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Taschenlehrbuch Biologie - Evolution - Oekologie

Taschenlehrbuch Biologie - Evolution - Oekologie

Titel: Taschenlehrbuch Biologie - Evolution - Oekologie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Hrsg Munk
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. Eine hieraus abgeleitete Stammbaumhypothese umfasst sechs Großgruppen . Im Hinblick auf die mögliche Abfolge der Aufzweigungen werden zwei Szenarien diskutiert. Legt man die Wurzel an den Eukaryotenstammbaum mithilfe eines Vergleichs der Archaea als Außengruppenvertreter , zweigen die Excavata als erste Linie im Stammbaum ab. Alternativ wird eine basale Aufspaltung in Amoebozoa und Opisthokonta („Unikonta“) und alle anderen Taxa ( Excavata , Rhizaria , Chromalveolata , Archaeplastida ) vorgeschlagen. Für beide Gruppen werden Genfusionen als Apomorphien angeführt. Durch den Stammbaum wird die Zahl der anzunehmenden sekundären Rekombinationen reduziert. Biogeographische Muster sind bei Protisten (und anderen Mikroorganismen) weniger deutlich ausgeprägt. In lokalen Regionen findet man viel mehr von den weltweit bekannten Arten, als dies bei makroskopischen Arten der Fall ist. Dennoch gibt es gute Argumente und Beispiele für Musterbildung auch bei Protisten.
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    Trotz teilweise retikulär verlaufener Evolution erscheint es aussichtsreich, phylogenetische Muster in der Stammesgeschichte der Protisten zu rekonstruieren. Vor allem der Vergleich umfangreicher Datensätze möglichst vieler Gene, sogenannter Multigen-Sequenzen, sowie vergleichende Genstruktur-Analysen, wie konservierte Insertionen oder Deletionen, Genfusionen oder Brüche, Intronpositionen und Austausch von Genen, ergeben ein zunehmend stabiles und überschaubares Bild der Eukaryotenphylogenie . Eine hieraus abgeleitete Stammbaumhypothese umfasst sechs Großgruppen: Excavata , Rhizaria , Chromalveolata , Archaeplastida , Amoebozoa , Opisthokonta (Abb. 11. 9 ).

    Abb. 11. 9 Phylogenetischer Stammbaum der Eukaryota , erstellt mit einem Multigen-Datensatz. Die Wurzel wurde mithilfe zweier Merkmale (Genfusionen) in den Stammbaum gelegt. dhfr/ts : Dihydrofolat-Reductase/Thymidylat-Synthase. cpsII/dho/act : Carbamoylphosphat-SynthaseII/Dihydroorotase/Aspartat-Carbamoyl-Transferase. Die Zahlen symbolisieren evolutionäre Ereignisse, die als abgeleitete Merkmale interpretiert werden: 1 ) Fusion des Epidermalen Wachstumfaktor-Gens mit der Tyrosin-Kinase zu einer Rezeptor-Tyrosin-Kinase; 2 ) 12–17 Aminosäuren-Insertion im Elongationsfaktor 1-alpha-Gen; 3 ) Fusion der COX I - und COX II- Gene; 4 ) Duplikation und Transfer in den Plastiden des nucleären Glycerinaldehyd-3-phosphat-Dehydrogenase-Gens; 5 ) Serin und/oder Alanin-Insertion in der funktionell wichtigen Monomer-Monomer-Verknüpfung des Ubiquitin-Gens; 6 ) Deletion von zwei Aminosäuren im Enolase-Gen. (Nach verschiedenen Autoren aus Schlegel und Hülsmann, 2007.)
    Hieraus ergeben sich weitere Hinweise zur Evolution der Protisten, insbesondere hinsichtlich der sekundären Rekombinationen . So wird zum Beispiel das Taxon Chromalveolata durch Multigen-Sequenzvergleiche unterstützt. Dies reduziert die Zahl anzunehmender sekundärer Rekombinationen erheblich, indem man – in Anwendung des Prinzips der Hypothesenbildung nach dem Prinzip der sparsamsten Erklärung (der Evolutionsschritte, Parsimonie-Prinzip, Siehe hier ) – eine einmalige Fusion einer einzelligen Rotalge mit einem heterotrophen Einzeller als Stammlinie der Chromalveolata postuliert. Dieses Taxon Chromalveolata umfasst die heterokonten Algen, Cryptomonaden und Haptomonaden sowie die Alveolata mit den Dinoflagellata, Apikomplexa, Ciliophora und zwei kleineren Taxa, den Perkinsozoa und Colpodellidae. Es ist mittlerweile bekannt, dass die parasitischen Apikomplexa (zu denen u. a. auch die Erreger der Malaria gehören) den Rest eines Plastiden aufweisen, der Apicoplast genannt wird (Abb. 11. 32 ). Das Konzept der Chromalveolaten fordert jedoch, dass Ciliaten ebenfalls Plastiden gehabt haben müssen, obwohl man in diesen sehr intensiv untersuchten Protisten bislang keine Hinweise dafür gefunden hat.
    Sekundäre intertaxonische Rekombinationen wären somit in der Protistenevolution ein relativ seltenes Ereignis. Hingegen gibt es zahlreiche rezente Beispiele für das Vorkommen photoautotropher Formen in heterotrophen Protisten. Einzellige Grünalgen findet man in vielen Ciliaten, wie Paramecium bursaria oder Climacostomum virens , sowie bei verschiedenen Vertretern der Radiolarien und Foraminiferen. Bei letzteren gibt es auch verschiedene einzellige Rotalgen, Kieselalgen und Dinoflagellaten. Daher bleibt die Frage, warum bei relativer Häufigkeit rezenter Symbiosen zwischen autotrophen einzelligen Algen und heterotrophen Protisten die

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