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Tapas zum Abendbrot

Tapas zum Abendbrot

Titel: Tapas zum Abendbrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Basel Nicole Frick Marike
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wir täglich umgehen, auch, wenn wir spontan und ohne Nachdenken reagieren. Ein sehr fragendes, überraschtes »Cómo?«, wenn wir »Wie bitte? Im Ernst? Warum das denn?« ausdrücken wollen. »Gute Nacht« sagen wir auf Deutsch, genauso wie »Guten Appetit« oder »Tschüss«. (Wobei Roberto besonders gern das langgezogene, in hohen Tonlagen geflötete »Tschühüss!« vieler Deutscher imitiert.) Und morgens verabschieden wir uns meist mit »Have a good day!« Manchmal kann sogar ein einziger Satz trilingual sein. Einmal fragte Roberto: »Should we eat something?« Ich antwortete (mit pädagogischer Absicht, weil ich öfter deutsch mit ihm sprechen wollte): »Ich habe schon gegessen.« Er, überrascht: »Cómo, you have schon gegessen?«
    Paartherapeutin Elisabeth Jupiter findet unsere Sprachwahl übrigens besonders problematisch. »Weil sich keiner hundertprozentig so ausdrücken kann, wie er das möchte, wenn man eine dritte Sprache wählt.« Ich dagegen finde: Wir sind gleichberechtigt fremd in unserer Alltagssprache. Außerdem war diese Wahl nun wirklich keine bewusste: Als wir uns kennenlernten, sprach jeder um uns herum Englisch. Es war völlig selbstverständlich, dass wir diese Sprache beibehielten, als wir dann ein Paar wurden. Was auch sonst? Mein Spanisch war damals nicht alltagstauglich, und Roberto konnte außer »Fröhliche Weihnachten« und »Das Frühstück ist fertig« kein Wort Deutsch. (Warum er ausgerechnet diese Brocken lernte, entzieht sich leider meiner Erinnerung.) Umso wichtiger finde ich es, dass wir nach und nach beide die Sprache des anderen lernen.
    Elisabeth Jupiter erzählt, dass in ihrer psychotherapeutischen Praxis ausländische Klienten oft in ihre Muttersprache zurückfallen, wenn es sehr emotional wird. Sie bietet die Therapie deshalb auch auf Französisch und Italienisch an – beides spricht sie sehr gut. Und trotzdem sagt sie: »So richtig fallen lassen kann ich mich in keiner der beiden Sprachen.« Wenn sie ein Buch lese, dann immer auf Deutsch. Weil sie sich beim Lesen entspannen wolle. »Ich will da reinkippen«, sagt sie. »In einer Partnerschaft ist es das Gleiche: Da möchte man nicht viel denken.«
    Manchmal ist Elisabeth Jupiter in Italien. Sie hat einmal versucht, dort vor einheimischen Freunden Witze zu erzählen. »Ein Desaster«, sagt sie. »Keiner hat gelacht, das war einfach nur peinlich.« Ganz klar: Die Südländer haben einen anderen Humor. Jupiter sagt, der sei eher »genitaler«. So wie die Sprache allgemein. Auch bei den Spaniern kommen ständig »Cojones« und »Coño« ins Spiel. Wer die genaue Übersetzung wissen will, möge an dieser Stelle ein Wörterbuch bemühen.
    Robertos Lieblingswitz geht so: Treffen sich zwei Basken (dazu muss man wissen, dass die Basken in spanischen Witzen stets als Bäume fällende Riesen auftreten). Sagt der eine: »Ich habe gehört, du hast dich beschneiden lassen?« Sagt der andere: »Ja, stimmt.« Der erste wieder: »Ist es denn wahr, dass man die abgeschnittene Haut mit nach Hause nehmen kann?« Antwortet der andere: »Siehst du denn meine tolle neue Jacke nicht?«
    So viel zu spanischem Humor.
    Â»Das ist mir fast ein bisschen peinlich«
    So gut Roberto und ich mit unserem Drei-Sprachen-Chaos auch klarkommen – Sorgen machen wir uns trotzdem. Was, wenn wir einmal Kinder haben? Überfordern wir die nicht mit dem Sprachengewirr?
    Um das herauszufinden, treffe ich mich mit Elke Montanari, Autorin mehrerer Bücher zum Thema bilinguale Erziehung. Die Expertin macht mir sowohl Mut als auch Angst: Kinder, sagt sie gleich zu Beginn unseres Gesprächs, hätten überhaupt kein Problem mit Mehrsprachigkeit. Sie kämen sogar damit klar, wenn ein Elternteil verschiedene Sprachen anwende. Die bekannte Regel »eine Person, eine Sprache« müsse also gar nicht unbedingt sein. »Spätestens mit dem zweiten Geburtstag können Kinder verschiedene Sprachen gut auseinanderhalten. Sie orientieren sich zum Beispiel an der Satzmelodie.« Klingt alles ermutigend. Dann aber kommt das Problem. Und das, sagt Elke Montanari, seien die Eltern. Vielen sei es nämlich zu anstrengend, häufig genug und in verschiedenen Situationen in beiden Sprachen mit dem Kind zu sprechen. »Sprachumgebung schaffen«, nennt Montanari das. Und meint

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