Taschenlehrbuch Biologie - Evolution - Oekologie
Formel lässt sich nun die Häufigkeit der einzelnen Allele, z. B. des Allels A in der Generation der Nachkommen, der Filialgeneration (F 1 ) berechnen. Die relative Häufigkeit von A unter den homozygoten Nachkommen (AA und aa) ist p 2 und die Häufigkeit von A unter den Heterozygoten (Aa und aA) ist die Hälfte von 2pq, d. h. pq und q = 1–p. Daraus ergibt sich
Relative Häufigkeit von A (F 1 ) = p 2 + pq = p 2 + p(1 – p) = p
Die relative Häufigkeit von A in der F1-Generation ist also p und stimmt mit der relativen Häufigkeit von A in der P-Generation überein. Entsprechendes gilt für die relative Häufigkeit von a.
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3.2.3 Veränderung durch Selektion
Unterschiedliche Genotypen haben oft verschiedene Anpassungswerte und diejenigen Individuen, die am besten angepasst sind, haben mehr Nachkommen als ihre Artgenossen. Über mehrere Generationen hinweg nehmen deshalb die angepassten Genotypen innerhalb der Population zu. Man könnte nun erwarten, dass eine Population nach einer gewissen Folge von Generationen nur noch aus gut angepassten Genotypen besteht. Das ist aber meist nicht der Fall und es bleibt ein genetischer Polymorphismus erhalten, auch wenn nicht alle Varianten einen unmittelbaren adaptiven Vorteil bieten. Ein Grund dafür sind häufig variable Lebensbedingungen, die dazu führen, dass mit den Umweltfaktoren auch die Fitness der einzelnen Genotypen wechselt, sodass es nicht zur Durchsetzung eines bestimmten Genotyps kommen kann. Tatsächlich deuten Befunde darauf hin, dass der Polymorphismus bei Populationen in wechselhaften Lebensräumen besonders groß ist, da eine Population unter diesen Umständen unvorhersehbaren Änderungen begegnen muss. Die Möglichkeit, sich an wechselnde Umweltbedingungen anzupassen, ist bei großen Populationen ausgeprägter als bei kleinen. Große Populationen besitzen einen vielfältigen Genpool und die Chancen, dass sich darunter Allele befinden, die bei vielen verschiedenen Umweltbedingungen einen Anpassungswert haben, sind größer als bei kleinen Populationen. Kleine Populationen haben darüber hinaus das Problem, dass sich bei ihnen durch Zufallsereignisse sogar solche Allele durchsetzen können, die gar keinen Anpassungswert besitzen ( genetische Drift , Siehe hier ).
Die individuellen Unterschiede innerhalb einer Population sorgen dafür, dass diese auch bei sich ändernden Umweltbedingungen überleben kann. Eines der bekanntesten Lehrbuchbeispiele dafür ist der Birkenspanner : Durch industrielle Abgase wurde die Birkenrinde in England ab Mitte des 19. Jahrhunderts stark verschmutzt, sodass die auf ihr sitzenden hell gefärbten Falter besser von Vögeln gesehen und gefressen wurden. Jedoch gab es in der Population auch dunkel gefärbte Individuen, die von den Vögeln übersehen wurden. Diese nahmen in der Folgezeit zu und machten schließlich den Großteil der Population aus (Abb. 7.11). Durch Umweltschutzmaßnahmen verbesserte sich die Luftqualität ab Mitte der 80er Jahren des 20. Jahrhunderts wieder, sodass die Verschmutzung der Baumrinde abnahm und die Population des Birkenspanners wieder überwiegend aus hell gefärbten Faltern besteht. Hätte es die dunkel gefärbten Individuen nicht gegeben, so hätte die Veränderung der Birkenrinde möglicherweise zum Aussterben desBirkenspanners geführt. Der genotypische Polymorphismus lieferte also das Rohmaterial für die evolutive Anpassung der Art an die wechselnden Umweltbedingungen.
Ein weiterer Grund dafür, dass ein gewisser genetischer Polymorphismus erhalten bleibt, ist die Tatsache, dass es Genotypen gibt, die eine geringere Fitness haben, sobald sie in größerer Dichte auftreten: So ist der Schutz vor Räubern durch Bates’sche Mimikry , d. h. die Nachahmung chemisch geschützter Vorbilder, nur dann effektiv wirksam, wenn die Nachahmungen nicht allzu häufig auftreten ( Siehe hier ). Wenn zwei Genotypen jeweils in verschiedenen Regionen eine größere Fitness aufweisen, so kann es trotzdem durch Wanderungen zu einer ständigen Durchmischung kommen. Ein balancierter Polymorphismus bildet sich aus, wenn die heterozygoten Individuen gegenüber den homozygoten Formen überlegen sind ( Heterosis ). Ist ein Allel in mehr als der Hälfte der erfolgreichen Gameten von Heterozygoten enthalten, so kann seine Frequenz zunehmen, selbst wenn das Allel einen schädlichen Einfluss hat (meiotic drive).
3.2.4 Veränderungen durch Mutationen
Grundsätzlich ist das Auftreten von Mutationen zufällig und
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