Taschenlehrbuch Biologie - Evolution - Oekologie
versteht man die Untersuchung von Verbreitungs- und Diversitätsmustern auf einer sehr großen räumlichen Skala, d. h. auf der Ebene von Habitaten, Landschaften, Kontinenten oder sogar global. Wichtige Fragen der Makroökologie sind (1) wie häufig sind Arten mit kleinem im Vergleich zu solchen mit großem Verbreitungsgebiet, (2) gibt es Zusammenhänge zwischen der Größe von Verbreitungsgebieten und der lokalen Siedlungsdichte von Arten und (3) inwieweit bestimmen einfach Merkmale wie die Körpergröße das Vorkommen und die Siedlungsdichte von Arten?
Tatsächlich existieren für diese Zusammenhänge allgemeine Muster. So hat die Mehrzahl von Arten aus ganz unterschiedlichen Gruppen von Organismen wie Pflanzen und Tiere relativ kleine Verbreitungsgebiete (Abb. 2. 33 ). Interessanterweise variiert dieser Zusammenhang mit dem Breitengrad . So nimmt mit zunehmender geographischer Breite die Häufigkeit von Arten mit großem Verbreitungsgebiet zu ( Rapoport-Regel ), was vermutlich auf die zunehmende lokale Variabilität von Umweltbedingungen in temperierten und borealen im Vergleich zu tropischen Regionen zurückzuführen ist. Arten höherer Breiten besitzen damit eher die Fähigkeit große Gebiete zu besiedeln. Arten mit großem Verbreitungsgebiet sind lokal meist häufig, stellen also die lokal dominierenden Arten ( Verbreitungsgebiet-Abundanz-Beziehung , range size-abundance relationship ; Abb. 2. 34 ). Dies wiederum hängt vermutlich damit zusammen, dass die Arten gut an schwankende Umweltbedingungen angepasst sind und dadurch Ressourcen besser und über längere Zeiträume ausnutzen können. Generalistische Arten mit einer breiten Nische besitzen damit große Areale und sind lokal häufig. Viele prinzipielle Eigenschaften von Arten lassen sich aus ihrer Größe ableiten. Wie bereits oben dargestellt, hängt das Ausbreitungsvermögen ganz wesentlich von der Größe von Organismen ab. Sehr kleine Arten wie Bakterien und Einzeller tendieren deshalb zu einer globalen Verbreitung, Arten mittlerer Größe sind dagegen eher lokal verbreitet und große Arten besitzen durch ihre eigene Mobilität wieder größere Areale. Dieser einfache Zusammenhang erklärt vermutlich, warum die größte Artenvielfalt (Diversität) bei Gruppen mittlerer Größe wie Insekten und Krebstieren anzutreffen ist und nicht bei Einzellern oder Säugern. Ein fundamentaler makroökologischer Zusammenhang ist zudem, dass die Artenvielfalt mit der Größe der Fläche zunimmt ( Arten-Fläche-Beziehung , species-area relationship ). Interessanterweise ist dieser Zusammenhang auf einer logarithmischen Skala linear, wobei die Steigung der Geraden (z-Werte) für Festlandarten zwischen 0,12 und 0,18 schwankt. Nimmt man einen mittleren z-Wert von 0,15 an, so bedeutet dies, dass eine Verdopplung der Siedlungsflächemit einem Zuwachs des Artenpools um ca. 10 % einhergeht. Andererseits bedeutet es aber auch, dass der Verlust von Siedlungsraum mit einem Artenverlust verbunden ist. Der Zusammenhang bietet damit eine einfache und empirisch gut gestützte Möglichkeit, die Auswirkungen von Habitatverlust auf die Vielfalt von Arten abzuschätzen.
Abb. 2. 33 Häufigkeitsverteilung der Größe von Verbreitungsgebieten für Vögel in Nordamerika und Höhere Pflanzen in England. (Nach Krebs, Benjamin Cummins 2001.)
Abb. 2. 34 Zusammenhang zwischen der Größe von Verbreitungsgebieten (Anzahl Quadrate von 10 x 10 km) und der lokalen Siedlungsdichte (Anzahl der Individuen) am Beispiel von Brutvögeln in England (ohne Seevögel). Doppelt logarithmische Darstellung; die eingezeichnete Regressionsgerade hat eine Steigung von 1,87 (r2 = 0,80). (Nach Gaston, Blackwell 2000.)
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Areal: Verbreitungsgebiet einer Art.
Akklimatisation: Anpassung an sich ändernde Umweltbedingungen, die zu einer erhöhten Toleranz gegenüber dem Umweltfaktor führt.
Ausbreitungslimitierung: Das Fehlen von Arten, das darauf zurückzuführen ist, dass Arten obwohl sie potenziell an diesem Ort vorkommen könnten, ihn nicht erreicht haben.
Barrieren: Physikalische Hemmnisse, die eine Ausbreitung von Arten erschweren (z. B. Meeresgebiete, Flüsse, Gebirge).
Refugialgebiet: Rückzugsgebiet von Arten, in dem ungünstige Klimaphasen überdauert wurden.
Rapoport-Regel: Zusammenhang zwischen der Veränderung von Arealgrößen mit dem Breitengrad.
Arten-Fläche-Beziehung: Zusammenhang zwischen der Diversität von Arten und der Flächengröße auf doppelt logarithmischer Skala.
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3 Ökologie
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