Taran Bd 2 - Der schwarze Kessel
schmerzverzerrtes Gesicht strafte ihn Lügen. Taran schiente die verletzte Hand, so gut es sich machen ließ. Dann reichte er Fflewddur einige Kräuter aus Adaons Beutel und sagte: »Wenn du sie gründlich zerkaust, lässt der Schmerz bald nach. Außerdem wird es gut sein, wenn du nun eine Zeit lang ruhig liegen bleibst.«
»Stillliegen?«, rief der Barde. »Jetzt, wo es darauf ankommt, das niederträchtige Ding aus dem Fluss zu fischen?«
»Überlass diese Arbeit uns«, sagte Taran. »Du kannst uns mit der gebrochenen Hand ja doch nicht helfen!«
»Wie?«, rief der Barde. »Ein Fflam ist immer zur Stelle, wenn er gebraucht wird!« Er wollte aufstehen, doch es gelang ihm nicht; stöhnend fiel er zurück.
Taran knüpfte alle verfügbaren Riemen aneinander. Dann watete er mit Gurgi und Eilonwy in den Fluss. Der Crochan lag unweit des Ufers im seichten Wasser. Er hatte sich zwischen den Felsblöcken festgeklemmt, die Wellen umspülten sein weit geöffnetes Maul. Das Traggestell hatte keinen Schaden genommen.
Taran schlang die zusammengeknoteten Riemen um einen Fuß des Crochans. Gurgi und Eilonwy mussten mit aller Kraft daran ziehen, während er selbst versuchte, die Schulter unter den Rand des Kessels zu schieben. Es gelang ihnen trotzdem nicht, den Crochan von der Stelle zu rücken.
»Wir müssen Lluagor und Melynlas vorspannen«, keuchte Taran; doch auch den Pferden glückte es nicht, den Kessel an Land zu ziehen. Schließlich kam sogar Fflewddur hinzu und zerrte mit der gesunden Hand an den Riemen. Alles vergebens!
Da wateten die Gefährten ans Ufer zurück und beschlossen, an dieser Stelle zu übernachten.
»Morgen früh, wenn wir ausgeruht sind, versuchen wir es von Neuem«, entschied der Junge.
Er blickte hinaus auf den Fluss, wo der Kessel sich gleich einem schwarzen Raubtier ins Wasser duckte, und sagte düster: »Bisher hat er uns nichts als Unheil gebracht – ich fürchte, er bringt uns noch mehr davon.«
Hinter ihm raschelte es im Dickicht. Die Hand am Schwert, schoss der Junge herum.
Eine Gestalt schritt vom Waldrand her auf sie zu.
Der Sohn des Pen-Llarcau
s war Ellidyr. Von Islimach gefolgt, betrat er den Uferstreifen. Sein Gesicht und sein schlohgelbes Haar waren von Schmutz verkrustet. Wangen und Hände wiesen blutige Risse auf. Sein Rock war zerfetzt, den Mantel schien er verloren zu haben. Er blieb vor den Freunden stehen und blickte sie aus fiebrigen Augen an.
»Ach, das trifft sich ja!«, rief er. »Der Schweinejunge, die Küchenmagd, der Harfenklimperer und das Zottelvieh! Nur der Träumer ist nicht dabei.«
»Was soll das Gespött!«, fuhr ihm Taran über den Mund. »Adaon liegt erschlagen unter dem Rasen. Du hast uns im Stich gelassen, Sohn des Pen-Llarcau! Wo bist du gewesen, als Arawns Häscher uns überfielen? Ein Schwert mehr – und vielleicht hätte Adaon nicht zu sterben brauchen!«
Ellidyr gab ihm keine Antwort. Er ließ sich erschöpft ins Gras fallen. »Gebt mir zu essen! Ich habe seit Tagen nichts mehr zu mir genommen – außer Wurzeln und Regenwasser.«
Gurgi sprang auf und zeterte. »Du übler Verräter! Du Bösewicht mit dem Wolfsgesicht! Für dich gibt’s kein Reißen-und-Beißen bei uns, für dich ganz bestimmt nicht!
»Kusch!«, zischte Ellidyr. »Oder juckt dich das Fell?«
»Gib ihm, worum er bittet!«, befahl der Junge, und Gurgi öffnete unter zornigem Knurren den Vorratsbeutel.
»Auch wenn du von uns zu essen bekommst«, sagte Eilonwy, »bist du hier unwillkommen.«
»Die Küchenmagd scheint nicht gerade erfreut zu sein, mich zu sehen«, spöttelte Ellidyr. »Offenbar ist sie bei schlechter Laune.«
»Hast du erwartet, wir würden dir um den Hals fallen?«, brummte Fflewddur. »Dazu haben wir nicht den geringsten Grund – nach dem üblen Streich, den du uns gespielt hast.«
»Was suchst du hier?«, fragte Taran. »Du hast uns verlassen und hättest uns lieber meiden sollen.«
»Ich habe euch nicht gesucht«, sagte Ellidyr schroff. »Ich suche die Marschen von Morva.«
»Dann bist du hier falsch!«, rief Eilonwy. »Aber ich kann dir die Richtung zeigen, wenn es dir recht ist. Versprichst du mir, Orddu, Orwen und Orgoch von uns zu grüßen? Wie ich sie kenne, werden sie dich mit Freuden willkommen heißen.
Ellidyr verschlang sein Essen mit der Gier eines ausgehungerten Wolfes. Dann leckte er sich die Finger ab und erklärte: »Oh, das hat gut getan! Nun fühle ich mich wohler!«
»Wie trefflich!«, rief Eilonwy. »Dann wird es dir sicher nicht
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