Taschenlehrbuch Biologie - Evolution - Oekologie
(Nach Lampert, 1993.)
Lebewesen, die wie viele Bakterien und einige Hefepilze nur unter sauerstofffreien Bedingungen existieren können, sind obligate Anaerobier ( Mikrobiologie ). Einige Tiere kommen als Adulte zwar vollkommen ohne Sauerstoff aus, verbringen einen Teil ihres Lebens aber unter aeroben Bedingungen. So verläuft die Larvalentwicklung mariner Bodentiere im freien Wasser, Endoparasiten besitzen Juvenil- oder Larvalformen, die frei oder in sauerstoffreichem Gewebe leben. Die aeroben Lebensphasen scheinen für die Synthese bestimmter Stoffe nötig zu sein.
Fakultative Anaerobier können zumindest zeitweise ohne Sauerstoff existieren. Einige von ihnen sind auf eine Rückkehr zur aeroben Lebensweise angewiesen, andere können die ATP-Ausbeute unter Sauerstoffmangelbedingungen so effektiv gestalten, dass sie für fast unbegrenzte Zeiträume im anoxischen Milieu leben können. Dies ist nur durch Stoffwechselanpassungen möglich: Stoffwechselsackgassen werden vermieden (z. B. die Lactatbildung durch Eliminierung der Lactat-Dehydrogenase), der Übergang zwischen aerobem und anaerobem Stoffwechsel wird optimiert, indem die Kinetik von Schlüsselenzymen an denVerzweigungsstellen verändert wird. Außerdem wird die Ausbeute energiereicher Phosphatverbindungen gesteigert, indem andere Substratkettenphosphorylierungen an die Reaktionen der Glykolyse angeschlossen werden. Metazoen sind in der Regel auf die Verfügbarkeit von Sauerstoff angewiesen, vor allem manche Parasiten und Sedimentbewohner gewinnen ihre Energie jedoch teilweise durch Gärung. Insbesondere Nematoden sind hierzu fähig und bilden deshalb die dominierende Metazoengruppe in anoxischen Sedimenten und Böden.
Der Sauerstoffgehalt in Seen und Fließgewässern hängt wesentlich von Abbauprozessen und damit von der Menge an totem organischem Material ab. Die Menge an organischem Material wird von der Verfügbarkeit von Mineralstoffen gesteuert, da pflanzliche Primärproduktion in aquatischen Systemen meist durch Mineralstoffe limitiert ist ( Siehe hier ). Hohe Verfügbarkeit von Mineralstoffen, insbesondere von Phosphat, kann zu Massenvermehrung von Algen führen, bei deren Absterben große Mengen an Sauerstoff verbraucht werden. Wird das Algenwachstum durch Einleitung von Mineralstoffen erhöht, spricht man von Eutrophierung . Kommt es durch Abbauprozesse zu einer vollständigen Zehrung des verfügbaren Sauerstoffs, kann das Gewässer vom oxischen in den anoxischen Zustand umkippen. Vor der Einführung von Kläranlagen, insbesondere solchen mit einer dritten Klärstufe, bei der Phosphat chemisch ausgefällt wird, traten solche Ereignisse gehäuft auf. Auch Meeresregionen, in die stark verunreinigte Flüsse münden, können umkippen, was im Jahr 1989 in der nördlichen Adria, die durch den Po hohe Nährstoffmengen erhält, geschehen ist.
Nach der Produktivität und damit der Verfügbarkeit von Sauerstoff in Gewässern werden diese in Güteklassen eingeteilt. Bei stehenden Gewässern hängt die Primärproduktion und damit die Güte von der Produktion im Gewässer selbst ab (autochthone Systeme). Stehende Gewässer werden deshalb in Trophiestufen eingeteilt ( Siehe hier ). Fließgewässer sind dagegen zumindest im Oberlauf weitgehend vom Eintrag organischer Substanz aus umgebenden Ökosystemen abhängig (z. B. Laub von Bäumen; allochthone Systeme). Sie werden deshalb in Saprobiestufen eingeteilt ( Siehe hier ). Die Festlegung dieser Einteilung erfolgt wesentlich nach in den Gewässern vorkommenden Organismen, die damit als Bioindikatoren fungieren ( Siehe hier ). Ihre Funktion als Bioindikator hängt dabei wesentlich mit dem Sauerstoffbedarf dieser Organismen zusammen. So besitzen dominierende Organismen in stark verunreinigten Fließgewässern wie der Schlammröhrenwurm Tubifex tubifex und die Larven der Zuckmücke Chironomus thummi zur effektiven Aufnahme von Sauerstoff Hämoglobin. Larven von Schwebfliegen der Gattung Eristalis atmen über ein abdominales Atemrohr, sind also von der Sauerstoffverfügbarkeit im Wasser unabhängig und können damit in extrem verunreinigten Gewässern wie Jauchepfützen auftreten („Mistbienen“). Charakteristische Arten von sehr nährstoffarmen sauerstoffreichen Fließgewässern, wie große Steinfliegenlarven der Gattung Perla, besitzen keine äußeren Atmungsorgane, der Gasaustausch erfolgt durch die Cuticula der Körperoberfläche, wodurch die Tiere an hohe Sauerstoffverfügbarkeit gebunden sind.
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