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Taschenlehrbuch Biologie - Evolution - Oekologie

Taschenlehrbuch Biologie - Evolution - Oekologie

Titel: Taschenlehrbuch Biologie - Evolution - Oekologie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Hrsg Munk
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empirische Forschungsansätze zu den gegebenen Fragestellungen dargestellt. Diese Beispiele sollen Ihnen erlauben, eine Vorstellung der Forschungsweise der Evolutionsbiologie zu gewinnen.
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7.1.1 Arten, Artwandel und Entstehung von Arten
    Der Begriff der Art ist einer der wichtigsten und sogleich schwierigsten Begriffe in der Biologie. In seiner Bedeutung steht er keineswegs den Begriffen der DNA, Zelle, Nische oder Ökosystem nach. Als Art wird heute eine zeitlich und räumlich definierte Einheit von Individuen verstanden, die einen zeitlich definierten Anfang und Ende hat. In der Regel sind die Mitglieder dieser Einheit zu einer erfolgreichen sexuellen Reproduktion befähigt. Es handelt sich somit um räumlich und zeitlich definierte Fortpflanzungsgemeinschaften . Diese Bedingung wurde vor allem im biologischen Artkonzept bei Ernst Mayr (1904–2005) gefordert, liegt aber auch den meisten anderen derzeit akzeptierten Artkonzepten zugrunde. Unterschiede in der Definition einer Art sind vorwiegend im Bereich des Artbildungsprozesses sowie der Erkennung von Arten begründet. Der Prozess der Entstehung einer Art wird als Artbildung oder Speziation bezeichnet. Dabei werden vor allem zwei Mechanismen diskutiert (Abb. 7. 2 ). Bei der allopatrischen Artbildung wird das Gebiet der Ursprungsart in zwei getrennte Gebiete geteilt, womit die Fortpflanzung von Individuen zwischen den beiden Gebieten verhindert wird. Durch Anhäufung von Mutationen bildet sich in jedem der beiden Gebiete je eine Tochterart heraus. Individuen dieser Tochterarten sind nicht mehr zur sexuellen Fortpflanzung miteinander befähigt. Kommen die Tochterarten durch Ausbreitung der Verbreitungsgebiete einer oder beider Tochterarten wieder zusammen, wird häufig eine Hybridzone ( Hybridisierungsgürtel ) ausgebildet. In dieser Zone werden beim Versuch einer sexuellen Fortpflanzung zwischen Mitgliedern der beiden Tochterarten Hybride gebildet. Die sympatrische Artbildung, der zweite Mechanismus, der derzeit häufig diskutiert wird, geht hingegen nicht von einer Auftrennung der Ursprungsart in zwei Gebiete aus. Hier entstehen die Tochterarten im selben Verbreitungsgebiet durch den Vorzug verschiedener Nischen . Die belegten Fälle für allopatrische Artbildung sind zahlreich, während sympatrische Artbildung einen noch stets umstrittenen Mechanismus darstellt.

    Abb. 7. 2 Die beiden Typen der Artbildung.
    In der heutigen Biologie werden Arten nicht als unwandelbare Einheiten akzeptiert, die aus einer einmaligen Schöpfung hervorgegangen sind. Wir gehen vielmehr von einem Wandel der existierenden Arten seit der Entstehung des Lebens aus. In diesem Zusammenhang ist vor allem das Konzept der Chronospezies von Bedeutung. Dieser Begriff wird vorwiegend in der Paläontologie verwendet. Man ordnet Fossilien verschiedenen Chronospezies zu, wenn sie entweder morphologisch deutlich unterschiedlich sind oder aber durch hinreichende Zeiträume getrennt sind. Wie das Beispiel des Chronospezies-Konzeptes zeigt, sind Artkonzepte vorwiegend eine Reflexion des Studiengegenstandes. So ist das biologische Artkonzept in der taxonomischen Forschung oft nicht anwendbar, da die notwendigen Kreuzungsexperimente meist aus Zeit- und Kostengründen nicht durchgeführt werden können, zum Teil auch wegen technisch derzeit nicht lösbaren Problemen, wie der kontrollierten Aufzucht von Organismen mit extremen Lebensansprüchen. In der Taxonomie, d. h. in der Tätigkeit der Arterkennung, geht man entsprechend bis heute von einem morphologisch-typologischen Artkonzept aus, dessen Ursprung bis auf John Ray (1627–1705) zurückgeht. Hierbei wird eine Art aufgrund der morphologischen Kontinuität ihrer Individuen erkannt bzw. Arttrennungen anhand von morphologischen Diskontinuitäten festgestellt. Diese Vorgehensweise kennzeichnet auch die neu aufkommende DNA-Taxonomie, bei der aufgrund kontinuierlicher Variationen in den Nucleotidsequenzen ausgewählter Abschnitte des Genoms zur Erkennung von Arten bzw. Diskontinuitäten zur Abgrenzung von Schwesterarten dienen. Der anhaltende Disput um den Artbegriff hat auch andere Wurzeln. So spiegelt sich hier auch bis heute der Konflikt in der Interpretation einer Art als ein Konstrukt des menschlichenGeistes oder aber als ein Individuum wider. Die Bildung neuer Arten erfolgt über längere Zeiträume, zumindest im Bezug auf die Zeitspanne eines menschlichen Lebens. Somit sind Arten, die sich derzeit bilden, durch Übergangszustände/Übergänge

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