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Tarean 03 - Ritter des ersten Lichts

Tarean 03 - Ritter des ersten Lichts

Titel: Tarean 03 - Ritter des ersten Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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– die Quelle des seltsam diffusen Gleißens war, das an diesem Ort herrschte, denn es leuchtete so intensiv, als wäre die Rinde nichts weiter als eine dünne, durchsichtige Haut, unter der vor schierer Helligkeit pulsierende Adern verliefen.
    Mehrere Manneslängen strebte das Wurzelwerk in die Höhe, bevor es sich im hellen Dunst verlor. Eine Decke war nicht zu erkennen. An vielen Stellen hatten sich auf natürliche Weise Sitzgelegenheiten und Nischen aus den Wänden herausgebildet, und auch die Durchgänge zu den Nachbarkammern schienen nicht mit Gewalt aus dem Holz geschlagen, sondern schlichtweg von selbst entstanden zu sein. Tarean konnte sich des Gefühls nicht erwehren, dass all dies einfach gewachsen war, so als sei der Bauplan für diesen fantastischen Ort bereits in der Frucht angelegt gewesen, aus welcher der Riesenbaum einst hervorgegangen war. Aber wir können uns unmöglich noch im Inneren des Baumes befinden, dachte der Junge zweifelnd. Diese Kammern sind viel zu groß, um in seinem Stamm Platz zu finden, so gewaltig er auch sein mag. Er fragte sich, ob es möglich war, dass der Baum im Inneren größer war als an der Außenseite.
    Einige der Kammern waren leer und boten, abgesehen von ihrer ungewöhnlichen Beschaffenheit, nur wenig, was für den Jungen von Interesse war. Der überwiegende Teil aber wurde von Irrlichtern bevölkert, die gesellig beisammensaßen oder -standen, leise lachten und in einer eigentümlich melodischen Sprache plauderten, die Tarean nicht verstand. Der Junge nahm das mit gelindem Erstaunen zur Kenntnis, denn sowohl Moosbeere als auch Goldblüte hatten ihn vom ersten Moment ihres Zusammentreffens in der Sprache der Menschen angesprochen, sodass er unwillkürlich davon ausgegangen war, dass es sich dabei irgendwie auch um die Mundart der winzigen leuchtenden Geschöpfe handelte – bei genauerem Nachdenken eine ziemlich unsinnige Annahme.
    Mehr denn je wurde ihm bewusst, dass er eigentlich überhaupt nichts über diese Kinder der Alten Macht wusste, sah man von dem wenigen ab, das er bei Moosbeere beobachtet hatte. Sie schienen schlafen zu müssen, aber mussten sie auch essen? Er konnte sich nicht daran erinnern, dass seine winzige Gefährtin auch nur eine Beere verspeist hätte. Es gab ganz offensichtlich Irrlichtfrauen, aber existierten auch Irrlichtmänner – und wenn ja, wo waren sie alle? Tesh Ilmarin jedenfalls erweckte den Eindruck, als sei es einzig von holden blonden Maiden bewohnt, von denen im Übrigen keine auch nur einen Tag älter als dreißig Sommer aussah, obwohl Irrlichter vermutlich ein Vielfaches an Jahren erreichten. Zumindest wenn Moosbeeres Worte der Wahrheit entsprachen, laut denen sie hundert Jahre in einem Einmachglas verbracht hatte, ohne dass sich auch nur eine einzige Falte in ihr hübsches Gesicht gegraben hatte. Er hatte tausend Fragen, und er würde vermutlich auf keine von ihnen jemals eine Antwort bekommen. Ich bette Moosbeere an dem Platz, den Mondentau mir weist, zur letzten Ruhe nieder, und dann werde ich diesem Ort den Rücken kehren und ihn wahrscheinlich nie wieder betreten , dachte er bedrückt.
    Sie passierten eine vergleichsweise geräumige Kammer, die von einem mehrere Schritt durchmessenden Lichttümpel fast zur Gänze ausgefüllt wurde. Ein schmaler Uferstreifen zog sich an der gesamten Wand entlang, auf dem zu Tareans Erstaunen fragile, beinahe gläsern wirkende Blumen wuchsen, die – wie alles andere an diesem Ort – von innen heraus ein sanftes Licht verströmten. Ein paar Irrlichter saßen zwischen ihnen auf dicken Wurzelsträngen und ließen die nackten Beine in das flüssige Licht baumeln, während sie gleichzeitig über die langen Blütenblätter der Blumen strichen. Dabei entlockten sie ihnen einen zitternd klirrenden Ton, wie Tarean ihn bereits draußen auf der Lichtung vernommen hatte.
    Eine breite Holzwurzel spannte sich einer gewachsenen Brücke gleich über den Tümpel, und Mondentau führte Tarean darüber hinweg und in eine weitere Kammer. Diese nun war das Sonderbarste, was der Junge seit dem Betreten der wundersamen Welt der Irrlichter zu Gesicht bekommen hatte. Der gesamte Boden der unerwartet weitläufigen Kammer war von gelblich glühendem Nebel bedeckt, dessen Schwaden träge umherwallten und dabei an den gut armdicken Stängeln gläsern wirkender Blumen emporleckten, die in unregelmäßigem Abstand aus dem Dunst ragten. Die Blumen hatten prachtvolle, weit ausladende Kelche mit breiten Blütenblättern, und

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