Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tapas zum Abendbrot

Tapas zum Abendbrot

Titel: Tapas zum Abendbrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Basel Nicole Frick Marike
Vom Netzwerk:
dass sie es sein lassen! Sonst müssen die Leute echt alle mit dem Auto anreisen. 2000 Kilometer!
    Habe heute noch mal mein Kleid Probe getragen. Einfach nur so, um mich an den Gedanken zu gewöhnen: Bald bin ich Braut! Freu mich so. Und morgen sehen wir uns ja auch schon! Liebe Grüße, Marike«
    Dann klappe ich meinen Laptop zu und greife nach einem Stapel Etiketten. Ich habe extra einen Kalligrafiestift besorgt, um sie eine nach der anderen in Schönschrift beschriften zu können: »Zur Erinnerung an den 21. August. Marike & Roberto«. Wenn mein Freund morgen kommt, werden wir die Etiketten auf bereits mit Marmelade befüllte Gläser kleben und im Akkord kleine rote Schleifen darum binden. 65-mal. Womit man sich bei einer Hochzeit alles so zu beschäftigen hat!
    Nach einer Stunde Schönschreiben bin ich müde. Mal sehen, ob Nicole geantwortet hat. Sie hat! Mit einem Klick öffne ich ihre E-Mail.
    Â»Hallo Frau Frick! O ja – beschweren – das ist ja unsere Spezialität. :-) Aber Roberto hat recht: Wir müssen wirklich härter werden. Wir geben einfach zu schnell nach.
    Wenn du meinst, du kriegst die harte Tour nicht hin, dann würde ich auf Mitleid machen. Sag denen doch, wie lange ihr für diese Hochzeit gespart habt, und dass es dein absoluter Albtraum wäre, deine Trauung in einem kleinen dunklen Kabuff mit Bar zu vollziehen. Das würde dir die ganze Hochzeit versauen. Sag am besten auch, dass du deswegen schon seit Tagen nicht schlafen kannst. Und ganz wichtig: Dabei nicht lachen! Sonst bringt das nichts. ;-)
    Wenn du die Mitleidsmasche nicht machen möchtest, dann versuch doch einen Mittelweg. Sag freundlich aber bestimmt, dass für dich als Gast die Lösung, neben der Bar zu heiraten, völlig inakzeptabel und keine Option ist – und schreib mir später, wie es geklappt hat. Drücke dir die Daumen.
    War übrigens gerade mit Sven und seiner Frau Ruth spazieren, und Ruth erzählte, dass es für sie ganz toll war, nicht mehr drohen oder bestechen zu müssen, als sie in Deutschland ankam. So kann es eben auch seine Vorteile haben, in einer wenig streitliebenden Nation zu leben … Musst du mal Roberto erzählen. So, ich muss jetzt Schluss machen. Wollte noch mal nach Schuhen für die Hochzeit schauen. Bis morgen, ich freu mich auch! Liebe Grüße, die Frau Basel.«
    Ach, wie gut es ist, schlaue Freundinnen zu haben! Alles, was Nicole da sagt, macht in der Theorie unheimlich viel Sinn. Nur: Ob ich das auch in der Praxis hinbekommen werde? Ich will doch gerade KEINE hysterische Braut sein, die in Tränen ausbricht, weil irgendeine Kleinigkeit nicht passt!
    Netterweise bietet mein großer Bruder an, mich bei meinem schweren Gang zum Schlosshotel zu begleiten. Wir setzen uns ins Auto, fahren an bereits abgeernteten Feldern vorbei, durch winzige Dörfer, und wieder einmal freue ich mich unbändig, als wir am Ende einer Kopfsteinpflasterstraße vor dem Hotel parken und aussteigen. Das Schloss ist nicht wirklich ein Schloss, sondern eher eine Art ehemaliges Gutshaus, aber es ist von einem Park mit uralten Eichenbäumen und akkurat gemähtem Rasen umgeben; von der großen Terrasse blickt man direkt auf einen malerischen See. Es ist ganz still hier, nur ein paar Vögel ziehen laut rufend ihre Runden am immer noch bleigrauen Himmel.
    Also mal ehrlich: Wenn mein einziges Problem der Sonnenschein ist, dann darf ich mich in der Tat glücklich schätzen. Da hat Nicole schon recht. Immerhin finde ich, dass ich am schönsten Ort der Welt heiraten werde! Das mit den Fluglotsen wird schon irgendwie hinhauen – und wenn nicht, reisen die Spanier eben per Mietwagen an. Wenigstens kann ich meine Probleme alleine lösen und bin nicht auf irgendwelche blöden Behörden angewiesen.
    Ich atme tief ein und wieder aus. »Paul, du musst mir jetzt helfen«, sage ich. Mein Bruder nickt. Dann treten wir vor die Managerin. Mein Puls steigt und steigt, ich fühle mich wie ein Teenager, der mit einer Alkoholfahne vor seine Eltern tritt – und nach mehr Taschengeld zum Feiern bittet. Was für ein Blödsinn. Ich bin kein Teenager mehr, und ich habe mich auch nicht falsch verhalten! Warum nur kann ich nicht cool auf mein Recht beharren? Roberto würde das hier so viel besser rocken. Denn auch wenn er es mir noch so oft beizubringen versucht: Ich kann nun mal nicht aus meiner deutschen Haut. Ich werde wohl nie

Weitere Kostenlose Bücher