Tarean 03 - Ritter des ersten Lichts
wochenlang nicht mehr in Bergspitze blicken lassen.
»Wenn Ihr ihn erwischt, sagt ihm, dass ich mein Geld sehen will!«, brüllte ihnen der Wirt nach, als sie zur Tür hinausstürzten.
Auf den abendlichen Straßen von Bergspitze herrschte nicht mehr ganz so viel unübersichtliches Treiben wie noch am Tage. Ungünstigerweise befand sich das »Glückes Schmied« aber in einem Bereich der Unterstadt, der von einem Geflecht aus engen Gassen durchzogen war. Sie rannten bis zur nächsten Kreuzung und blickten sich in alle Richtungen um. Von Halfbadur war keine Spur zu sehen.
»Moosbeere, schau dich um. Iegi, versuch dir einen Überblick von oben zu verschaffen«, wies Tarean seine Freunde an.
»Er soll uns nicht entkommen«, versprach Iegi und schwang sich mit einem kräftigen Flügelschlag in die Luft.
Moosbeere jagte unterdessen wie der Blitz davon, um die Gassen abzufliegen und nach dem Flüchtigen Ausschau zu halten.
»Ist es klug, ein Irrlicht in diesem Gassengewirr allein losfliegen zu lassen?«, fragte Janosthin.
»Keine Sorge.« Tarean lächelte. »Wenn Moosbeere eine Gabe hat, dann die, mich überall wiederzufinden.«
Als wolle sie seine Worte unterstreichen, war seine winzige Gefährtin im nächsten Moment schon wieder da. »Hab ihn gefunden. Folgt mir!« Sie machte kehrt und zischte die Gasse hinab.
»Warte, Moosbeere, nicht so schnell«, rief der Junge ihr nach, während er sich mit dem Setten an die Verfolgung machte. Sie rannten die Gasse entlang und bogen dann unter Moosbeeres Führung nach rechts. Janosthin blieb bald zurück, denn seine kurzen Beine konnten mit denen Tareans nicht mithalten. Doch darauf konnte der Junge im Augenblick keine Rücksicht nehmen, ansonsten würde er Halfbadur niemals einholen.
»Lauf nur«, sagte Janosthin keuchend. »Ich komme nach. Ich bin direkt hinter euch. Sozusagen …«
Mit einem Flügelrauschen zog Iegi über ihre Köpfe hinweg. »Er ist etwa fünfzig Schritt vor euch und läuft in Richtung Norden«, verkündete er den Verfolgern am Boden.
»Bist du sicher, dass es Halfbadur ist?«, rief Tarean.
»Es ist der einzige Bursche, der hier durch die Straßen rennt. Viel mehr konnte ich auch nicht erkennen«, entgegnete Iegi. »Hoffen wir, dass es nicht noch mehr Leute gibt, die es im Augenblick furchtbar eilig haben.«
Das hoffte Tarean auch. Er biss die Zähne zusammen und verdoppelte seine Anstrengungen. Glücklicherweise schien Halfbadur nicht auf den Gedanken zu kommen, sich einfach irgendwo zu verstecken. Aber vielleicht ahnte er auch, dass es ihm schwerfallen würde, der Aufmerksamkeit Moosbeeres zu entgehen.
»Ich versuche ihn aufzuhalten«, beschloss der Taijirinprinz, vollführte eine Rolle in der Luft und flog wieder voraus.
»Hier links«, rief Moosbeere unterdessen Tarean zu und wies auf einen dunklen Toreingang.
»Das führt zu einem Hinterhof!«
»Es ist eine Abkürzung«, klärte ihn das Irrlicht auf. »Vertrau mir.«
Der Junge zögerte nicht lange, sondern rannte in die Dunkelheit hinein. Überall lag Gerümpel herum, und er war dankbar, dass Moosbeere ihm den Weg beleuchtete, ansonsten wäre er nach fünf Schritten über eine Kiste oder ein altes Wagenrad gestolpert. Im Zickzack stürmte er über den mit Unrat übersäten Hof.
»Hier entlang«, wies ihm Moosbeere den Weg. »Schnell.«
Tarean blickte nach vorn und prallte unwillkürlich zurück. »Da ist eine Mauer.«
»Ich weiß.« Das Irrlicht flog eine ungeduldige Schleife um ihn herum.
Der Blick des Jungen huschte über das gut drei Schritt hohe Mauerwerk. Es gab keine erkennbaren Nischen oder Vorsprünge, die ihm beim Überwinden des Hindernisses geholfen hätten. Er schüttelte den Kopf. »Die ist zu hoch für mich. Da komme ich nicht drüber!«
»Du musst springen«, sagte Moosbeere.
»Springen?«
»Vertrau mir«, beschwor ihn seine Gefährtin erneut. »Und jetzt lauf.«
Tarean presste die Lippen zusammen, wich einige Schritte zurück und rannte dann auf die Mauer zu. Ich kann das schaffen. Sind nur drei Schritt. Ich kann es … Mit einem Schrei stieß er sich vom Boden ab und flog auf die Mauer zu. Einen Lidschlag lang durchzuckte ihn die Erkenntnis, dass er es doch nicht schaffen, sondern mit voller Wucht gegen den Stein prallen würde. In diesem Augenblick wurde er unvermittelt in gleißendes Licht gebadet, und jemand packte ihn von hinten am Gürtel und verlieh ihm zusätzlich Schwung. Gleich darauf war es wieder dunkel, und Tarean flog schreiend, wenngleich nur um
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