Tarean 03 - Ritter des ersten Lichts
letzten Hundert Schritt gab ihr Führer seinem Pferd die Sporen und preschte voraus, um sie anzukündigen. Daraufhin scherte ein kleiner Reitertrupp aus und kam ihnen entgegen.
Allen voran ritt der Hochkönig der Alben. Er trug die kunstvoll geschmiedete smaragdgrüne Rüstung, die er bereits in der Schlacht um At Arthanoc angehabt hatte, und ritt auf einem weißen Schlachtross, das dem Kaltblüter Hattsons an Größe nur wenig nachstand. Sein edles fahlgraues Gesicht, das von langem weißem Haar umflossen wurde, war völlig reglos. Die bernsteinfarbenen Augen hingegen glühten im Zwielicht des regnerischen Nachmittags wie winzige Kerzen und verrieten Iegi, dass der König innerlich keineswegs so ruhig war, wie er sich äußerlich gab – zumindest glaubte der junge Vogelmensch das aus seinen Erfahrungen mit Auril sagen zu können, deren Augen immer dann besonders stark leuchteten, wenn sie sich freute oder wütend war.
Zu Jeorhels Linken ritt ein ebenfalls gerüsteter Alb mit strahlend violetten Augen, auf dessen Antlitz sich allerdings recht unverhohlen eine Mischung aus Furcht und Erregung abzeichnete. Zur Rechten begleitete ihn ein kahlköpfiger Berg von einem Mann, der ein Gesicht zog, als habe er in eine Zitrone gebissen, und dessen Waffenrock ihn als Mitglied der Agialonischen Garde auswies. Ein Mönch sowie ein Mann, der entweder ein Gelehrter oder gar ein Zauberkundiger war, folgten den dreien.
Jeorhel zügelte sein Pferd, und auf sein Zeichen hin stiegen er und seine Begleiter ab. Iegi und die anderen taten es ihnen gleich. Der Hochkönig trat vor, breitete die Arme aus, und seine Miene verzog sich zu einem Lächeln. »Das wilde Herz Nondurs mag sich verfinstert haben, und selbst über unseren Köpfen mag der Himmel grau sein. Ich nenne diesen Tag trotzdem einen guten Tag, denn alte Kampfgefährten, die ich lange tot glaubte, kehren zu uns zurück.« Er wandte sich Aurils Mutter zu. »Es tut gut, Euch zu sehen, Ritterin Zaeena Tsaar. Euer Volk hat Euch vermisst.«
Die Ritterin hatte den Helm abgenommen und schien sich ein wenig unwohl in ihrer Haut zu fühlen. »Ah … Hochkönig Jeorhel, es ist mir eine Ehre und Freude, Euch erneut begegnen zu dürfen.« Wie zuvor Hattson stellte sie Iegi und die anderen kurz vor.
Der Albenkönig schenkte allen ein knappes Nicken, Iegi sprach er sogar an. »Wir kennen uns bereits. Ihr habt voller Tapferkeit vor den Mauern von At Arthanoc gekämpft. Euer Vater ist ein mutiger Mann, dass er seinen Erben und Thronfolger allein in die Dunkelheit von Nondur schickt.«
Der Taijirinprinz versuchte mit keiner Regung die unerfreulichen Umstände seiner Verbannung aus Airianis preiszugeben, als er sagte: »König Ieverin bedauert, dass seine Kräfte im Augenblick an anderer Stelle gebunden sind, aber er hielt es für wichtig, ein Zeichen zu setzen, dass auch die Taijirin an der Seite der Kristalldrachen streiten. Daher sandte er mich aus, Tarean und seine Freunde zu begleiten.«
Jeorhel runzelte die Stirn. »Wo sind der Sohn Anreons und Eure übrigen Gefährten eigentlich?«
»Sie suchen im Auftrag von Questoi dem Chronisten nach dem Ersten Licht«, erwiderte Zaeena an Iegis Stelle. »Die Geschichte ist etwas länger, daher sollten wir sie Euch vielleicht berichten, wenn wir wieder auf dem Weg sind.«
»Tarean hat Questoi gefunden?«, mischte sich auf einmal der Mönch ein. Die Augen in seinem faltigen Gesicht funkelten begeistert.
Aurils Mutter nickte, dann irrte ihr Blick fragend zu Jeorhel.
»Ich bin unhöflich«, bekannte der Hochkönig. »Erlaubt mir, Euch meine Begleiter vorzustellen. Der Alb an meiner Seite ist Sinjhen, mein treuer Berater. Einige von Euch sind ihm bereits früher schon begegnet.«
Aurils Vater beugte stumm den Kopf zum Gruß, doch seine Augen ruhten unverwandt auf Zaeenas Gestalt.
»Dies ist Marschall Urbas von Agialon, der Anführer der Agialonischen Garde und aller menschlichen Verbündeten, die in diesem Heer marschieren.« Der König deutete auf den glatzköpfigen Veteranen. »Und diese beiden Herren sind Bruder Lanfert, übrigens ein ehemaliger Scholar aus den Reihen des Kristalldrachenordens, wenn ich mich recht entsinne, sowie Magister Dinriol, ein Erforscher der Alten Macht und einstiger Dozent an der Akademie des Wissens. Beide haben ihre außergewöhnlichen Kenntnisse in unsere Dienste gestellt.«
»Lanfert!« In Zaeenas Augen blitzte Erkennen auf. »Euer Name ist mir vertraut. Aber ich hätte Euch nicht wiedererkannt.«
»Nun ja, es
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