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Tarean 03 - Ritter des ersten Lichts

Tarean 03 - Ritter des ersten Lichts

Titel: Tarean 03 - Ritter des ersten Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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von einem Moment zum nächsten Einzug gehalten hatte, offenbar keineswegs bewusst. »Ich sollte dich hierherbringen. Das habe ich getan. Jetzt werde ich erst mal ein Silberblütenbad nehmen, glaube ich. Ich stinke ja noch ganz furchtbar nach Spinnennetz. Gehab dich wohl, Riese. Vielleicht sehen wir uns mal wieder. Oder auch nicht.« Goldblüte winkte zum Abschied und schoss dann davon, um sich zu ihren Artgenossinnen zu gesellen.
    »Warte!«, rief Tarean. »Ich weiß doch gar nicht …« Er brach ab und fügte dann murmelnd hinzu: »… wo ich jetzt hin soll.« Irgendwie kam ihm das Verhalten des Irrlichts schmerzlich bekannt vor. Auch Moosbeere hatte ihn gelegentlich einfach so stehen lassen, um ihren eigenen Interessen nachzugehen.
    Er trat ein paar unschlüssige Schritte auf die Lichtung hinaus und ließ suchend den Blick schweifen. Es galt, jemanden zu finden, dem er Moosbeeres sterbliche Überreste anvertrauen konnte. Es hätte ihm nicht behagt, die hölzerne Schatulle einfach ins Gras zu stellen, sich abzuwenden und so zu tun, als hätte er damit den letzten Wunsch seiner Gefährtin erfüllt.
    Ein paar der Irrlichter, die in der Nähe umherschwebten, warfen ihm halb neugierige, halb schüchterne Blicke zu. Doch sie kamen weder näher, noch sprachen sie ihn an, und als Tarean einen Schritt auf die kleine Gruppe zu machte, stob diese zwitschernd auseinander wie ein Schwarm zeternder Spatzen, wenn ein Kater naht.
    Auf einmal war ihm, als hätte ihm eine winzige Hand ganz zart über den Nacken gestrichen. Tarean runzelte die Stirn und sah sich verwundert um, aber da war niemand. Als er den Kopf zurückdrehte, wurde sein Blick von dem gewaltigen Baum gefangen genommen, der in der Mitte der Lichtung wuchs. Sah man einmal davon ab, dass er allein durch seine schiere Größe das kleine Reich der Irrlichter beherrschte, wies nichts darauf hin, dass irgendetwas außergewöhnlich an ihm sein könnte. Und dennoch fühlte sich der Junge auf einmal wie magisch zu dem uralten Riesen hingezogen. Er wusste einfach, dass dort sein Ziel lag, ohne dass er hätte sagen können, woher er diese Gewissheit nahm.
    Mit bedächtigen Schritten näherte er sich dem Baum. Dabei fiel sein Blick immer wieder auf den Pfad zu seinen Füßen, denn wie noch nie zuvor in seinem Leben spürte er, dass alles um ihn herum – das Gras, die Sträucher, die Blumen – von Geist erfüllt war. Es handelte sich um keinen wachen Geist, wie er im Körper eines Irrlichts oder eines Menschen beheimatet war. Dennoch lebte jede Pflanze an diesem verzauberten Ort so spürbar, dass er es sich nicht verziehen hätte, wäre eine von ihnen durch seine Unachtsamkeit zu Schaden gekommen.
    Tarean hatte sich dem mächtigen Stamm des Riesenbaumes bis auf wenige Schritte genähert, als plötzlich etwas Unerwartetes geschah. Mit dem Ächzen und Knarren uralten Holzes kam Bewegung in die dicke Borke, und ein mannshoher Spalt öffnete sich direkt vor dem Jungen. Helles gelbweißes Licht fiel aus dem Inneren. Unwillkürlich blieb Tarean stehen und hob geblendet die Hand vor die Augen. Er blinzelte und versuchte angestrengt, den Raum hinter dem Spalt auszumachen, doch mehr als verschwommene Schemen, die sich geisterhaft durch die beinahe stoffliche Helligkeit bewegten, vermochte er nicht zu erkennen.
    Er biss sich unsicher auf die Unterlippe. Dann holte er tief Luft, straffte die Schultern und wollte soeben durch die Öffnung treten, als ihn ein Gedanke erneut innehalten ließ. Seine Hand glitt in seine Reisetasche, und er holte die Schatulle mit Moosbeeres totem Leib hervor. »Du sollst nicht weiter in diesem Sarg liegen«, flüsterte Tarean leise, während er das Kästchen aufklappte. »Ich will dich auf meinen Händen zu den Deinen tragen.« Behutsam hob er seine federleichte, leblose Gefährtin empor. Auf seinem Antlitz spiegelten sich Trauer und Zärtlichkeit wider, als er sie in seine Handfläche bettete.
    Tief in seinem Inneren meldete sich auch gelindes Erstaunen. Tagelang hatte er kein Bedürfnis danach verspürt, die Schatulle zu öffnen. Er hatte es sogar absichtlich vermieden, denn der Anblick Moosbeeres versetzte ihm jedes Mal aufs Neue einen Stich ins Herz. Auf einmal allerdings war der Drang, sie auf seinen Händen zu tragen und sanft an seiner Brust zu bergen, übermächtig geworden. Es hatte sich einfach richtig angefühlt, so zu handeln, aber er vermochte nicht zu sagen, weshalb.
    Er schob seine Zweifel zur Seite und trat durch die Öffnung ins Innere des

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