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Tapas zum Abendbrot

Tapas zum Abendbrot

Titel: Tapas zum Abendbrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Basel Nicole Frick Marike
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Tag ist. Und wenn er nach Spanien reist, erreichen mich aus der Ferne Liebes-SMS.
    Roberto wäscht außerdem Wäsche, bügelt seine Hemden, bereitet großartige Tortillas zu, putzt (viel besser als ich), kauft ein, bringt den Müll raus, das Altpapier weg, räumt den Geschirrspüler ein und aus und bewirtet meine Familie, wenn sie zu Besuch ist. Er entspricht also in vielerlei Hinsicht nicht dem, was in unseren Breitengraden als »Macho« bezeichnet wird.
    Aber in dieser einen Sache ist er dann eben doch ein typischer »Südländer«: Roberto regt sich schnell auf. Zum Beispiel, wenn wieder einmal irgendwo in der Wohnung ein Glas herumsteht. Laut Roberto leben wir in einem von mir zu verantwortenden Chaos aus Gläsern, ständig sammele er sie ein und bringe sie dorthin, wo sie hingehörten: in den Geschirrspüler. Oft höre ich aus dem Nebenzimmer ein wutschnaubendes »Joder, Marike, no es tan difícil poner los vasos en la puta máquina!« Frei übersetzt: »Verdammt, Marike, so schwer kann es doch nicht sein, die Gläser in den verdammten Geschirrspüler zu stellen!« Ich schalte in solchen Momenten mittlerweile auf Durchzug. Tue so, als sei nichts geschehen, reagiere nicht, stelle mich taub. Denn ich weiß: In zwei Minuten wird Roberto den Kopf zur Tür hereinstecken und fragen: »Wollen wir einen Film schauen?« Als wäre nichts geschehen.
    Die ersten Male erschrak ich noch fürchterlich, wenn er mir scharfkantige Sätze vor die Füße warf. Etwa, wenn ich meine Schuhe einfach so im Flur hatte fallen lassen (» PLEASE! The shoes!«) oder zu schnell durch die Fernsehkanäle zappte (»Can you PLEASE decide?«). Wie böse er da guckte! Wie wütend seine Stimme klang! Man muss wissen, dass ich ein konfliktscheues Reh bin. Man kann mich leicht verschrecken. Ist der Ton nur etwas schärfer, so möchte ich am liebsten meine Beine in die Hand nehmen und im Wald verschwinden. Dabei wirke ich auf die meisten wahrscheinlich eher wie eine, die weiß, was sie will – und was nicht. Zum Beispiel will ich Frieden haben und von allen gemocht werden. Und Roberto störte diesen Frieden in den ersten Jahren häufig. Dann tauchte diese Zornesfalte auf seiner Stirn auf. Wenn wir in einen Streit gerieten, sagte ich irgendwann traurig: »Ich will nicht, dass wir uns streiten!« Dann kam von ihm verwundert zurück: »Aber wir streiten doch nicht, wir diskutieren!«
    Zu seiner Verteidigung: Roberto machte damals eine harte Zeit durch. Er saß an seiner Doktorarbeit, Tag für Tag allein an einem Schreibtisch in einem Land, dessen Sprache er noch nicht beherrschte, umgeben von Menschen, die nicht seine Freunde waren, sondern meine. Er verließ kaum das Haus, igelte sich ein, arbeitete vor sich hin. Je öfter ich sagte, er solle rausgehen und Freunde finden, desto allergischer reagierte er auf diese Forderung. »Ich habe keine Zeit, das weißt du doch!«, herrschte er mich dann manchmal regelrecht an. Und ich zog mich verletzt ins Schlafzimmer zurück, um meine Wunden zu lecken.
    Manchmal können Menschen sich ganz schön verändern, wenn ihre Umstände durcheinandergewirbelt werden. Ich erkannte den Mann kaum wieder, in den ich mich verliebt hatte. Und alles, was er mir geben konnte, war der Satz: »Das wird alles anders, wenn ich fertig bin.«
    Ich habe kaum etwas so herbeigesehnt, wie das Ende dieser Doktorarbeit.
    Italienisch für: »ein Haufen Scheiße«
    In diese Zeit fiel auch besagter Urlaub in Spanien. Wenn man Roberto fragt, war ich auf dieser Reise allerdings nicht ganz unschuldig an seiner miesen Laune. Ich hatte nämlich kurz zuvor meine Kreditkarte verloren – und dann gleich im ersten spanischen Hotel auch noch mein Portemonnaie liegen lassen. Dass ich nun mal eben schusselig bin, half da nicht als Ausrede. Roberto war sauer. Denn wir waren schon in der zweiten Unterkunft angekommen, hundert Kilometer entfernt, als ich den Verlust bemerkte. Und schließlich hatte er mir schon so oft gesagt, ich solle besser auf meine Sachen aufpassen. Mein Freund rief also im Hotel an, wo man nichts gefunden hatte, wir gingen zur Polizei, wo wir drei Stunden warten mussten – und erst einen Tag später kam dann doch noch der erlösende Anruf: Ein Hotelangestellter hatte meine Geldbörse entdeckt. Wir fuhren die hundert Kilometer zurück, holten sie ab und gingen erneut zur

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