Tanz unter Sternen
herausgefordert.
Matheus sah den Journalisten vor sich, wie er mit dem Degen einen coup de seconde ausführte und ihn entwaffnete. Bestimmt konnte er hervorragend fechten und Auto fahren und tanzen und war ein erfahrener Liebhaber.
Wie konnte sie ihm das antun? Sie hatte ihm lebenslange Treue versprochen! War er ihr inzwischen gänzlich gleichgültig? Und Samuel, kümmerte sie der Kleine nicht mehr? Cäcilie war egoistisch, eine verzogene Millionärstochter war sie, er hätte sie nie und nimmer heiraten sollen.
Er wischte sich Tränen aus dem Gesicht. Die nassen Wangen waren kalt. Jetzt lief ihm auch noch die Nase. Doch der Schmerz verwandelte sich allmählich in Wut und Trotz.
Er holte tief Luft. Mochte sein, dass er weichherzig war und nicht zu den Erfolgreichen der Gesellschaft gehörte, aber die beiden sollten ihn nicht unterschätzen. Auch er konnte kämpfen.
Als er ins Café zurückkehrte, gab es einen Tumult. Man versuchte, ihn rauszuwerfen. Er riss sich los und drang zur Empfangshalle vor. Auch dort stellten sich ihm Stewards in den Weg. Er packte einen von ihnen am Kragen und zischte: »Wenn Ihnen die Frau weglaufen würde wegen eines reichen Schnösels aus der ersten Klasse, was würden Sie tun, hm? Ich werde den Kerl zur Rede stellen!« Daraufhin ließ man ihn gewähren.
Er stieß die Schwingtür auf. Vor der Kabine, in der die beiden verschwunden waren, blieb er stehen und versuchte, seinen Zorn zu bändigen. Als wild gewordener Ehemann würde er Cäcilies Zuneigung sicher nicht zurückgewinnen. Er klopfte.
Stille.
Er klopfte erneut, kräftiger.
Ein Herr mit Glatze schloss neben ihm die Kabine auf. »Die beiden sind noch im Ritz«, sagte er.
»Wo ist das?«
Der Glatzköpfige stutzte. »Das wissen Sie nicht? So nennen wir das À-la-carte-Restaurant. Jeder nennt es so, dachte ich. Ist immerhin der teuerste Ort des Schiffs.«
»Wo finde ich dieses Ritz?«
Er wies hinter sich. »Das Restaurant neben dem Café Parisien.«
Matheus machte sofort kehrt. Hatte Cäcilie Heimweh nach ihrer Bankiersfamilie, nach ihrer Herkunft? Mit seinem Monatslohn konnte er sie nie in solche Restaurants ausführen. Er hätte auf seine Zweifel hören sollen, damals in ihrer Verlobungszeit, als sie beteuert hatte, dass ihr Geld nicht wichtig sei. Aber vor Samuels Geburt war sie eine andere gewesen. Sie nörgelte nicht ständig herum, nein, sie war fröhlich. Oft lachten sie gemeinsam, wenn er ihr wieder einmal im Haushalt etwas zeigen musste. »Ich werde eine gute Hausfrau sein«, sagte sie, »du wirst sehen!« Sie, die immer nur bedient worden war, sagte das aus vollem Herzen!
Sie hatte recht behalten, eine fabelhafte Hausfrau war sie geworden. Bis sie begonnen hatte, mürrisch zu werden. Er hätte viel eher mit ihr darüber reden müssen, was ihr fehlte.
Der gewiefte Journalist nutzte ihre Unzufriedenheit aus. Er spürte, dass er leichtes Spiel bei ihr hatte. Und sie tappte blind in die Falle. Warum sah sie nicht, was das für einer war?
Matheus betrat das Restaurant. Er blieb stehen, erschlagen von der Pracht des Saales. Wie in einem französischen Königspalast waren die Wände in Walnussholz gekleidet und die Decke mit Stuck verziert. Gäste saßen auf antik wirkenden Stühlen und aßen manierlich. Er fand Cäcilie und den Engländer, mit ihnen saß ein älteres Ehepaar am Tisch.
»Sir«, sagte ein Kellner und stellte sich ihm in den Weg, »dieses Restaurant ist der ersten Klasse vorbehalten.«
»Die Dame dort ist meine Frau.« Er wies in Richtung des Tischs. »Und ich gedenke, mich zu ihr zu setzen. Oder sehen Sie Ihre Aufgabe darin, Ehepaare auseinanderzureißen?« Er ließ den verdutzten Kellner stehen. Am Tisch waren alle vier Stühle besetzt, also zog er sich kurzerhand einen freien Stuhl vom Nachbartisch heran. »Guten Abend«, sagte er mit gespielter Freundlichkeit. »Sie haben doch nichts dagegen?«
Cäcilie erbleichte.
»Ganz und gar nicht«, sagte der Journalist. »Setzen Sie sich.«
»Offenbar wissen Sie nicht, wer ich bin.«
»Doch, das weiß ich.«
Cäcilie stammelte: »Wir sollten besser …«
»Bleib«, sagte der Journalist und legte ihr die Hand auf den Arm. »Wir sind erst bei der Vorspeise, und ich habe nicht vor, mir den Hauptgang verderben zu lassen.« Er wandte sich an die ältere Dame zu seiner Linken. »Bitte, ignorieren Sie diesen Flegel. Sie sagten …?«
»Ich habe mein Dienstpersonal angehalten, das Obst nicht mehr auf dem Mittwochsmarkt einzukaufen.« Die Federn auf dem Hut
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