Taschenlehrbuch Biologie - Evolution - Oekologie
Extremitäten erinnern an die des heutigen Menschen. Bein- und Fußknochen waren kräftig ausgebildet. H. erectus lebte in manchen Regionen in Höhlen, nutzte das Feuer und entwickelte eine Jagdkultur. Vielleicht war die Jagd der Grund, warum sich H. erectus vor über 2 Millionen Jahren nach Europa und Asien ausbreitete. Aus Java, China und Spanien gibt es Funde, die eine Besiedlung vor 1,8 Millionen Jahren belegen. Die jüngsten Funde haben ein Alter von etwa 50 000 Jahren und stammen aus Asien. H. floresiensis , der bis vor 18 000 Jahren auf der indonesischen Insel Flores gelebt hat, ist möglicherweise ein direkter Nachfahre dieses Frühmenschen. In den drei Kontinenten existierte der H. erectus unterschiedlich lange Zeit.
9.2.1 Unklarheiten in der Hominini-Evolution
Der exakte Verlauf der Evolution der Hominini der letzten 2 Millionen Jahre ist unter den Wissenschaftlern umstritten , obwohl diese durch Fossilien gut dokumentiert ist. Morphologische Merkmale sind die Grundlage der Klassifizierung, und diese können innerhalb einer Art stark variieren. So ist umstritten, ob H. erectus überhaupt in Afrika existierte, denn einige Anthropologen würden die ältesten Fossilien des H. erectus eher als H. ergaster abtrennen, da sich die Schädelformen unterscheiden. Diese Forscher vertreten die Ansicht, dass der afrikanische Homo ergaster die Ausgangsform des Homo erectus ist. Neue Fossilfunde aus Afrika unterstützen jedoch die Ansicht, dass der H. erectus bereits in Afrika entstanden ist.
Auch der jüngere Stammbaum des modernen Homo sapiens ist umstritten. Einige Wissenschaftler vertreten die These, dass sich in Afrika aus dem H. erectus der H. heidelbergensis entwickelte, und aus diesem in Europa der Neandertaler und in Afrika der moderne Mensch. Nach einem anderen Szenario entstand vor 800 000 Jahren aus dem H. erectus eine Hominidenart, die eine Schädelform und -größe besaß, wie sie den H. sapiens kennzeichnen. Diese Art breitete sich vor 600 000 Jahren nach Europa aus und der Neandertaler entstand. In Afrika entwickelte sich aus ihr vor 200 000 Jahren der Homo sapiens.
9.2.2 Der Neandertaler
Homo neanderthalensis , der Neandertaler, lebte vor ca.120 000–30 000 Jahren. Er wird von vielen Paläoanthropologen als eigene Art angesehen und nicht als Unterart des H. sapiens . H. neanderthalensis stammt vermutlich vom H. heidelbergensis ab. Der jüngste Fund eines Neandertalers ist etwa 32 000 Jahre alt. Sein Verbreitungsgebiet reichte von Spanien im Westen bis Usbekistan im Osten und von Deutschland und Großbritannien im Norden bis Israel im Südosten. Er lebte unter unterschiedlichsten klimatischen Bedingungen, an die er sich anpassen musste. Inzwischen können wir uns von ihm ein recht gutes Bild machen: Die Neandertaler waren von untersetzter Gestalt, mit relativ kurzen Extremitäten. Dadurch war die Körperoberfläche im Verhältnis zum Körpervolumen reduziert. Der Schädel zeigte starke Überaugenwülste, die Stirn war flach, das Kinn fliehend. Fossilfunde haben gezeigt, dass sich der Neandertaler wohl fast ausschließlich von Fleisch ernährt hat. Er hatte ein großes Gehirn (durchschnittliches Volumen 1500 cm 3 ). Zumindest physisch war der Neandertaler sprachfähig. Neandertaler lebten in Höhlen, bauten sich aber auch Behausungen und nutzten Feuer. Sie waren teilweise sesshaft, teilweise lebten sie nomadisch. Skelettfunde, die verheilte Brüche aufweisen, lassen den Schluss zu, dass sie sich um Kranke und Alte kümmerten. Um unter kalten klimatischen Bedingungen zu überleben, trugen die Neandertaler Kleidung. Sie hatten hochwertig gefertigteSteinwerkzeuge wie Messer, Pfeilspitzen oder Schaber und jagten auch Großwild, wie Mammut und Elch. Vermutlich pflegten sie auch religiöse Riten.
Vor etwa 35 000 Jahren wanderte Homo sapiens aus Afrika kommend über den nahen Osten und den Balkan in das westeuropäisch-zirkummediterrane Verbreitungsgebiet der Neandertaler ein. Auch im Nahen Osten, wo der H. sapiens bereits vor etwa 100 000 Jahren vorkam, lebten beide Arten nebeneinander. Dort tauchten Neandertaler-Populationen vor 40 000 Jahren auf. Sowohl in Europa als auch im Nahen Osten lebten beide einige Jahrtausende nebeneinander. Am Ende der Würm-Eiszeit, vor etwa 32 000 Jahren, sind die Neandertaler verschwunden. Die Frage nach dem Warum ist weitgehend ungeklärt. Die Population der Neandertaler nahm ab, während die des modernen Menschen kontinuierlich zunahm. Möglicherweise war der moderne Mensch
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