Taschenlehrbuch Biologie - Evolution - Oekologie
größer werdende Schwerkraft als Uratmosphäre festgehalten. Wichtigste Bestandteile waren neben Wasserdampf (bis zu 80 %) Kohlendioxid (bis zu 20 %), Schwefelwasserstoff, Ammoniak und Methan. Nach Abkühlung der Erde unter den Siedegrad des Wassers kam es zu Dauerregen. Das Wasser veränderte die Gesteine der Erdkruste durch Erosion und Hydrolyse. Ozeane entstanden, in denen sich die gelösten Salze sammelten. Durch UV- und radioaktive Strahlung sowie die ionisierende Wirkung von Blitzen entstanden in der Atmosphäre Radikale und Ionen, die zu chemischen Reaktionen fähig waren. Die Reaktionsprodukte gelangten mit dem Regenwasser in die Ozeane, wo sie vor UV-Strahlung geschützt waren, und reicherten sich an. Es entstand eine Ursuppe mit den Rohmaterialien, aus denen sich später Leben entwickeln konnte.
Die ersten Lebewesen, die eine oxygene Photosynthese betrieben, lebten bereits vor 3,5 Milliarden Jahren (Abb. 10. 8 ). Doch der gebildete Sauerstoff reagierte mit anderen Substanzen, insbesondere mit Eisen und sulfidischen Erzen, und wurde so dem Wasser entzogen. Sauerstoff reicherte sich erst vor 2,7 Milliarden Jahren in der Atmosphäre an. Das heutige Niveau von 21 % wurde vor etwa 350 Millionen Jahren erreicht (Abb. 10. 8 ).
Wasser hat die Entstehung des Lebens auf der Erde ermöglicht und ist bei fast allen Stoffwechselprozessen beteiligt. Es besitzt physikalische und chemische Eigenschaften , die es von anderen Verbindungen unterscheidet. Als einzige Verbindung kommt es in drei Aggregatszuständen vor. Das Dichtemaximum liegt bei 4 °C, wodurch ein vollständiges Gefrieren auch wenig tiefer Gewässer verhindert wird ( Siehe hier ). Es ist in einem Temperaturbereich flüssig, in dem organische Moleküle stabil sind. Wasser besitzt ein hohes Dipolmoment und ist dadurch ein gutes Lösungsmittel. Es hat eine hohe Wärmekapazität und absorbiert UV-Strahlen, die für Makromoleküle schädlich sind.
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Alter:
Weltall: 13,7 +/– 2 Milliarden Jahre
Sonne: 4,6 Milliarden Jahre
Erde: 4,6 Milliarden Jahre
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10.2 Chemische und präbiologische Evolution
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Heute geht man davon aus, dass die Bildung von organischen Molekülen in einer sauerstofffreien Atmosphäre stattgefunden hat und an Wasser und Gesteine gebunden war. Miller und Urey gelang 1953 in Simulationsexperimenten die Synthese einfacher organischer Moleküle. Nach der Hypothese der Eisen-Schwefel-Welt liegt der Ursprung organischer Moleküle in der Tiefsee an vulkanischen Schloten. Die Bildung von Makromolekülen war ein weiterer wichtiger Schritt, damit Leben entstehen konnte. Wichtige Voraussetzungen waren sich selbst replizierende Makromoleküle als Informationsträger und dieAbgrenzung erster Zellen durch Membranen. In diesen entwickelten sich Stoffwechselwege, die noch in den heutigen Zellen zu finden sind.
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10.2.1 Abiotische Bildung organischer Moleküle
Unabhängig voneinander hatten in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts der englische Biochemiker J. B. S. Haldane und der Russe A. I. Oparin vermutet, dass eine sauerstofffreie Atmosphäre die Voraussetzung für die Entwicklung von Leben aus toter Materie war. Ohne die Ozonschicht konnte die UV-Strahlung der Sonne – anders als heute – ungehindert auf die Erdoberfläche gelangen und die erforderliche Energie für die Bildung von einfachen organischen Molekülen aus Wasser, Kohlendioxid und Ammoniak im Gasraum bzw. in den oberen Wasserschichten liefern. Anfang der 50er Jahre griffen die Amerikaner H. C. Urey und S. L. Miller diese Hypothese wieder auf und simulierten eine Uratmosphäre (Abb. 10. 1 ). Sie erhitzten in einem Glasgefäß ein Gemisch aus Wasserstoff, Methan, Ammoniak und Wasser und setzten es eine Woche lang elektrischen Ladungen aus. Unter den gebildeten chemischen Substanzen waren Aminosäuren und andere Moleküle, die Bestandteile lebender Zellen sind. In geringen Mengen wurden Porphyrine (Abb. 10. 7 ) gefunden, die Grundkörper von Hämoglobin und Chlorophyll sowie einiger Coenzyme. Als Zwischenprodukte konnten Cyanwasserstoff (HCN), Formaldehyd (H 2 CO) und andere Aldehyde nachgewiesen werden. Diese Verbindungen sind sehr reaktionsfähig. Hatten sich diese Stoffe in den Versuchen gebildet, konnten in weiteren Reaktionen Zucker und die in den Nucleinsäuren vorhandenen organischen Basen Adenin, Guanin, Cytosin und Uracil entstehen. Von den organischen Basen bildete sich das Adenin am einfachsten (Abb. 10. 2 ).
Abb. 10. 1 Miller-Apparatur. Im unteren Kolben wird
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