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Tanz unter Sternen

Tanz unter Sternen

Titel: Tanz unter Sternen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Mueller
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dafür hat er bis in die Nacht gespielt, unser eigenes kleines Konzert im Wohnzimmer.«
    »Ich war schwanger.«
    Sie schwiegen.
    Er sagte: »Und weißt du noch, als Samuel dann auf der Welt war, wie wir an seinem Bettchen gestanden und ihn angestaunt haben?«
    »Er ist ein Wunder, Matheus. Das dürfen wir nie vergessen.«
    »Nachts hat er manchmal so schnell geatmet, wenn er geträumt hat. Erinnerst du dich?«
    Sie lachte leise. »Er hat Grimassen gezogen im Schlaf, das süße kleine Gesichtchen hat gezuckt. Und dann hat er irgendwann geseufzt und wieder ruhig geschlafen.«
    Cäcilie betrog ihn nicht, das war unmöglich, das würde sie nicht tun. Warum die Tränen, warum das reuevolle Flüstern vorhin? »Damals war dein Vater so wütend. Ich habe jeden Tag damit gerechnet, dass er vor der Tür steht und dich zurückholt.«
    »Die ganze Welt hatte sich gegen uns verbündet«, sagte sie. »Vater hatte wirklich keinen Grund, sich aufzuregen. Als wäre er treu gewesen! Was glaubst du, warum ich zur Baptistenkirche gegangen bin anstatt zur evangelischen wie mein Vater? Mir war es zuwider, wie er sich verhalten hat. Bei dir habe ich Verlässlichkeit und Frieden gefunden, Matheus.«
    »Frieden? Meinst du?«
    »Obwohl mich Vater aus der Familie verstoßen hat, ich habe mich ausgeglichener, behüteter gefühlt als je zuvor. Ich weiß, dass ich mich auf dich verlassen kann. Dass du immer zu mir halten wirst.«
    Sie sollten viel öfter an diese guten Zeiten zurückdenken. »Cäcilie«, flüsterte er, »ich liebe dich.«
    Sie schwieg. Ihre Fingerkuppen streichelten seine Brust.

17
    Ich verstehe dich nicht, Samuel«, sagte sie. »Am Tisch erklärst du, du hast keinen Appetit, und jetzt nimmst du dir vier Brote und einen Apfel mit.«
    »Falls ich später Hunger bekomme«, rechtfertigte er sich. Sie traten durch die Türen des Speisesaals in den Flur.
    Matheus gab ihm den Schlüssel und sagte: »Geh rasch zur Kabine und hol mir Mantel und Hut – und zieh dir auch was Warmes an.«
    Gehorsam trabte Samuel durch den Flur davon.
    »Was war heute Nacht?«, fragte Matheus, sobald Samuel außer Hörweite war. Er drehte sich zu ihr um. »Warum hast du ge weint?«
    Beim Gedanken daran stiegen ihr wieder Tränen in die Augen. Ihr Inneres fühlte sich wund an, seltsam verletzlich. »Ich konnte nicht schlafen. Mir ist eingefallen, wie du mich gepflegt hast vorletzten Winter, als ich mich mehrmals am Tag übergeben musste und Schüttelfrost hatte. Wie du mir Tee eingeflößt und meine Hand gehalten hast.«
    »Darüber hast du nachgedacht?«
    Nicht nur darüber. Aber das konnte sie ihm unmöglich sagen. »Ich musste auch daran denken, welche süßen Bilder mir Samuel schon gemalt hat und wie er sich immer geniert, sie mir zu geben. Du weißt, wie er dann ›für dich, Mama‹ flüstert und mir das Bild dabei überreicht.« Sie stockte. Sag es, befahl sie sich. Nein, sag es nicht. »Es tut mir leid, dass wir gestritten haben.« Nur das? Nichts anderes tut dir leid?
    »Mir tut’s auch leid. Ich hätte dir nicht nachspionieren dürfen. Unsere ganze Ehe hat doch keinen Sinn, wenn wir einander nicht vertrauen. Ich vertraue dir, Cäcilie. Natürlich kannst du mit dem Herrn reden, wenn du möchtest.«
    Noch mehr Tränen sammelten sich in ihren Augen. Wie schwer musste es ihm fallen, das zu sagen!
    »Du sollst dich nicht fühlen, als wärst du eingesperrt. Pass nur auf dein Herz auf, Schatz, ja?«
    »Ich versprech’s.« Sie würde Lyman Tundale nie wieder küssen und auch nicht mehr mit ihm reden. So wie sie es sich in der Nacht vorgenommen hatte.
    Kurz bevor sie die Kabine erreichten, kam ihnen Samuel entgegen. Er schleppte schwer an Matheus’ Mantel, und um den Hut nicht zu knicken, hatte er ihn sich aufgesetzt: Schief saß er, er bedeckte das halbe Gesicht und auch noch einen Teil der Schulter.
    Sie lachten. »Siehst gut aus«, sagte Matheus und nahm Samuel die Sachen ab.
    »Hast du abgeschlossen?«, fragte sie. »Gib mir mal den Schlüssel. Ich habe mich anders entschieden, ich komme doch mit. Muss mir nur was anziehen.« Sie nahm den Schlüssel, ging voran und schloss die Kabine auf. Drinnen schlüpfte sie in den Mantel. Etwas knisterte in ihrer Tasche.
    Sie zog einen Umschlag heraus. Darin lagen eine getrocknete Schlüsselblume und ein Zettel: 10:00 Uhr, Mitteldeck, vordere Treppe?
    Natürlich war der Umschlag von Lyman. Er würde nicht aufhören, sie zu umwerben, bis sie ihm deutlich sagte, dass die Affäre ein Ende haben musste, um ihrer

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