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Tanz unter Sternen

Tanz unter Sternen

Titel: Tanz unter Sternen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Mueller
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und folgen den Regeln des britischen Handelsministeriums. Wo das Geld herkommt, spielt keine Rolle.«
    Matheus sah Cäcilie nach. Sollte er ihr hinterhergehen? Sicher lief sie zur Kabine, zu Samuel. Wenn sich ihr Schrecken gelegt hatte, würde er mit ihr reden. Jetzt war es wichtig, dem Journalisten zu zeigen, dass er künftig die Finger von ihr zu lassen hatte.
    Der Arzt sagte: »Verzeihen Sie, ich bin anderer Meinung, auch wenn ich in allen sonstigen Belangen mit Ihnen sympathisiere, Mister Tundale. Nicht umsonst unterstützt das englische Parlament die Cunard Line mit Hunderttausenden Pfund jedes Jahr, damit sie britisch bleibt. Es wird Krieg geben, das wissen wir doch alle, und dann können Schiffe zur Kriegsmarine eingezogen werden, die in britischer Hand sind. Deutschland hat mit der Hamburg-Amerika-Linie und dem Norddeutschen Lloyd eine mächtige Flotte zur Hand, zusätzlich zur Kriegsmarine, und es baut derzeit an einem Schiff, das die Titanic in den Schatten stellen soll. Wir müssen aufpassen, dass sie uns nicht überrunden. Schon jetzt hat die Hamburg-Amerika-Linie den weltweit größten Bestand an Passagierschiffen.«
    »Eben deshalb ist es wichtig,« sagte Tundale, »dass die Titanic als britisch wahrgenommen wird. Sie zeigt unsere Stärke. Wir haben sie gebaut, und wir fahren sie, punktum! J. P. Morgan kümmert mich nicht. Die Deutschen sind nichts als Nachahmer, die sich zur Größe des britischen Empire aufschwingen wollen.«
    Deutschland gegen Großbritannien, das war wie bei kleinen Kindern, die sich mit Dreck bewarfen. Matheus sagte: »Ihre erbärmlichen Versuche, mich zu beleidigen, können Sie sich sparen. Ich habe es nicht nötig, meine Heimat gegen einen skrupellosen Frauenhelden wie Sie zu verteidigen.«
    »Auch das ist typisch deutsch. Fehlen den Deutschen die Argumente, dann werden sie ausfällig.«
    Das arrogante Zucken der Mundwinkel bei Tundale reizte Matheus ärger als seine Worte. »Wenn Deutschland wirklich so ein schwächlicher Nachahmer wäre, dann hätten sich England, Frankreich und Russland nicht vor lauter Angst in der Tripelentente verbündet.«
    »Ha! Angst! Unsere neue Dreadnought-Klasse besitzt Schiffsgeschütze von so hoher Reichweite, dass Sie mit Ihren Kähnen nicht mal in die Nähe kommen.«
    »Wieso haben Sie dann solchen Respekt vor der deutschen Kriegsmarine?«, konterte Matheus. »Ihre Militärausgaben verschlin gen bereits ein Drittel des nationalen Budgets. Sie fürchten sich davor, dass wir in England anlanden könnten, so sieht es aus!«
    »Wir sind bereit. Krieg ist gesund für die Menschen, er spornt zu Leistungsfähigkeit an und merzt die Schwachen aus. Glauben Sie ja nicht, dass wir uns diesem gesunden Mechanismus verschließen. Wir Briten sind die stärkere Zivilisation, wir werden Deutschland besiegen, ohne Zweifel.«
    »So wie in der Wirtschaft?« Matheus lachte. »England hat verlangt, dass wir ›Made in Germany‹ auf die Exportware drucken – ein ärmlicher Versuch, seine eigenen Waren zu schützen. Aber anstatt abgeschreckt zu sein, kauft jetzt jedermann in Ihrem Land unsere Produkte, und ›Made in Germany‹ stellt einen Kaufanreiz dar! Wir verkaufen günstige Ware von hoher Qualität. Für Sie ist der Schuss nach hinten losgegangen. Es ist doch Fakt, dass deutsche Wissenschaftler und Ingenieure längst zur Weltspitze gehören, wir produzieren mehr Erfindungen, haben mehr Industrien und erhalten mehr Nobelpreise als jede andere Nation. Die Schwaben sind die besten Hersteller von chemischen Produkten und Präzisionsmechanik, Kohle und Stahl kommen von Rhein und Ruhr, wir haben AEG, Siemens, Krupp, Daimler-Benz, außerdem werden überall in Deutschland Gymnasien und Universitäten gegründet, Theater, Bibliotheken, Museen, Verlage!« Endlich konnte er wieder klare Gedanken fassen. Wortgewandt war er immer gewesen. Er würde diesem Kerl eine Lektion erteilen.
    Tundale schüttelte den Kopf. »Die Stärke der Deutschen ist nichts als Einbildung«, sagte er. »Wo haben Sie Ihre Häfen? In der Ostsee und in der Nordsee. Deutsche Schiffe müssen immer durch den Ärmelkanal oder um Schottland fahren. Wenn wir das nicht wollen, kommen Sie doch gar nicht zu Ihren wenigen Kolonien, weil Großbritannien Sie mit seiner stärkeren Flotte jederzeit blockieren kann! Deshalb bauen Sie hektisch Schlachtkreuzer. Sie sind militärversessen, ich weiß es, ich war in Deutschland. Ihr Kaiser zeigt sich in Kürass und Adlerhelm wie ein Feldherr, den Säbel umgeschnallt, und

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