Taschenlehrbuch Biologie - Evolution - Oekologie
Zuckerarten zu spalten. Inzwischen wird in Nordeuropa eine Lactose- Unverträglichkeit fast als Erkrankung betrachtet. Auch andere physische Funktionen des Menschen wie Geruchssinn, Immunsystem und Fortpflanzung erfuhren Änderungen. Die Entwicklungen in den unterschiedlichen Regionen der Erde liefen unterschiedlich.
Die Entwicklung des Menschen ist nicht abgeschlossen. Durch die in den letzten Jahrzehnten erfolgte Globalisierung dürfte die genetische Variabilität der Menschen noch einmal zunehmen. Jedoch hat der Mensch inzwischen selbst einen großen Einfluss auf seine Entwicklung.
9.2.4 Die Entwicklung der Sprache
Die Sprache ist ein wichtiges Kriterium für die Sonderstellung des Menschen. Da bei keiner Menschenaffenart sich eine Sprache entwickelt hat, muss sie nach der Auftrennung der Entwicklungslinien des Menschen und der des Schimpansen und Bonobes entstanden sein. Über den Zeitpunkt des Erwerbs der Sprache jedoch können nur Vermutungen angestellt werden.
Damit Laute entstehen, sind bestimmte anatomische Voraussetzungen in der Mundhöhle und im Rachenraum erforderlich (Abb. 9. 6 ). Beteiligt an der Lautbildung sind der Kehlkopf mit den Stimmlippen, der Rachenraum mit dem Gaumensegel, die Mundhöhle mit dem hochgewölbten Gaumen und die geschlossene Zahnreihe. Im Kehlkopf werden die Sprachlaute produziert und in dem über dem Kehlkopf liegenden Ansatzrohr, das in Länge und Breite verformbar ist, artikuliert. Der Gaumen fungiert dabei als Resonanzboden. Abb. 9. 6 zeigt, dass der Kehlkopf beim Menschen viel tiefer liegt als beim Schimpansen. Beim Schimpansen schließen Kehlkopf und -deckel direkt an die inneren Nasenöffnungen an, dadurch entfällt die Möglichkeit der Artikulation.
Der erste Schritt in Richtung Sprachentwicklung war eine Kontrolle über den Stimmapparat. Dadurch konnten Lautäußerungen imitiert werden.Möglicherweise gehörten Imitationen von Tierstimmen zum Anlocken von Beutetieren zu den ersten Worten. Zunächst wurden die Worte sicher noch von Gesten und Verhaltensweisen begleitet. Der Wortschatz war klein und die Bedeutung nur wenig differenziert, d. h. jedes Wort warmehrdeutig, weil es für einen komplexen Sachverhalt stand. In einer nächsten Phase konnte es zu einer Standardisierung der Lautäußerungen von Individuen einer Gruppe kommen. Für bestimmte Sachverhalte wurden gleiche Laute eingesetzt. Langsam kam es zu einer Zunahme des Wortschatzes, bis am Ende durch die Einführung syntaktischer und grammatikalischer Regeln die Spezifität der Aussage erhöht wurde.
Abb. 9. 6 Vergleich des Stimmapparates von Mensch und Schimpanse. Beim Schimpansen liegt der Kehlkopf hoch im Halsbereich. Kehldeckel und Gaumensegel bilden einen dichten Verschluss. Beim Menschen liegt der Kehlkopf niedriger. Mund und Rachenraum sind vergrößert.
Ein Vergleich der Profile der Schädelbasis verschiedener Hominini zeigt, dass erst der früharchaische H. sapiens eine ähnliche Anatomie im Mund-Rachen-Raum aufweist wie der moderne Mensch. Bei den Australopithecinen ähnelt die Schädelbasis noch sehr der des Schimpansen. H. erectus zeigt eine Zwischenstellung.
Unter Berücksichtigung von Hirngröße und kultureller Entwicklung dürften die Australopithecinen keine Sprache gehabt haben. H. rudolfensis und H. habilis hatten bereits einfachste Steinwerkzeuge entwickelt. Ihre Hirngröße lag über der heutiger Schimpansen. Bei ihnen könnte sich bereits eine sprachliche Kommunikation entwickelt haben, die über die heutiger Menschenaffen hinausging. H. erectus, hingegen, bei dem eine große kulturelle Weiterentwicklung, einhergehend mit entsprechender Vergrößerung des Gehirns, stattfand, dürfte bereits eine einfache Sprache gehabt haben. Der moderne H. sapiens hatte vermutlich vor 100 000 Jahren eine vollwertige Sprache. So könnte es eine gemeinsame Ursprache gegeben haben, deren Wurzel in Afrika lag. Unterstützt wird diese Annahme durch die isolierten schwarzafrikanischen Sprachen.
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Die Analyse von DNA verstorbener Lebewesen, ancient DNA oder aDNA , ist in der Paläogenetik inzwischen eine etablierte Methode. Mithilfe der Polymerase- Kettenreaktion ( PCR ) ( Genetik ) lässt sich die meist nur in geringer Menge vorhandene DNA vervielfältigen und anschließend die entsprechende DNA-Sequenz bestimmen. Bei der Arbeit mit aDNA müssen verschiedene Parameter berücksichtigt werden: DNA verändert sich im Laufe der Zeit, Mikroorganismen und Temperatur sorgen für den Abbau. Teilweise enthält
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