Das ist unverschämt, wie du hier mit mir redest.«
    »Du tanzt ja ganz passabel«, sagte Senta, »das bestreite ich nicht. Was man einüben kann, hast du eingeübt. Ich will nur nicht, dass du enttäuscht bist nach dem Auftritt heute. Als erfahrene Tänzerin muss ich dir das sagen. Ich glaube nicht an deinen Erfolg.«
    Wieder stach sie zu mit ihrem vergifteten Messer. Unwillkürlich fragte Nele sich: Was, wenn sie recht hat?
    »Direktor Hundrich glaubt auch nicht, dass du besonders gut ankommen wirst«, setzte Senta nach.
    »Unsinn! Er

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