Taschenlehrbuch Biologie - Evolution - Oekologie
gegenüberliegende Lücke zwischen den Eck- und Schneidezähnen, die sogenannte Affenlücke . Er nimmt daher noch eine Mittelstellung zwischen dem heutigen Menschen mit einem geschlossenen Zahnbogen und Schimpansen ein. Die Backenzähne sind vergrößert. Wahrscheinlich war er nicht auf eine bestimmte Nahrung spezialisiert. Neben Früchten, Samen, Nüssen standen wohl auch kleine Säugetiere, Jungvögel und andere Kleintiere auf seinem Speiseplan. A. afarensis lebte vermutlich in sozialen Verbänden und benutzte schon Werkzeuge.
A. africanus lebte vor 3–2 Millionen Jahren im südlichen Afrika. Er hatte ein größeres Gehirn als A. afarensis und wirkte durch andere Schädelproportionen „menschenähnlicher“. Vor 2,8 Millionen Jahren führte eine weitere Abkühlung im südlichen Afrika zu einer Ausdehnung des offenen Graslandes. Die Folge war eine nach Norden gerichtete Ausdehnung des Areals vieler Tierarten. Auch Populationen von A. africanus wanderten nordwärts. Eine von A. africanus ausgehende Linie führte zu Homo habilis .
1993 wurden im Tschad Teile eines Unterkiefers und eines Zahnes gefunden. Das Alter der Knochen wird auf 3,6 Millionen Jahre geschätzt. Aufgrund der Merkmale von Unterkiefer und Zahn haben die Entdecker sie einer eigenen Art, A. bahrelghazali , zugeordnet.
Die robusten Australopithecinen werden häufig zur Gattung Paranthropus zusammengefasst. Ihre Entwicklung stand im Zusammenhang mit der vor 2,8 bis 2,5 Millionen Jahren zunehmenden Trockenheit in Afrika und einem veränderten Nahrungsangebot. Paranthropus – das sind die nach vielen Autoren A. aethiopicus , A. boisei und A. robustus bezeichneten Formen- hatten große Backenzähne mit dickem Zahnschmelz, die Schneidezähne waren relativ klein. Der Gesichtsschädel war sehr breit. In Verbindung mit einem gut entwickelten Kauapparat und entsprechend vergrößerter Kaumuskulatur hatte sich auf der Oberseite des Schädels ein Scheitelkamm (Crista sagittalis) gebildet, an dem die Muskulatur ansetzte. Dies deutet daraufhin, dass sie in ihrer Nahrung auf Samen oder Nüsse spezialisiert waren. Sie werden auch als Nussknackermenschen bezeichnet. Mikroskopische Analysen des Zahnschmelzes zeigen Furchen und Kerben, was auf die Aufnahme harter Nahrung schließen lässt. Sie lebten in Koexistenz mit Homo rudolfensis (s. u.) und starben vor etwa einer Million Jahren aus.Zumindest für A. robustus ist nachzuweisen, dass die Individuen Knochenwerkzeuge zum Ausgraben von Nahrung wie Knollen nutzten.
Der Ursprung der Gattung Homo , die vermutlich vor ca. 2,5 Millionen Jahren entstand, ist unter den Paläoanthropologen umstritten. Nach neueren Erkenntnissen repräsentieren H. rudolfensis und H. habilis die ältesten Menschenarten. Sie lebten vor 2,5 bis 1,6 Millionen Jahren in Ostafrika. Diese Arten entwickelten erste Steinwerkzeuge und konnten sich damit in dem trocken gewordenen Klima in Afrika neue Nahrungsquellen erschließen und diese besser nutzen. Damit begann die Unabhängigkeit des Menschen von Umweltbedingungen. Die Anpassungen gingen einher mit der Entwicklung eines größeren Gehirns. Beide Arten erschienen zu einer Zeit, als es noch Australopithecinen gab. H. habilis war noch sehr ans Baumleben angepasst und ein Allesfresser. Lange galt H. habilis als direkter Vorfahr der Gattung Homo . Inzwischen gehen die Forscher davon aus, dass er nur eine Seitenlinie repräsentierte. Homo rudolfensis umfasst die mehr an das Bodenleben angepassten Individuen. Die Individuen waren etwa 155 cm groß. H. rudolfensis hatte noch kräftige Zähne mit dickem Zahnschmelz. Das Hirnvolumen lag bei 600 bis 800 cm 3 (Abb. 9. 5 , Tab. 9. 1 ).
Abb. 9. 5 Die morphologischen Veränderungen am Schädel vom Schimpansen bis zum modernen Menschen.
Tab. 9. 1 Hominini und ihre charakteristischen Merkmale.
Tab. 9. 1 Hominini und ihre charakteristischen Merkmale. (Fortsetzung)
Die ältesten Funde von Homo erectus sind etwa 1,8 Millionen Jahre alt und stammen aus Ost- und Südafrika, die jüngsten Funde aus Südost-Asien sind 50 000 Jahre alt. Charakteristisch für den H. erectus sind die Merkmale des Schädels: Er hatte eine niedrige Stirn und große Überaugenwülste, deren Funktion bis heute nicht geklärt ist . Es ist eine deutliche Zunahme des Hirnvolumens von 800–900 cm 3 bei den ältesten Funden bis zu 1100–1200 cm 3 bei den 0,5 Millionen alten Schädeln festzustellen. H. erectus erreichte eine Größe von über 150 cm, und die Proportionen von Rumpf und
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