Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tarean 03 - Ritter des ersten Lichts

Tarean 03 - Ritter des ersten Lichts

Titel: Tarean 03 - Ritter des ersten Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
Vom Netzwerk:
kunstvoll hochgesteckt und hatte Augen von so zart violetter Färbung, dass sie an Vergissmeinnicht in der Abenddämmerung erinnerten. Ihr Gewand war – im Gegensatz zu denen der anderen Anwesenden – von bodenlangem Schnitt, hatte weite Ärmel und lief in einer kurzen Schleppe aus. Es verlieh ihr eine hoheitsvolle Aura, die durch ihre ruhige, anmutige Haltung und den milden Ernst in ihrer Stimme noch verstärkt wurde. Tarean hatte keine Vorstellung von den Herrschaftsstrukturen der Irrlichter, aber wenn diese so etwas wie eine Älteste oder eine Königin besaßen, dann musste Mondentau es sein.
    »Und woher kennt Ihr meinen Namen?«, fragte er.
    Die Irrlichtfrau lächelte. »Der Cerashmon hat uns wissen lassen, dass du auf dem Weg zu uns bist.«
    »Oh.« Mehr wusste der Junge auf diese Eröffnung nicht zu erwidern. »Ich verstehe.«
    Mondentau senkte den Kopf und betrachtete Moosbeere. »Ich sehe, dass du meine Tochter zu mir zurückbringst. Das ist sehr freundlich von dir.« Zärtlich strich sie Tareans Gefährtin mit einer Hand das Haar aus dem Gesicht. Sie wirkte kein bisschen bekümmert, sondern eher glücklich, wie eine Mutter, die nach langer Reise nach Hause zurückkehrt und ihr Kind friedlich schlafend in seinem Bett vorfindet.
    Tarean schluckte trocken. »Moosbeere ist Eure Tochter?«
    »Aber ja«, bestätigte ihm die Irrlichtfrau mit einem Gesichtsausdruck, als habe er etwas ausgesprochen Törichtes gefragt. »Sie war lange fort. Ich fürchtete schon, sie niemals wiederzusehen. Das hätte mich traurig gestimmt.«
    »Es … es tut mir leid«, brachte der Junge mit gepresster Stimme hervor.
    »Was?«
    »Dass sie tot ist.« Er umfasste Moosbeeres Schulter, und seine Hand grub sich unwillkürlich in ihre weiche Haut. »Aber sie ist für eine edle Sache gestorben. Sie hat mich und meine Freunde – uns alle – gerettet und die Kristalldrachen aus ihrem Kerker in den Dunkelreichen befreit.«
    Ein kaum wahrnehmbares Stirnrunzeln huschte über Mondentaus Züge. Sie sank erneut in die Hocke und fuhr mit den Fingerspitzen ihrer linken Hand die Konturen von Moosbeeres Gesicht nach. Ihre Miene wirkte seltsam abwesend. Dann richtete sie den Blick ihrer geheimnisvollen violetten Augen erneut auf Tarean, nahm sein Gesicht in beide Hände und musterte ihn mit einer Eindringlichkeit, als wolle sie direkt in die Tiefen seiner Seele schauen. Der Junge wagte nicht, sich zu rühren, auch nicht, als sich die Irrlichtfrau vorbeugte und ihm einen Kuss auf die Stirn hauchte. »Folge mir«, sagte sie, während sie aufstand.
    »Was ist mit Moosbeere?«, erkundigte sich Tarean.
    »Bring sie mit dir. Was wir zu besprechen haben, betrifft sie genauso, wie es dich betrifft.« Mit diesen Worten schritt Mondentau in das tiefe Weiß hinein, das sie umgab.
    Der Junge rappelte sich auf und hob seine Gefährtin empor. Jetzt, wo er darauf vorbereitet war, bereitete es ihm keine Mühe, das leichte Irrlicht auf seinen Armen zu tragen. Die übrigen Irrlichter um ihn herum wichen zurück und öffneten eine Gasse, die es ihm erlaubte, Mondentau zu folgen.
    Mittlerweile hatten sich seine Augen auch an die Helligkeit gewöhnt, die an diesem Ort herrschte. Genau genommen strahlte das Licht gar nicht so gleißend, wie es ihm im ersten Moment beim Betreten des Baumes vorgekommen war. Ein Blick in die entzündete Spitze des Drachenstabs oder die Aura einer wutentbrannten Moosbeere schmerzte mehr. Dass Tarean trotzdem kaum fünf Schritt weit sehen konnte, lag vielmehr daran, dass dieses Licht von einer seltsam verdichteten, ja beinahe flüssigen Art war. Schon zweimal hatte er dergleichen in der Vergangenheit erlebt – im Bad der Tränen bei den Unterirdischen in Tiefgestein und im Inneren von Moosbeeres Aura, wann immer sie ihm als menschengroße Frau erschienen war. Es hängt alles irgendwie miteinander zusammen , schoss es Tarean durch den Kopf, während er schweigend hinter Mondentau herschritt.
    Je weiter sie sich voranbewegten, desto besser vermochte er sich zu orientieren. Es schien, als führte sie ihr Weg durch eine in die Tiefe reichende Flucht von miteinander verbundenen Kammern. Der Untergrund war uneben, und in einigen der etwas tieferen Mulden hatten sich Lachen aus Licht gebildet. An den Rändern der Kammern ging der Boden ohne erkennbaren Bruch in Wände über, die den Eindruck erweckten, aus dickem, knotigem Wurzelwerk zu bestehen. Das Holz war von milchigweißer Farbe, und Tarean nahm an, dass es – zumindest zu einem gewissen Grad

Weitere Kostenlose Bücher