Taschenlehrbuch Biologie - Evolution - Oekologie
Populationen oft Senken dar, d. h. Arten sterben in diesen Gebieten temporär aus; danach werden sie aus Quellhabitaten erneut besiedelt. Die Mechanismen, die zu der unterschiedlichen Siedlungsdichte von Arten in bestimmten Regionen ihres Verbreitungsgebiets führen, sind nicht ausreichend verstanden, es ist jedoch wahrscheinlich, dass in den Regionen hoher Siedlungsdichte Umweltbedingungen herrschen, die hohes Populationswachstum zulassen. Im Gegensatz zu dem dargestellten Zusammenhang existieren allerdings auch Arten, deren Siedlungsdichte im Randgebiet ihrer Verbreitung sehr hoch ist. Dies trifft beispielsweise für Arten zu, die sich in Ausbreitung befinden oder auch für Gebiete, an denen Verbreitungsgrenzen (Barrieren) existieren.
Abb. 2. 32 Verbreitungsgebiet und lokale Siedlungsdichte von Arten am Beispiel des Roten Riesenkängurus ( Macropus rufus ) in Australien. (Nach Krebs, 2001.)
2.4.3 Ausbreitungslimitierung
Die Beschränkung von Arten auf geographische Großräume wie Kontinente, ist darauf zurückzuführen, dass Barrieren die Ausbreitung in benachbarte Gebiete verhindert haben. Das Verbreitungsgebiet von Arten wird also nicht nur durch Umweltbedingungen bestimmt, welche die Lebensmöglichkeiten einschränken, sondern auch von der Fähigkeit von Arten sich auszubreiten. Das offene Meer bietet für die meisten größeren Arten eine unüberwindliche Barriere, kleine Arten, wie Mikroorganismen können jedoch vom Wind an Staubpartikeln auch über Ozeane transportiert werden. Selbst relativ kleine Wasserstraßen haben sich für Säuger als unüberbrückbar erwiesen. So hat sich die australische Säugerfauna völlig unabhängig und isoliert von derjenigen der restlichen Welt entwickelt. Die frühen Säugerlinien sind weitgehend (Beuteltiere, Marsupialia) oder sogar ausschließlich (Kloakentiere, Monotremata) auf den australischen Kontinent beschränkt, was auf die Trennung der südostasiatischen und der australischen Platte zurückzuführen ist. Die Landmassen waren dabei unter Berücksichtigung von Schwankungen des Meeresspiegels nur durch eine relativ enge Wasserstraße voneinander getrennt (Wallace-Linie). An Land bilden vor allem Flüsse und Gebirge für viele Arten schwer zu überwindende Barrieren.
Nord- und Mitteleuropa wurde von den meisten heute vorkommenden Arten erst nach der letzten Eiszeit besiedelt, die Zusammensetzung der Fauna und Flora in den heute existierenden Lebensgemeinschaften ist damit sehr jung. Als Überlebensräume ( Refugialgebiete ) fungierten insbesondere die Iberische Halbinsel, Italien und der Balkan. Einer Besiedlung Mittel- und Nordeuropas standen große in Ost-West-Richtung verlaufende Gebirgszüge entgegen (Alpen, Karpaten, Pyrenäen). Dies ist ein wichtiger Grund für die im Vergleich zu Nordamerika (mit vor allem in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Gebirgen) viel geringere Artenvielfalt von Gehölzen in Mitteleuropa. Die Besiedlung Mitteleuropas durch Tiere und Pflanzen ist bis heute nicht abgeschlossen. Für viele Arten von Offenlandstandorten hat der Mensch die Ausbreitung wesentlich beschleunigt, z. B. durch Schafhaltung und die damit verbundene Verschleppung von Pflanzensamen.
Die Ausbreitung von Arten geschieht nicht nur entlang der Grenze des Verbreitungsgebiets und damit frontartig, sondern kann durch einzelne zufällige Verbreitungsereignisse sprunghaft geschehen. Sprunghafte Verbreitung hat durch menschliche Aktivität stark zugenommen. So sind viele Arten, die mit landwirtschaftlichen Systemen assoziiert vorkommen, heute überall dort anzutreffen, wo europäische Siedler Acker- und Weidenutzung etabliert haben. Dies trifft beispielsweise für den Spitzwegerich ( Plantago lanceolata ) zu, der von den Indianern Nordamerikas als Fußabdruck des weißen Mannes tituliert wurde. Aber auch die Regenwurmarten europäischer Äcker und Wiesen sind heute fast auf der ganzen Welt zu finden ( Siehe hier ). Die Überbrückung der Ausbreitungslimitierung und damit verbundene Verschleppung von Arten durch den Menschen führt dabei einerseits zu einer Homogenisierung der Fauna mit teilweise negativen Auswirkungen auf einheimische Tier- und Pflanzenarten. Andererseits können eingeschleppte Arten aber auch als Bereicherung einer durch Barrieren artenarmen Gemeinschaft angesehen werden. Tatsächlich hat die große Mehrheit von verschleppten Arten keine negativen Auswirkungen auf die einheimische Fauna und Flora.
2.4.4 Makroökologie
Unter Makroökologie ( macro-ecology )
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