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Taschenlehrbuch Biologie - Evolution - Oekologie

Taschenlehrbuch Biologie - Evolution - Oekologie

Titel: Taschenlehrbuch Biologie - Evolution - Oekologie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Hrsg Munk
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es so, dass die kürzesten bzw. wahrscheinlichsten Lösungen für das Problem gesucht werden, aber heuristische Verfahren keine Garantie geben können, dieses Ziel zu erreichen. In der Tat ist die Suche nach der besten Lösung eine Herausforderung an sich, aber leider ist es auch so, dass eine Datenmatrix ohne jeglichen Informationsgehalt, etwa mit vollständig zufälliger Anordnung der Merkmalszustände, unter Umständen eine einzige optimale Lösung besitzen kann. Es genügt daher nicht, nur einen Stammbaum zu rekonstruieren, sondern eine Analyse der Qualität der Daten ist notwendig, umdie Zuverlässigkeit der Rekonstruktion zu prüfen.
    In morphologischen Analysen wird, um verschiedene auf derselben Merkmalsmatrix beruhende Kladogramme schnell und objektiv vergleichen zu können, als Erstes die Baumlänge benutzt. Die Baumlänge bezeichnet die benötigte Anzahl von Umwandlungsschritten, um mit diesem Baum/Kladogramm die Verteilung der Merkmalszustände über die Taxa zu erklären. Außerdem wurden mehrere Indizes entwickelt, die als Kennzahlen angeben, wie groß der Anteil nicht verwirklichter Homoplasien ist. Die am häufigsten verwendete Kenngröße ist der Konsistenz-Index ( ci , consistency index). Er wird ausgedrückt als Verhältnis zwischen der Gesamtzahl der erwarteten Zustandsänderungen zu der tatsächlichen Anzahl der Schritte eines Baums. Dieser Index wird stark beeinflusst durch die Autapomorphien, weshalb der Retentions-Index ( ri , retention index) formuliert wurde. Dieser gibt an, wie viele der in der Datenmatrix möglichen Synapomorphien im Kladogramm verwirklicht sind (maximale Anzahl der im Kladogramm enthaltenen Schritte minus Anzahl der vom Kladogramm angenommenen Zustandsänderungen, geteilt durch die maximale Anzahl der im Kladogramm enthaltenen Schritte minus Anzahl der in der Datenmatrix vorgegebenen Anzahl von Zustandsänderungen; dabei ist – bei zweiwertigen Merkmalen – die maximale Anzahl der im Kladogramm enthaltenen Schritte die Summe der Taxa mit Zustand 0 oder 1 – je nachdem welche der beiden Anzahlen kleiner ist – über alle Merkmale). Für beide Indizes gilt, dass ein Kladogramm um so besser ist, d. h. die Verteilung der Merkmalszustände über die Taxa mit möglichst wenigen Schritten erklärt, je höher die Indexwerte sind.
    Beispiel: Anzahl der Schritte im Kladogramm: 8. Daraus ergibt sich für die Ermittlung:
    Konsistenz-Index: ci = 7 / 8 = 0,875
    Retentions-Index: ri = (9–8) / (9–7) = 0,50.
    Wenn mehrere gleich sparsame Bäume gefunden wurden, gibt es die Möglichkeit aus allen oder einigen davon einen einzigen sogenannten Konsens-Baum (consensus tree) zu bilden. Das ist ein Baum, in dem alle einander widersprechenden Dichotomien zu Polytomien zusammengezogen werden. Ein Konsens-Baum zeigt also auf einen Blick, zwischen welchen Gruppen von mehr als zwei Taxa mit der verwendeten Datenmatrix keine eindeutigen Schwestergruppenbeziehungen belegt werden können. Damit ist aber nicht gezeigt ist, dass dieAufspaltung polytom war. Die beiden Kladogramme 2a und 2b sind inhaltsgleich, trotz der verschiedenen Abfolge der Taxa in der obersten Zeile. Grundsätzlich können Kladogramme ohne Änderung des Informationsgehalts nach Belieben umgestaltet werden, solange die Abfolge der Spaltungsereignisse identisch bleibt. Im Beispiel: Zuerst spalten sich die Linien, die zu A bzw. B + C + D führen, dann die zu D und zu B + C führenden, und zum Schluss die zu B und zu C führenden. Die Grafik kann auf den Kopf oder eine Seite gestellt werden, die Verzweigungen können eckig oder rund, geschwungen oder gerade oder ganz anders gezeichnet werden, die Äste können gleich oder verschieden lang sein, das ist – in der phylogenetischen Systematik – alles ohne Belang. Es gibt andere Herangehensweisen, in denen solchen grafischen Größen eine inhaltliche Bedeutung zugemessen wird.
    Bei der Analyse der Merkmalsverteilung fällt auf, dass die Merkmale 4 bis 7 nicht zur Auflösung der Taxon-Schar in Schwestergruppen beitragen. Es sind lediglich die Merkmale 1 bis 3, die phylogenetische Information tragen. Die anderen erweisen sich als Autapomorphien terminaler Taxa. Biologisch, d. h. für den Entwurf eines evolutiven Szenarios für die Taxa B, C und D, sind diese Merkmale natürlich nicht weniger wichtig als die Merkmale 1, 2 und 3. Auch müssen streng genommen alle Taxa der Innengruppe vor Beginn der Analyse als monophyletisch erwiesen sein, was nur durch Autapomorphien möglich ist. In

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