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Tapas zum Abendbrot

Tapas zum Abendbrot

Titel: Tapas zum Abendbrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Basel Nicole Frick Marike
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Selbstbehauptung. In einer solchen Umgebung bemüht man sich, seine Privatsphäre zu wahren, sich nicht übermäßig bei anderen einzumischen, und man möchte selbst in Ruhe gelassen werden. Adrians Frau aber kommt aus einer »Kollektivgesellschaft«. Dort hat die Gruppe großen Einfluss auf das Leben des Einzelnen. Dass die Familie ihr »reinredet« oder »sich einmischt«, wie Adrian es wohl formulieren würde, findet Isabel normal. Sie ist damit aufgewachsen, dass man sich für seine Sippe verantwortlich fühlt, sie immer im Hinterkopf hat. Deshalb ist es für sie auch völlig normal, das Handeln anderer zu kommentieren und zu bewerten, Einfluss auszuüben – sich einzumischen eben.
    Paare wie Isabel und Adrian unterscheiden sich oft in ganz grundsätzlichen Ansichten über das Leben. Zum Beispiel, wenn da ein Freund vor ihnen steht und ein wenig bedrückt wirkt. »Frag ihn, was los ist, ich glaube, es geht ihm nicht gut!«, fordert Isabel ihren Mann dann manchmal auf. Der wehrt entsetzt ab: »Doch nicht hier und jetzt zwischen Tür und Angel, und noch dazu vor dir! Da warte ich, bis wir zu zweit in der Kneipe sitzen und der richtige Moment gekommen ist …«
    Oder die Frage, wie man das Wochenende verbringen sollte: Während er sich möglicherweise am Sonntagabend ärgert, nicht alles geschafft zu haben, was er sich vorgenommen hatte, ist sie vollkommen entspannt – schließlich hat sie statt Aufgaben zu erledigen eine tolle Zeit mit Freunden oder der Familie gehabt!
    Auch Roberto und ich merken immer wieder, dass ich eher ein Individualist bin und er eher ein Gruppenmensch. Zum Beispiel in den Ferien: Wann immer wir freie Tage in Spanien verbringen, bin ich auf der Suche nach einem schönen Wanderweg. Denn in meiner Kindheit gehörte Spazierengehen im Wald oder an einem schönen See entlang zum Standard-Wochenendprogramm. Herrlich, allein mit sich und der Natur zu sein! Für Roberto dagegen sieht ein entspannter Tag so aus: Schön durch die Innenstadt bummeln, mittags lecker essen gehen (und das kann ruhig zwei, drei Stündchen dauern), nachmittags ein Kaffee auf der Promenade, abends Tapas mit Freunden. Wenn ich mit »wandern gehen« ankomme, »zum Beispiel irgendwo in den Bergen«, dann gibt Roberto lediglich zurück, dass man so eine Exkursion gut planen müsse, gerade in den Bergen. Da brauche man festes Schuhwerk. Eine Route. Proviant. Und man müsse früh aufbrechen. »Das machen wir ein andermal.« In Spanien überfiel mich deshalb regelmäßig der Städte-Koller – schließlich bewegten wir uns fast ausschließlich durch eng bebaute Innenstädte und über Promenaden. Bis zum vergangenen Jahr. Damals kam meine Mutter zum ersten Mal mit nach Spanien – und kaufte sich flugs eine Wanderkarte der Region. Wir suchten uns einen Wanderweg in der Nähe heraus, fuhren zehn Minuten mit dem Auto dorthin, parkten – und gingen zwei Stunden lang in wunderschöner Natur völlig unkompliziert spazieren. Ohne Proviant, ohne festes Schuhwerk. Und ohne große Planung.
    In dem Moment war ich meinem Freund richtig, richtig böse.
    Eine Erklärung für sein Verhalten gab es aber natürlich: Das Konzept »Spazierengehen in der Natur« war Roberto schlicht fremd. Wenn er als Kind in die Natur ging, dann wurde er dafür gut gerüstet, das waren größere Wanderungen, Exkursionen, natürlich in der Gruppe. Wenn man in Spanien dagegen einfach nur mal so flanieren will, tut man das in der Stadt – schließlich gibt es in den Bergen keine Bekannten, die man zufällig treffen und mit denen man ein wenig plaudern könnte.
    Und auch die Sache mit dem Einmischen kenne ich bestens, seit Roberto und ich ein Paar sind. Als zum Beispiel mein Bruder Hannes seine erste Freundin hatte, sorgte das für viel Gesprächsstoff. Nicht etwa bei uns Familienmitgliedern, nein, in Spanien! Die Freundin war nämlich gleichzeitig die Tochter des Mannes, mit dem meine Mutter seit einigen Jahren zusammen ist. Man könnte also sagen: Hannes hat sich in seine eigene Stiefschwester verliebt. Die beiden haben nie in ein und demselben Haus gewohnt, sehen sich also in keiner Weise als Geschwister – komisch fanden wir die Situation dennoch. Aber weder meine Mutter noch ihr Freund haben ihren Kindern jemals von der Beziehung abgeraten. Das junge Paar, fanden sie, sollte einfach

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