Tarean 03 - Ritter des ersten Lichts
passierte es. Er wunderte sich noch über die seltsamen Reittiere, die vor seinem Lieblingsgasthaus herumstanden – ein riesiger Kaltblüter, ein geschecktes Pferd, drei Greifen und eine Furcht einflößende Großkatze –, als es plötzlich und aus heiterem Himmel einen dumpfen Schlag gab. Ein weißes Licht drang aus dem Inneren der Schänke, so hell, dass es in scharf gebündelten Strahlen durch die gelben Butzenfenster fiel und selbst winzige Löcher und Risse in der Fassade zum Glühen brachte. Es hatte den Anschein, als sei unvermittelt ein Stern vom Firmament gestürzt und gleißend durch das Dach des Hauses in den Schankraum eingeschlagen.
Der Schecke machte einen leichten Satz und schnaubte erschrocken. Die Großkatze duckte sich und schlug unruhig mit dem Schwanz.
Das unglaubliche Lichtspektakel währte ungefähr vier Herzschläge, dann wurde es schwächer und verebbte schließlich völlig.
Die Vogelpferde krächzten nur und wackelten mit den Köpfen. Ansonsten schienen sie nicht sonderlich beeindruckt – ganz im Gegensatz zu Rodek, der erst nach einigen weiteren Augenblicken bemerkte, dass sein Mund offen stand und seine Pfeife zu Boden gefallen war. Langsam beugte er sich herab und hob sie auf. Mit den bedächtigen Bewegungen eines Mannes, der seinen Sinnen nicht mehr traut, klopfte er sie aus, steckte sie in seine Brusttasche und murmelte: »Jaja.« Dann machte er auf dem Absatz kehrt, tapste die Straße hinab und drehte sich nicht mehr um.
»Was bei allen Dämonen der Dunkelreiche ist passiert? Ist alles in Ordnung?« Der Wirt hatte die Tür aufgerissen und war mit einer unglaublich großen Armbrust im Anschlag hereingestürzt. Als er das furchtbare Durcheinander sah, prallte er ungläubig zurück.
Alle Stühle in dem Raum waren umgekippt, und ein Teil des Zierrats, der an den Wänden gehangen hatte, war heruntergefallen. Die Tischplatten wirkten wie leer gefegt, stattdessen lagen Geschirr, Besteck, Bierhumpen und die Teller mit den Speisen überall auf dem Boden verteilt. Ein weißlich schimmernder Qualm hing in der Luft, der sich allerdings schnell verflüchtigte.
Tarean und seine Gefährten kamen ächzend und stöhnend auf die Beine, zogen ihr Rüstzeug gerade und klaubten sich Essensreste aus Federn, Fell und Kleidung. »Ja.« Ritter Hattson räusperte sich geräuschvoll. »Es geht uns gut, vielen Dank. Es gab einen kleinen Zwischenfall. Nichts von Bedeutung. Eure Gäste brauchen sich nicht zu sorgen.«
Der Wirt war Söldner und erkannte daher eine Aufforderung, sich um seinen eigenen Kram zu kümmern, wenn sie ihm begegnete. Dennoch zögerte er noch einen Moment, bevor er sich mit einem Knurren abwandte und zurück in die Gaststube verschwand.
Die drei Kristalldrachenritter und Tareans Freunde blickten sich stumm an. Hattson hatte nur die halbe Wahrheit gesagt. Die Gäste des »Blauen Schwertes« brauchten sich in der Tat einstweilen keine Sorgen zu machen. Aber für sie selbst galt das nicht. Gongathar hatte ihnen offensichtlich den Krieg erklärt.
17
SCHATTEN ÜBER NONDUR
»Wir kommen nicht durch!«, schrie der nondurische Hauptmann. »Wir müssen uns zurückziehen.«
»Das kommt nicht infrage!«, brüllte General Jaular zurück. »Wir durchbrechen die Linie der Kazzach da vorn und bergen die Männer des Aufklärers. Wir können es uns nicht leisten, dass der Feind schon wieder zwanzig neue Gefangene macht, sie ermordet und dann gegen uns selbst zurück ins Feld schickt.«
»Aber das ist Wahnsinn. Wenn diese zweite Streitmacht uns erreicht, werden wir einfach so überrannt.« Auf der Miene des hundeköpfigen Offiziers standen Zorn und Verzweiflung.
»Dann unternehmt etwas dagegen, beim Barte des Padeschdahs. Setzt von mir aus die Steppe in Brand. Oder jagt ein Brandschiff in die feindlichen Reihen.«
»Wir haben nur noch zwei vorbereitete Brandschiffe. Wenn wir jetzt schon eines davon zum Einsatz bringen, fehlt es uns vielleicht beim Rückzug.«
»Das hier ist keine Debatte bei Tee und Wasserpfeife, Hauptmann!« Jaular funkelte seinen Untergebenen wütend an. »Wir sind im Krieg, und ich bin der General. Also geht mir aus den Augen und befolgt gefälligst Eure Befehle. Und die lauten, dass wir dem Feind keinen einzigen Nondurier mehr überlassen. Keine Toten, keine Verwundeten und schon gar keine, die noch leben und nur mit ihrem verdammten Flugschiff abgestürzt sind.«
Der Hauptmann biss die Zähne zusammen und salutierte, indem er sich mit der Faust gegen die Brust
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