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Taquanta: Zwischen Traum und Wirklichkeit (German Edition)

Taquanta: Zwischen Traum und Wirklichkeit (German Edition)

Titel: Taquanta: Zwischen Traum und Wirklichkeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrina L. Vögele
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wünschte, mein Vater könnte mich jetzt sehen.

11.
    Er stand am Fenster, den Brief in den Händen, der vom Friedensverhandler ohne die geringste Erklärung überbracht worden war.
    Es war gut, dass er das Abkommen unterschrieben hatte. Die anderen sahen das nicht so, aber das spielte keine Rolle. Er war der Royal, und solange er die dunkelblauen Augen besass, bestimmte er. Ihm war absolut klar, dass er jetzt noch mehr um seine Sicherheit zu fürchten hatte, aber das war es wert.
    Seltsamerweise hatte er ihr unbedingt beweisen wollen, dass er kein Monster war. Oder vielleicht wollte er es
ihm
zeigen? Zum x-ten Mal fragte er sich, ob sie es geschafft hatte. Bei jedem anderen hätte er keinen zweiten Gedanken daran verschwendet, schliesslich war das Rätsel noch nie gelöst worden. Doch sie hatte etwas an sich. Etwas … Spezielles. Mit einem Seufzer drehte er den Brief in seinen Händen. Was würde wohl darin stehen? Mit einer flinken Bewegung brach er das Siegel und rollte das Pergament auseinander.
    Danke. Für alles. Den Bonsani, den Verband, das Blut. Ich weiss, ich entspreche nicht dem typischen neugeborenenVampir, aber das tat ich noch nie. Ich habe mich nie dem Ideal anderer gebeugt; so bin ich nun einmal.
    Und du bist du. Aber ich glaube nicht, dass du weisst, wer du wirklich bist. Der Krieg? Ganz sicher nicht. Die Hilfe für mich? Das bist du. Giardio hat das von dir.
    Danke auch für die Unterschrift unter das Friedensabkommen.
    Wer weiss, vielleicht sehen wir uns bald wieder. Ich hoffe aber sehr, dass es dann freundlichere Umstände sind, als die bisherigen.
    Lizzy
    P.S. Danke für das Glück – es hat geholfen. Giardio lebt, er ist zurückgekehrt.
    Beinahe hätte er das Papier fallen gelassen. Er hatte sie wieder einmal unterschätzt. Dabei hätte er sich denken können, dass sie wissen würde, von wem der Proviant stammte.
    Doch noch viel wichtiger war: Giardio lebte.
    Lächelnd drehte er sich um.
    »Kayla, habe ich dir eigentlich je von meinem Sohn erzählt?«

XIV
    Die Luft war viel wärmer als zuvor, und ich fühlte mich irgendwie anders. Verwirrt öffnete ich die Augen. Und feixte. Ungläubig und bestürzt schweiften meine Augen durch den mir nur allzu bekannten Raum. Mein Bett, der Stapel Magazine und das offene Fenster. Das konnte doch nicht wahr sein. Nein, nein, nein. Ich wirbelte herum.
    »Giardio?«, flüsterte ich.
    Keine Antwort.
    »Giardio!« Ich kniff mir in den Arm. Und wachte nicht auf. Ich kniff mir ins Bein. Und wachte nicht auf. Ich ging zum Lichtschalter und drückte ihn. An, aus. Es funktionierte. Ich rannte zum Wecker und sah auf die digitale Leuchtanzeige. Die Sekunden tickten nur so dahin, während ich auf die Zeit starrte. Auf den letzten Beweis dafür, dass ich nicht träumte. Es war zwei vor acht.
    »Nein. Nein. Nein!« Ich sah an mir herunter. Ich trug immer noch das grüne Samtkleid mit dem Pelz am Kragen und ich war immer noch in den schwarzen Mantel eingehüllt. Ich vergrub mein Gesicht in dem weichenStoff, konnte noch Spuren von Giardio wahrnehmen. Das konnte – durfte – nicht wahr sein.
    Stopp. Ich durfte mich jetzt nicht verrückt machen. Ein Problem nach dem anderen. Ich war wieder zu Hause. Dieses Kleid musste verschwinden. Das zuerst. Ich schälte mich mühsam aus den schweren Stoffen und verstand endlich, wieso Millicent mir immer beim Anziehen half, und zog mir einen unauffälligen Pullover und eine Jeans an. Viel besser. Dann ging ich in geschäftiger Weise umher, stopfte das Kleid in die hinterste Ecke meines begehbaren Kleiderschrankes und kickte meine Tasche – von Calvins Angriff blutverschmiert – unter mein Bett. Ich weigerte mich, der Tatsache ins Auge zu sehen, dass ich wieder zu Hause war und Giardio in Taquanta.
    »Lizzy!«, hörte ich eine mir vertraute Stimme durch die Gegensprechanlage. Ich erschrak so sehr, dass ich zusammenzuckte. Dad! Ich rannte zur Tür, drückte die Klinke herunter und trat in den Flur. Und dieses Mal war es wirklich unser Flur und nicht der Lichte Wald.
    Übermütig lief ich zur Treppe. Unten stand mein Vater und funkelte mich wütend an.
    »Lizzy, ich habe dich schon ungefähr fünfmal gerufen. Es gibt Essen, beeil dich!«
    »Dad!« Ich stürmte die Treppe, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, hinab und warf mich in seine Arme. Konfus erwiderte er meine Umarmung.
    »Ist ja gut, keine Sorge, ich bin dir nicht böse, nur gestresst. Es ist alles gut. Schsch.« Er strich mir übers Haar, während ich meinen Kopf an seiner

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