Tarean 03 - Ritter des ersten Lichts
unseren Sieg gebaut hatten, sie machte den Grimmwolf nur noch stärker, statt ihn zu bannen. Jeorhel bemerkte das auch, und er beschwor Anreon, das Ritual zu beenden, doch dieser konnte es nicht. Da hob der Hochkönig der Alben sein machterfülltes Schwert. Alles, was ich sah, war der König, der sich anschickte, meinen Ritter niederzustrecken.«
»Nein, Herr!« Trotz seiner Furcht vor dem in tosenden Flammen stehenden Monstrum, das den rûnländischen Helden zerschmettert hatte und nun mit dumpfen, den Erdboden erschütternden Schritten näher kam, warf sich der Bursche nach vorn. Er packte das Schwert Esdurial, das neben Anreon im Boden gesteckt hatte, mit beiden Händen, riss es empor und fing den gewaltigen Schwertstreich Jeorhels, einen perfekt ausgeführten, schimmernden Halbkreis aus Stahl, im letzten Augenblick ab.
»Es fühlte sich an, als hätte mich der Hammer Jerups getroffen. Schreiend vor Schmerz und mit gebrochenem Arm fiel ich zu Boden. Aus den Augenwinkeln sah ich, dass auch Anreon mit dem Gesicht voran in den kalten Schlamm fiel. ›Was hast du getan, Unseliger?‹, schrie mich der Hochkönig an, während in seinem Rücken der Grimmwolf triumphierend aufheulte. Hitzewellen brandeten über uns hinweg, als das Ungeheuer auf den Gefallenen zuschritt. Nur halb bei Bewusstsein bekam ich mit, wie Jeorhel mir Esdurial entriss, es einem seiner Begleiter zuwarf und mich dann am Arm packte, um mich fortzuschleifen. ›Nein‹, schrie ich und setzte mich zur Wehr. ›Wir müssen Herrn Anreon helfen.‹ Doch Jeorhel versetzte mir einen Schlag ins Gesicht und rief: ›Ihm ist nicht mehr zu helfen. Ritter Anreon ist tot. Nun komm zu Sinnen, wenn wenigstens du leben willst.‹ Stolpernd kam ich auf die Beine, und halb blind vor Schmerz und Trauer folgte ich dem Albenherrscher und seinen Soldaten. Einen letzten Blick warf ich über die Schulter, und dieses Bild werde ich mein Lebtag nicht mehr vergessen. Es wird mich immer daran erinnern, dass ich möglicherweise einen furchtbaren Fehler begangen habe, indem ich meinem Herrn den gnädigen, schnellen Tod durch das Schwert Jeorhels verwehrte …«
Der Grimmwolf beugte sich über Tareans Vater und berührte ihn mit seiner schwarzen Schnauze. Ein Grollen drang aus der Kehle des Dämons, und die Flammen an seinem Leib schlugen hell in den dunklen Himmel empor. Ein seltsames Schimmern stieg von dem Gefallenen auf, und ein grausiger Schrei war zu hören, der durch Mark und Bein ging. Im gleichen Augenblick fing Anreons Körper samt Mantel und Rüstung an zu verdorren, wurde schwarz und spröde und zerfiel zu feiner, flockiger Asche.
Tarean zuckte zusammen und riss die Augen auf. Ein breites, bärtiges Gesicht schwebte über ihm, und er erschrak erneut, bevor er Bromm erkannte, der sich in seiner Menschengestalt über ihn beugte. »Alles in Ordnung, Wunderknabe?«, fragte der Werbär, und in seiner volltönenden Stimme schwang unüberhörbare Besorgnis mit.
»Ja, es geht schon. Danke.« Verstört schaute sich der Junge um und stellte fest, dass er auf dem Küchenboden lag, neben einem umgestürzten Schemel. Um ihn herum standen Beornhard, Haffta, Bromm und Auril, während Moosbeere unruhig unter der Zimmerdecke schwebte.
Ächzend ließ sich Tarean von dem Freund auf die Beine helfen. »Bromm. Auril. Was ist denn passiert?«, fragte er und rieb sich über den schmerzenden Kopf. Eine ansehnliche Beule wuchs dort unter seinem Haarschopf.
Es war Beornhard, der antwortete. »Ich erzählte dir gerade von der Schlacht auf dem Drakenskal-Pass, als du plötzlich ohnmächtig geworden bist. Du bist einfach so, ohne Vorwarnung, vom Stuhl gefallen. Noch während ich mich voller Schrecken fragte, was denn bloß geschehen sei, kamen deine Freunde nach Hause. Und dann bist du auch schon wieder aufgewacht.«
»Was ist denn geschehen?«, erkundigte sich Auril.
Die Albin hatte ihre graue Stirn in Falten gelegt und bedachte Tarean mit einem sonderbaren Blick aus ihren leuchtend grünen Augen. Sie trug ihr langes schwarzes Haar zu einem Zopf geflochten, der ihr über die Schulter hing, und Tarean fiel auf, dass ihre Kleidung – übrigens genau wie die von Bromm – von feinem Steinstaub bedeckt war, der auf unangenehme Weise an Asche erinnerte. Er schauderte innerlich, doch nach außen versuchte er eine Maske der Arglosigkeit zu bewahren. »Nichts. Ich weiß es selbst nicht so genau. Ich habe plötzlich Bilder von der Schlacht am Drakenskal vor Augen gesehen und …« Er brach ab und
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