Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Taschenlehrbuch Biologie - Evolution - Oekologie

Taschenlehrbuch Biologie - Evolution - Oekologie

Titel: Taschenlehrbuch Biologie - Evolution - Oekologie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Hrsg Munk
Vom Netzwerk:
mögliche homologe Merkmalszustände (identische Nucleotide) aufweisen. Man behilft sich, indem man die zu vergleichenden Stränge (von DNA oder Protein) parallel zueinander so anordnet ( Alignierung , alignment), dass für ein gegebenes Kriterium ein Optimum an Ähnlichkeit gefunden wird. Die dahinter stehende Überlegung ist, dass jede Übereinstimmung zunächst als Homologie interpretiert wird und Homoplasie durch widersprechende Evidenz erwiesen wird. Evolutive Veränderungen in gencodierenden DNA-Abschnitten können neben einer Substitution eines Nucleotids ebenso einen Verlust bzw. eine Insertion eines Nucleotids ausmachen. Dies kann die Bestimmung der Positionshomologien zwischen Sequenzen wesentlich erschweren.
    Die hohe Wahrscheinlichkeit von Rücksubstitutionen führt zu vielen nicht unmittelbar beobachtbaren Homoplasien in Sequenzdaten.
    Phylogenetische Rekonstruktionsverfahren müssen diesem Umstand Rechnung tragen, indem sie die Wahrscheinlichkeit von Rückmutationen berücksichtigen können. Das einfache Maximum-Parsimonie - Verfahren ist in diesem Fall nur bedingt geeignet, deswegen wurden neue Rekonstruktionsverfahren in der Phylogenetik eingeführt, die dies leisten können. Das wichtigste Verfahren ist das sogenannte Maximum-Likelihood - Verfahren . Dieses Verfahren versucht durch Berücksichtigung von Substitutionswahrscheinlichkeiten und Divergenzzeiten zu ermitteln, wie wahrscheinlich Sequenzen durch unterschiedlichemögliche Verwandtschaftsverhältnisse entstanden sein könnten. Die bevorzugte phylogenetische Hypothese ist jene, welche eine maximale Wahrscheinlichkeit liefert, die Sequenzen generiert zu haben. Das Maximum-Likelihood-Verfahren unterscheidet sich vom Parsimonie-Verfahren dadurch, dass es explizite Annahmen zu Substitutionswahrscheinlichkeiten trifft. Die Substitutionswahrscheinlichkeiten werden aus den Sequenzdaten geschätzt. Die Schätzungen der Substitutionswahrscheinlichkeiten sind nur möglich aufgrund der beschränkten Anzahl von Merkmalszuständen in Sequenzdaten. Das bedeutet, dass diese Beschränkung der Merkmalszustände von Sequenzdaten eine Schwäche dieser Merkmale aber auch gleichzeitig eine Stärke darstellt. Seit den frühen 80er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde eine Vielzahl von mehr oder weniger komplexen Substitutionsmodellen entwickelt, um den unterschiedlichen Eigenschaften einzelner Genomabschnitte oder Genome (z. B. mitochondriale Genome) Rechnung tragen zu können. Durch Zuhilfenahme von Testverfahren muss für ein gegebenes Datenset ein möglichst passendes Modell gefunden werden. Um die Wahrscheinlichkeit der Merkmalsverteilung an einem Baum ermitteln zu können, müssen im Maximum-Likelihood-Verfahren Stammbaum und dessen Zweiglängen gleichzeitig optimiert werden. Dies unterscheidet das Verfahren gegenüber dem Parsimonie-Verfahren, in welchem ausschließlich die Topologie ohne Berücksichtigung der Zweiglängen (ausgedrückt in der Anzahl von Schritten auf ihnen) optimiert wird.
    Eine Weiterentwicklung der Maximum-Likelihood-Technik stellt die Anwendung des sogenannten Bayesschen-Wahrscheinlichkeitstheorems in der Phylogenetik dar. Beim Bayesschen - Verfahren wird im Gegensatz zum Maximum-Likelihood-Verfahren nicht der Baum ermittelt, der höchstwahrscheinlich das Datenset erklärt, sondern es wird das Set an Bäumen gesucht, das in Summe einen maximalen Erklärungswert für ein gegebenes Set von Sequenzen liefert. Bei der Anwendung der Bayesschen Verfahren bedient man sich der Markov-Ketten-Techniken ( Siehe hier ), um dieses Problem zu lösen. Bildhaft formuliert, repräsentiert jede Generation (jeder Zustand) in einer Markov-Kette ein Set an Parametern (Topologie, Zweiglängen, Substitutionsmodell). Für dieses Set an Parametern wird die Wahrscheinlichkeit ermittelt, das gegebene Datenset zu erklären. Mit jeder neuen Generation der Markov-Kette wird in einem der Parameter ein neuer Zustand gewürfelt und nach einer Verbesserung des Wahrscheinlichkeitswertes gesucht. Ist dies der Fall, so wird nochmals durch Würfeln entschieden, ob die neue Generation der Markov-Kette zugunsten der alten gespeichert wird, oder nicht. Wurde mehrere Millionen Mal gewürfelt, erhält man eine Vielzahl an Bäumen, deren relative Häufigkeiten ungefähr proportional zu Bayesschen Wahrscheinlichkeiten sind (das sind nach dem Theorem des englischen Mathematikers Thomas Bayes, ca. 1702–1761, „bedingte Wahrscheinlichkeiten“ z. B. von Daten im Licht bestimmter

Weitere Kostenlose Bücher